Dem VfL Girkhausen sind die Tornetze geklaut worden. Warum tut jemand so etwas? Eine Spurensuche mit Überlegungen, wo die Netze sein könnten.

Ein Ball, der im Netz zappelt – was gibt es Schöneres? Beim VfL Girkhausen war dies unlängst nicht mehr möglich, nachdem unbekannte Täter beide Tornetze herausgeschnitten und gestohlen hatten. Was hat das zu bedeuten? Warum klaut jemand Tornetze? Wer jedenfalls meint, dass es doch „nur“ Tornetze seien, hat sich noch nie mit der Historie des Fußballs beschäftigt.

Unbekannte Täter haben auf der Anlage des VfL Girkhausen im Zeitraum vom 16. bis 17. August zwei Fußballnetze zerstört und entwendet.
Unbekannte Täter haben auf der Anlage des VfL Girkhausen im Zeitraum vom 16. bis 17. August zwei Fußballnetze zerstört und entwendet. © Britta Prasse

Tornetze haben in ihrer 127-jährigen Geschichte einen ständigen Wandel hinsichtlich Funktion und Bedeutung hinter sich. Dienten sie anfänglich allein dem Nutzen, einen Torerfolg auch als solchen besser zu erkennen, haben sie über die Jahrzehnte vor allem eine ästhetische Rolle übernommen. Man stelle sich nur einmal vor, Klaus Fischers Fallrückzieher hätte 1977 nicht den Weg ins Netz gefunden, sondern wäre über die Werbebande in Richtung Kurve ausgetrudelt. Weil das Tornetz also die Aktion des Schützen beendet, fällt ihm auch eine dramaturgische Rolle zu: Ohne Netz keine Erlösung, kein Held.

Das wusste auch der TSV Stelingen, der nach dem Krieg den Spielbetrieb nur fortsetzen konnte, indem er britische Tarnnetze als Tornetze benutzte. Der FC Eichel wurde für eigene Tornetze sogar kriminell und klaute den Maschendraht aus Kleingärten. Benfica Lissabon hat der Legende nach seine Vereinsfarben Rot-Weiß, da die ersten Tornetze rot-weiße Fischernetze waren. Vielleicht sollte die Polizei also nach „neuen“ Netzen in Hinterhöfen oder auf Bolzplätzen suchen – oder eben bei Kleingärtnern nachhorchen, die ihren Maschendraht erneuerten.

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# 132: Torlos im Friseursalon: Vorbilder wie Robert Nikolic
# 131: Es besser machen als der DFB: Es liegt auch bei den Vereinen
# 126: Wie der Vater, so nicht der Sohn
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WP-Kolumnist Heiko Rothenpieler hat kürzlich das Buch „Die Poesie des Fußballs“ veröffentlicht. Das Interview dazu gibt es hier.