Dass die erste Mannschaft Vorrang hat, ist ein ungeschriebenes Gesetz – eigentlich.

Rolf Rüssmann, Nationalspieler und verdienter Abwehrmann von Schalke 04 und dem BVB, starb 2009 im viel zu jungen Alter von nur 58 Jahren an Krebs. Neben seiner sportlichen Laufbahn bleibt auch ein Spruch in Erinnerung, den er als Manager von Borussia Mönchengladbach vor einer Partie in Dortmund sagte: „Wenn wir hier nicht gewinnen, dann treten wir ihnen wenigstens den Rasen kaputt.“ Typischer Humor aus dem Ruhrgebiet eben.

Doch der Satz verkörpert mehr als bloße „Pott“-Mentalität. Er erzählt auch den tiefsitzenden Charakter des Straßenfußballs und damit auch viel über die Wurzeln dieser Sportart. Darüber, dass die Schwächeren sich im Eins-gegen-Eins zwischen den Häuserwänden zu wehren wussten. Die Stirn nur irgendwie zu bieten – dieser Wettkampfgedanke ist dem Fußball seit jeher inne. Sollte man meinen.

Die erste Mannschaft ist das „Flaggschiff“ eines jeden Vereins. Sie repräsentiert das Image des Clubs und garantiert den sportlichen Wettbewerb. Die Erste des TuS Diedenshausen trat bei Eichen/Krombach am vergangenen Sonntag wegen Spielermangel nicht an. Durchaus ein Umstand, der nicht selten eintritt und aufgrund des Regelwerks oft auch nachvollziehbar erscheint. Wenn aber am gleichen Tag die Reserve des Vereins auswärts antritt – obendrein mit drei Auswechselspielern – darf man schon einmal nachhaken. Dass die erste Mannschaft Vorrang hat, ist ein ungeschriebenes Gesetz. „Die Stirn nur irgendwie zu bieten“ scheint in Diedenshausen aber gezielt unterlaufen zu werden.

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++Frühere Beiträge im „Pass in die Gasse“:
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# 134: Nach dem ersten Spieltag: Routenplanung abgeschlossen?
# 133: Per App auf die Ersatzbank
# 132: Torlos im Friseursalon: Vorbilder wie Robert Nikolic
# 131: Es besser machen als der DFB: Es liegt auch bei den Vereinen
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WP-Kolumnist Heiko Rothenpieler hat kürzlich das Buch „Die Poesie des Fußballs“ veröffentlicht. Das Interview dazu gibt es hier.