Siegen. „In Siegen hat sich viel getan, aber das ist im Image der Stadt noch nicht angekommen“: Optische Attraktivität kommt unterdurchschnittlich weg.

Siegens größte Stärken sind benannt: Wald und Geschichte im Stadtbild, die Natur des Umlands, eine starke Wirtschaft und die Uni als Ort der Forschung und Lehre, außerdem das Freizeit- und Kulturangebot. Das geht aus der Auswertung der Online-Befragung des Stadtmarketings hervor. Die Ergebnisse werden nun Grundlage der Strategie, um Siegen als Marke bekannt zu machen und Menschen für die Stadt zu interessieren: Als Ausflugsziel und als Lebensmittelpunkt.

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1035 Bürgerinnen und Bürger haben den Online-Fragebogen in der Zeit vom 18. April bis 15. Mai ausgefüllt. Davon stammten 681 aus Siegen und 354 aus dem Umland. Die Resonanz übertrifft die Erwartungen, wie Katja Teixeira, Geschäftsführerin des Stadtmarketings, sagt. 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer seien das Ziel gewesen, 1000 schon eine Idealvorstellung, ausgehend von Erfahrungen bei ähnlichen Aktionen und in anderen Städten. Für das Ausfüllen des in Zusammenarbeit mit der Brandmeyer Markenberatung aus Hamburg entwickelten Fragebogens waren immerhin 20 bis 30 Minuten einzuplanen, manche Leute hätten sich deutlich mehr Zeit dafür genommen, berichtet Katja Teixeira. Das zeige deutlich, wie wichtig es Menschen in Siegen und dem Siegerland sei, über ihren Wohnort zu sprechen. „Wir freuen uns total, weil das eine wirklich zuverlässige Datenbasis ist.“

Die Oberstadt empfinden ebenfalls viele Menschen in Siegen als besonderen Ort. Verständlich, wenn man sich diese Frühlingsimpression aus der Fissmer-Anlage anschaut.
Die Oberstadt empfinden ebenfalls viele Menschen in Siegen als besonderen Ort. Verständlich, wenn man sich diese Frühlingsimpression aus der Fissmer-Anlage anschaut. © WP | Florian Adam

Siegen soll mit seinen Stärken im Wettbewerb mit anderen Städten mithalten können

Diese soll nun zur Entwicklung einer Strategie dienen, um für Siegen wirksam Werbung machen. Städte als „Marke“ zu begreifen ähnlich wie Autos, Kleidung, Elektrogeräte ist dabei keine Banalisierung, sondern Pragmatismus, der sich an der Realität orientiert. Die Verwendung des Markenbegriffs mag für Orte noch relativ neu erscheinen, doch Städte mit hoher Strahl- und Anziehungskraft bezogen diese immer schon auch aus ihrem Image. Namen wie „New York“, „Paris“, „Hamburg“, „München“ wecken bei Zuhörenden sofort Bilder und Assoziationen, wobei bei Publikumsmagneten (trotz aller bekannter Schattenseiten) die positiven Vorstellungen überwiegen. Bei mittleren und kleineren Städten mag das weniger ausgeprägt sein, es wird aber wichtiger: Denn angesichts sinkender Bevölkerungszahlen werden Regionen künftig um Einwohnerinnen, Einwohner und vor allem Fachkräfte konkurrieren.

Das lokale Dilemma: „In Siegen hat sich viel getan – aber das ist im Image der Stadt noch nicht angekommen“, wie die Firma Brandmeyer in der Präsentation der Befragungsergebnisse noch einmal vorausschickt. Die Vorzüge müssen also auf breiter Front kommuniziert werden, um dieses Image zu verbessern. Dazu müssen die tatsächlichen Stärken aber erst bekannt sein, um „auf die richtigen Faktoren zu setzen und nicht nur mit gefühlten Wahrheiten zu arbeiten“, wie Detlef Rujanski, Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtmarketing Siegen GmbH, unterstreicht. Außerdem, auch das betont er, sei eine Marke „kein Slogan und auch kein Logo“, sondern „ergibt sich aus dem Charakter und insbesondere den Stärken einer Stadt“.

Die Altstadt steht bei den Siegenerinnen und Siegenern ebenfalls hoch im Kurs. Hier: Der Pfarrer-Ochse-Platz hinter der Marienkirche.
Die Altstadt steht bei den Siegenerinnen und Siegenern ebenfalls hoch im Kurs. Hier: Der Pfarrer-Ochse-Platz hinter der Marienkirche. © WP | Florian Adam

Siegen: Menschen schätzen hier vor allem die Natur. Das Stadtbild kommt weniger gut weg

Der Fragebogen bezog sich auf eine Auswahl von Aspekten und Themenfeldern, die die Hamburger Fachleute im Vorfeld bei Workshops mit Akteurinnen und Akteuren der Stadtgesellschaft sowie interessierten Bürgerinnen und Bürgern vor Ort ermittelt haben. Um Schwächen ging es ausdrücklich nicht: Niemand macht schließlich Werbung für ein bestehendes Produkt, indem er oder sie dessen Nachteile hervorhebt.

Am besten bewertet wurden in der Onlineumfrage zu Siegens Vorzügen die Themenfelder „Lage und Anbindung“, „Wirtschaft und Jobangebot“, „Hochschulen und Wissenschaft“ und „Freizeit- und Sportangebot“. Demgegenüber sei das für Attraktivität „sehr relevante Stadtbild“ nur unterdurchschnittlich bewertet worden und „insgesamt keine profilierende Stärke Siegens. Einige Facetten erzeugen jedoch im hohen Maße Resonanz und Identifikation“: Die Waldflächen im Stadtgebiet, die Altstadt, die Oberstadt und Sehenswürdigkeiten wie die beiden Schlösser erhalten auf der Skala von 1 (schlecht) bis 10 (sehr gut) Werte zwischen 7 und 8. Für „historische Gebäude und Straßenzüge“, Statuen und Skulpturen im öffentlichen Raum, Gewässer im Stadtgebiet und Grünflächen liegen die Ergebnisse hingegen zwischen 6 und 7. Die Unterstadt insgesamt liegt sogar rund einen Viertelpunkt unterhalb von 6. Das bestätigt sich bei den Antworten auf die Frage „Was würden Sie Ihren ortsfremden Bekannten zeigen?“ Von den Siegenerinnen und Siegenern gaben 65 Prozent an, in so einem Fall mit ihren Gästen das Obere Schloss und den Schlosspark zu besuchen. 41 Prozent würden in die Oberstadt gehen, 40 Prozent in

die Altstadt

Die Altstadt liegt zwischen Marien- und Nikolaikirche – hier aufgenommen aus Richtung Lohgraben.
Die Altstadt liegt zwischen Marien- und Nikolaikirche – hier aufgenommen aus Richtung Lohgraben. © WP | Hendrik Schulz
Schiefer ist ein typisch siegerländisches Material. In der Altstadt ist es an allen Ecken anzutreffen.
Schiefer ist ein typisch siegerländisches Material. In der Altstadt ist es an allen Ecken anzutreffen. © WP | Florian Adam
Für einen Spaziergang ideal: In der Regel ist es in der Altstadt angenehm ruhig.
Für einen Spaziergang ideal: In der Regel ist es in der Altstadt angenehm ruhig. © WP | Florian Adam
Aussicht von der Nikolaikirche auf die Dächer der Altstadt.
Aussicht von der Nikolaikirche auf die Dächer der Altstadt. © WP | Hendrik Schulz
Von oben betrachtet: Marienkirche und Pfarrer-Ochs-Platz.
Von oben betrachtet: Marienkirche und Pfarrer-Ochs-Platz. © www.blossey.eu | Hans Blossey
Frühling an der Marienkirche: Blüten rahmen den Turm mit dem prägnanten grünen Dach ein.
Frühling an der Marienkirche: Blüten rahmen den Turm mit dem prägnanten grünen Dach ein. © WP
Und weil's so schön ist: Noch mehr Frühlingsblüten!
Und weil's so schön ist: Noch mehr Frühlingsblüten! © WP | Florian Adam
Aber auch Herbstlaub passt farblich ganz hervorragend ins Bild!
Aber auch Herbstlaub passt farblich ganz hervorragend ins Bild! © WP | Florian Adam
Impression vom Altstadtfest im September 2014: Bei solchen Gelegenheiten ist in den Gassen richtig was los.
Impression vom Altstadtfest im September 2014: Bei solchen Gelegenheiten ist in den Gassen richtig was los. © Hendrik Schulz | Hendrik Schulz
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, ebenfalls 40 Prozent ans Siegufer. Für das Untere Schloss allerdings würden sich nur 12 Prozent entscheiden, für Henner und Frieder nur jeder Zehnte.

Das Obere Schloss und der Schlossplatz stehen auf Platz 1 der Orte, die Siegenerinnen und Siegener ortsfremden Gästen zeigen würden. Das ist eines der Ergebnisse der Onlinebefragung zu Siegens Kernstärken. (Archivbild)
Das Obere Schloss und der Schlossplatz stehen auf Platz 1 der Orte, die Siegenerinnen und Siegener ortsfremden Gästen zeigen würden. Das ist eines der Ergebnisse der Onlinebefragung zu Siegens Kernstärken. (Archivbild) © WP | Florian Adam

Siegen als Marke: Ergebnisse der Onlinebefragung werden Grundlage der Strategie

Was nun folgt, sei „ein langer Weg“, merkt Detlef Rujanski an. „Eine Stadtmarke ist ein Marathon-Prozess.“ Koordiniert und maßgeblich vorangetrieben wird dieser vom Stadtmarketing, explizit werden dafür aber weitere Akteurinnen und Akteure hinzugezogen, damit eine Kommunikation aus einem Guss auf breiter Ebene erfolgen kann. „Nicht die Vielfalt der Stadt vermitteln, sondern ihre überzeugendsten Stärken“, halten die Brandmeyer-Fachleute dazu fest. Vielfalt ist zwar eine tolle Sache, führt aber in der Außenwahrnehmung dazu, dass ein Produkt – und als solches kann man eine Stadt eben durchaus betrachten – letzten Endes für nichts Konkretes steht und ergo auch mit nichts Besonderem verbunden wird. Weil das Profil aber nun einmal individuell ist (und genau das auch so vermittelt werden soll), gibt es kein fertiges Rezept. Zunächst sollen weitere Workshops folgen, bis zum dritten Quartal 2024 dann ein „Strategie- und Maßnahmenkonzept“ entwickelt werden.

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Die große Resonanz auf die Befragung und das Engagament der Teilnehmenden „sind auch eine Verpflichtung für uns“, sagt Katja Teixeira. Die Öffentlichkeit werde weiterhin eingebunden und informiert, denn das Interesse sei offensichtlich hoch.