Siegen. Ausflüge nach Siegen, außer Einkaufen? Kommt da nach Neuen Ufern und Schlosspark noch was? Dabei gäbe es Ideen: Tanzen im Bunker, Grillen am Fluss,...

Es gibt Städte mit Attraktionen und es gibt Siegen. Es ist ja keineswegs so, dass die größte Stadt und Oberzentrum Südwestfalens nichts zu bieten hat. Aber hat Siegen wirklich Ziele, für die sich viele Menschen eine oder zwei Stunden ins Auto oder in den Zug setzen, um das mal gesehen zu haben? Weil‘s das nirgendwo anders gibt? Historische Schlösser und sonnige Flussufer sind schön, idyllische Altstadt-Gassen auch. Aber das haben andere Städte auch. Das Alleinstellungsmerkmal, der „unique selling point“, wie es im Marketing-Sprech heißt: Das fehlt ein bisschen. Siegen ist Einkaufen, Essen gehen, Natur, auch Feiern. Aber nicht Ausflüge.

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Einer Stadt von der Größe und Bedeutung Siegens stünde das aber gut zu Gesicht und das hat auch das noch recht neu aufgestellte Siegener Stadtmarketing erkannt, nutzt neue Medien für neue Zielgruppen. Nur: Letztlich kann auch das beste Stadtmarketing nur mit dem arbeiten, was da ist. Siegen hat eben keine Bruchhauser Steine, keine Zeche Zollverein, kein Freizeitbad Aqua Magis und auch keinen Biggesee. Und wenn der Touristikverband Siegen-Wittgenstein seine größte Stadt anpreist, dann kommt da nach Oberem Schloss und Neuen Ufern regelmäßig nicht mehr viel.

Bei neuen Ideen kommen in Siegen oft erstmal die Gründe, warum es gar nicht geht

Dafür kann die Stadt nichts, zumindest nicht nur. Aber Potenzial gibt es, vielleicht nicht für die ganz große Ausflugsattraktion, nach der sich das ganze Land die Finger leckt. Aber für Dinge, die ein Grund für Auswärtige wären, doch mal nach Siegen zu fahren. Und auch für die Einheimischen, die stolz auf ihre Stadt generell und das Besondere daran sind. Solche Ziele zu schaffen: Das müsste man zuerst wollen – und natürlich auch bezahlen. In Siegen scheitert‘s mitunter schon am Wollen – bei neuen Ideen werden dann als erstes Gründe gesucht, warum es nicht geht.

Hier also eine Auflistung ohne Anspruch auf Vollständigkeit, Objektivität und Machbarkeit. Aber cooler wär Siegen damit.

Stadtpark: Siegener Schlosspark ist toll – aber da ist man auch nicht mal eben

Der Schlosspark ist herrlich. „Haben sie richtig gut gemacht“ – diesen Satz hört man so oder so ähnlich alle paar Meter. Es ist wirklich schön oben auf dem Siegberg. Nachteil: Man ist nicht „mal eben“ da. In der Essener Gruga, den Herrenhauser Gärten in Hannover: Da ist das anders. Das Obere Schloss liegt eben oben auf dem Berg und hat nicht allzu viele Parkplätze. Was gut ist – wo‘s schön ist, machen Autos es nicht schöner. Aber irgendwie wäre es schon nett, erst recht mit Picknick-Kisten oder Kinderwagen, wenn man das alles nicht erst von Hand die ganze Oberstadt hochzerren müsste.

Der Siegerentwurf des Büros Wannenmacher und Möller für die Umgestaltung der Hochbunker Burgstraße zu einer Dependance des Siegerlandmuseums wird so nicht kommen (Archiv). Die Idee, hier einen Club unterzubringen, wurde nicht weiter verfolgt.
Der Siegerentwurf des Büros Wannenmacher und Möller für die Umgestaltung der Hochbunker Burgstraße zu einer Dependance des Siegerlandmuseums wird so nicht kommen (Archiv). Die Idee, hier einen Club unterzubringen, wurde nicht weiter verfolgt. © Stadt Siegen | Wannenmacher und Möller

Der neue Bürgerpark Herrengarten ist da klar im Vorteil. Mit dem Schlosspark kann er aber nicht mithalten, allein schon größenmäßig. Groß und gut erreichbar ist das Weiß-Flick‘sche Grundstück, „Oranienpark“ genannt. Leider so gerade außerhalb der Kern-Innenstadt und außerdem auch von Leuten frequentiert, in deren Nähe man nicht unbedingt picknicken möchte. Wenn die Uni schräg gegenüber ihre Neue Architekturschule im alten Druckhaus am Häutebachweg baut, einen Flussgarten und eine Brücke über die Weiß anlegt: Diese Ecke zur Innenstadt „eingliedern“ hätte Potenzial haben. Dass eine grüne Oase mitten in der City nur von ein paar fragwürdigen Figuren genutzt wird, kann sich eine Stadt mit so wenig Platz im Zentrum eigentlich nicht leisten.

Neue Architekturschule Siegen
Siegerentwurf der Büros FAKT und Gustav Düsing für das alte Druckhaus am Häutebachweg in Siegen: So ein Flussgarten hätte schon was. © FAKT + Gustav Düsing | FAKT + Gustav Düsing

Erlebbare Flüsse: In Siegen nur an den Neuen Ufern - dabei gibt‘s noch viel mehr

Apropos Weiß: Wo Wasser fließt, halten die Menschen gerne die Füße rein. In Siegen gibt es genau eine Stelle, wo das halbwegs möglich ist: An den Neuen Ufern. Die Ferndorf fließt durch Betonröhren in Weidenau, die Sieg durch die Sieg-Arena Richtung Eiserfeld und überall kann man dem Wasser von oben beim Strömen zugucken aber nicht hin. Auch das machen andere Städte anders – Marburg zum Beispiel hat die Lahn mitten in der Stadt und überall wird gegrillt, gechillt, gepaddelt. Letzteres gibt der Pegel der Sieg oft nicht her – aber was spricht eigentlich dagegen, an den neuen Ufern eine kleine Staustufe einzubauen, damit die Sieg planschfähig wird? Oder irgendwo unter der HTS: Da stehen zwar Brückenpfeiler. Aber trotzdem sind da schon jetzt viele Menschen unterwegs. Sie können sich nur kaum irgendwo aufhalten.

Die Sieg in Weidenau: Bei heißem Wetter einfach mal die Füße reinhalten – geht nicht.
Die Sieg in Weidenau: Bei heißem Wetter einfach mal die Füße reinhalten – geht nicht. © WP | Hendrik Schulz

Siegberggärten in Siegen: Extrem hoher Aufwand für die Stadtwildnis

Mitten in der Stadt, extrem steil und ziemlich verwunschen (oder vermüllt): Die Siegberggärten waren Teil des ursprünglichen Städtebau-Programms „Rund um den Siegberg“, als erlebbare „Stadtwildnis“. Auch eine Aussichtsplattform war mal im Gespräch. Der Aufwand am felsigen Steilhang: Extrem hoch. Aber da oben sitzen und in den Sonnenuntergang über der Panzerwiese gucken...

Die Siegberggärten vom Dach des St.-Marien-Krankenhauses gesehen: Enorm aufwändig – aber cool.
Die Siegberggärten vom Dach des St.-Marien-Krankenhauses gesehen: Enorm aufwändig – aber cool. © WP | Hendrik Schulz

Ringlokschuppen am Hauptbahnhof Siegen: Seit Jahren Stillstand

In vielen Städten sind sie Museum oder Veranstaltungshalle oder Kulturzentrum – in Siegen ist er nichts: Der Ringlokschuppen. Wie bei vielen denkmalgeschützen und nicht mehr von ihr genutzten Gebäuden dieser Art kommt die Deutsche Bahn als Eigentümerin auch am Siegener Bahnhof mindestens nicht aus dem Quark. Die Stadt sieht durchaus das Potenzial des ebenso markanten wie knitterhagelkaputten Gebäudes – nur mit dem Kaufen ist es nicht so einfach. Der Ringlokschuppen steht unter anderem auf einer sanierungsbedürftigen Ufermauer im Alche-Bach. Vermutlich ein Millionengrab. Aber was man damit nicht alles machen könnte. Man denke nur daran, welche Anziehungskraft Eisenbahnmuseen haben...

Der Ringlokschuppen am Siegener Bahnhof: Der Vertrag mit dem Südwestfälisches Eisenbahnmuseum ist seit Jahren gekündig, seither passiert nichts.
Der Ringlokschuppen am Siegener Bahnhof: Der Vertrag mit dem Südwestfälisches Eisenbahnmuseum ist seit Jahren gekündig, seither passiert nichts. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Siegener Hochbunker: Die Stadt, in der man im Bunker feiern kann?

Es gibt viele von ihnen in Siegen und öffentlich betreten kann man fast keinen: Die markanten Hochbunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Manche wurden zu Wohnraum, andere zu Lagern umfunktioniert, einer beherbergt das Aktive Museum. Das Interesse der Menschen an den geschichtsträchtigen Bauwerken und der ganz besonderen Atmosphäre, die man nicht umbauen kann, ist hoch – andere Städte wissen das und nutzen es ganz bewusst. Die Bunker an der Burgstraße zu einem Standort des nahen Siegerlandmuseums umzugestalten, ist wieder in greifbare Nähe gerückt. Das Konzept ist interessant – aber noch charmanter war die Idee, hier – zumindest auch – einen Musikclub unterzubringen. Siegen, die Stadt, wo man im Bunker tanzen kann – sowas gibt‘s weit und breit nicht.

Siegerentwurf des Büros Wannenmacher und Möller für die Umgestaltung der Hochbunker Burgstraße zu einer Dependance des Siegerlandmuseums (Archiv): Ein Club wär auch nicht schlecht.
Siegerentwurf des Büros Wannenmacher und Möller für die Umgestaltung der Hochbunker Burgstraße zu einer Dependance des Siegerlandmuseums (Archiv): Ein Club wär auch nicht schlecht. © Stadt Siegen | Wannenmacher und Möller

Wiese unterm Großen Krebs: Herrliche Aussicht über Siegen zwischen Festungsmauern

Wo wir gerade bei Musik sind: Wer die Aussicht übers Hüttental vom „Großen Krebs“ im Schlosspark genießt, dem kann rechter Hand eine Wiese auffallen, die da unscheinbar unterhalb der mittelalterlichen Mauern liegt. Die malerische Fläche wurde früher bereits als Freilichtbühne genutzt – in Sachen Atmosphäre unschlagbar. Ein Rockkonzert zwischen Festungsmauern, mit Blick über die Stadt. Oder Open-Air-Kino. Oder Freilufttheater. Es gibt zwar von oben keinen Zugang – aber seitlich, von der Straße Altenhof. Der ist lediglich versperrt: Öffnen und herrichten müsste man halt wollen.

Wiese unterm Großen Krebs Oberes Schloss
Die Wiese unterhalb des Siegener Schlossparks (Aussichtspunkt Großer Krebs ) ist ungenutzt. © WP | Hendrik Schulz

Aussicht: Wenn Siegen etwas hat, dann Berge – aber man kann sie kaum genießen

Wenn Siegen im Vergleich zu anderen Großstädten etwas reichlich hat, dann Berge. Das Blöde an Bergen ist, dass man oft mühselig rauf muss. Das Tolle an Bergen ist, dass oben spektakuläre Blicke warten. Rund um Siegen sind viele reizvolle Ansichten zugewachsen (etwa am Häusling), es gibt keine geeigneten Stellen (Fischbacher-, Wellers-, Giersberg) oder wenn, dann nur von privaten Balkonen aus. Oder beim flüchtigen Blick aus dem Autofenster. Aussichtsplattformen oder -türme sorgen in vielen Städten dafür, dass Blicke nicht verstellt werden können. Der „Biggeblick“ über der Waldenburger Bucht in Attendorn beispielsweise. Auf der Sandhalde in Niederschelden entsteht gerade eine Attraktion, die genau das verspricht. Potenzielle Orte mit wirklich spektakulärer Aussicht über die Stadt gibt es viele – waren Sie zum Beispiel mal in der Aula des Berufskollegs Wirtschaft und Verwaltung? Allein schon die Hobbyfotografen, die hierhin pilgern würden.

Diesen Blick vom Häusling auf Siegener Innenstadt und Hüttental gibt‘s so nicht mehr – zugewachsen.
Diesen Blick vom Häusling auf Siegener Innenstadt und Hüttental gibt‘s so nicht mehr – zugewachsen. © Hendrik Schulz | Hendrik Schulz

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