Handballer sind echte Männer, Fußballer Heulsusen – diese Meinung ist dieser Tage häufig zu lesen. Warum derlei Vergleiche erbärmlich sind.
Es ist doch immer wieder das Gleiche. Sobald Handball oder Eishockey zu einem Großturnier laden, wird für viele auch paradoxerweise Fußball zum Thema. Die Leier ist dabei stets die alte, wie schon ein oberflächlicher Blick in die sozialen Medien zeigt: Was den Teamgeist angeht, kann sich Fußball vom Handball eine Scheibe abschneiden. „Die Mannschaft“ ist eigentlich ein Begriff für das Nationalteam des Handballs. Echte Männer (was auch immer das sein soll) gibt es nur beim Eishockey, beim Fußball nur noch Weicheier, die sofort am Boden liegen und weinen. Oder wie Andreas P. über Handball via Facebook posaunt: „Echter Sport, tolle Jungs und keine Heulsusen. Wer jetzt immer noch Fußball schaut, ist selber schuld.“ Und so weiter, und so weiter.
Abgesehen davon, dass der Inhalt dieser Kommentare an der Realität vorbeigeht und von Testosteron nur so trieft, ist es doch wirklich traurig, dass Handball jetzt oder Eishockey bei den letzten Olympischen Spielen offenbar nicht wenige Fans in ihren Reihen haben, die im Augenblick größter Euphorie an nichts anderes denken, als dem gehassten Massensport Fußball einen Kinnhaken verpassen zu wollen. Wie erbärmlich ist es generell, Sportarten miteinander zu vergleichen, die nicht die geringste Kulturgeschichte vereint? Wann haben sich je Fußballfans über die wohlige Hallenwärme beim Handball oder die Ganzkörperpolster beim Eishockey ausgelassen? Wer Sport nicht als vereinend versteht, sollte besser keine Tastatur in die Hand nehmen. Schon gar nicht nach Erfolgen.
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