Mehr Bolzplatz-Mentalität. Dieses neue Credo des DFB soll wieder mehr Straßenkicker, Fußballer wie Leroy Sané hervorbringen.
Hier die rückläufigen Anmeldungen im Jugendfußball, dort eine hinkende Nationalelf: wie die Zukunft des deutschen Fußballs aussieht, steht in den Sternen.
Fest steht nur, dass nach dem Gewinn der WM 2014 eine Denkweise Einkehr fand, die einen Mix aus Überheblichkeit und Selbstüberschätzung beinhaltete. Das sah auch Joachim Löw nach dem Turnier-Debakel in Russland ein, als er sich selbst eine „fast schon arrogante“ Spielweise attestierte. Das Phänomen der Verblendung nach Erfolgen hat es schon einmal gegeben im DFB, als man 1990 Weltmeister wurde und vor lauter Feierei das Thema Jugendarbeit in der Radkappe des Siegeszuges mitschliff. Am Ende der Dekade folgten pechschwarze Jahre, in denen ein Spielstil aus dem Mittelalter herrschte.
Um das zu vermeiden, haben Joti Chatzialexiou, sportlicher Leiter der Nationalmannschaften, und Meikel Schönweitz, DFB-Juniorenchef, ein neues Credo ausgerufen: Mehr Bolzplatz-Mentalität! Diese sei in Deutschland nämlich abhandengekommen. Nicht das Ergebnis eines Teams müsse im Fokus stehen, sondern der einzelne Spieler. Es hagelte Empörung, der DFB sei doch selbst Schuld. „Viele Trainer orientieren sich an DFB-Trainings-Mustern, die man im Internet findet. Da geht es häufig nur ums System“, meint zum Beispiel der Sportdirektor des FC Passau, Mario Tanzer. Und das ist nachvollziehbar. Plötzlich will man wieder Straßenfußballer, Kicker wie Leroy Sané. Heute so, morgen wieder anders. Und überhaupt: auf dem Bolzplatz nebenan ging es immer um Ergebnisse.
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