Oberhausen. Oberhausen gibt 2023 über eine Milliarde Euro aus – und erhöht die Verschuldung auf 2,3 Milliarden. Die Politik diskutiert über die heikle Lage.

Einmal im Jahr müssen die gewählten Politiker im Oberhausener Stadtrat den Finanzrahmen ihrer Kommune abstecken – und genehmigen. Diesmal sieht der Haushalt 2023 durch Buchungstricks nur auf dem Papier ordentlich aus, in Wahrheit reißen die Mehrfach-Krisen aus Ukraine-Krieg und Pandemie so große Finanzlöcher, dass die Neuverschuldung auf 2,27 Milliarden Euro steigen wird. Jeder Oberhausener, vom Baby bis zum Greis, ist rein rechnerisch mit über 10.100 Euro verschuldet. Negativrekord in der 160-jährigen Stadtgeschichte.

Mit breiter Mehrheit hat der Rat am Montagnachmittag zwar die von Stadtkämmerer Apostolos Tsalastras geplanten Ausgaben von 1,050 Milliarden Euro bei Einnahmen von 960 Millionen Euro und einer zusätzlichen Neuverschuldung von über 88 Millionen Euro durchgewinkt – doch die schlimme Finanzlage der 209.000-Einwohner-Kommune bedrückt alle Politikerinnen und Politiker. Dem Haushalt 2023 zugestimmt haben am Montag im Saal Berlin der Luise-Albertz-Halle SPD, CDU und BOB – insgesamt 40 Stimmen von 57. Dagegen gestimmt haben Grüne, AfD und Linke Liste (insgesamt 15 Stimmen). Die FDP hat sich mit ihren zwei Stimmen enthalten.

Der Rat der Stadt Oberhausen am Montag, 14,. November 2022, im Saal Berlin der Luise-Albertz-Halle. In der Sitzung wurden die Meinungen zur Stadtpolitik ausgetauscht und der Haushalt 2023 genehmigt. Vorne rechts auf der Bühne sitzt die Führung der Oberhausener Stadtverwaltung.
Der Rat der Stadt Oberhausen am Montag, 14,. November 2022, im Saal Berlin der Luise-Albertz-Halle. In der Sitzung wurden die Meinungen zur Stadtpolitik ausgetauscht und der Haushalt 2023 genehmigt. Vorne rechts auf der Bühne sitzt die Führung der Oberhausener Stadtverwaltung. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Wie traditionell üblich, beleuchtete im 58-köpfigen Stadtrat am Montag jede Fraktion und jede Gruppe nicht nur die Finanzausstattung der Stadt, sondern auch die Weltlage sowie die grundsätzliche Ausgestaltung der Politik für die Bürgerinnen und Bürger. Und begründete ihre Zustimmung oder Ablehnung des Haushalts 2023. Wir dokumentieren hier zum Nachlesen alle Reden der Fraktionen und Gruppen zum Haushalt im Wortlaut. Einzel-Ratsherr Guido Horn hat seine Rede zwar schriftlich eingereicht, aber diese nicht live vor Ort gehalten; er fehlte entschuldigt in der Sitzung.

Die CDU

Die CDU (19 Ratssitze) stimmte dem Haushaltsentwurf 2023 zu; es redete die Fraktionsvorsitzende der CDU, Simone-Tatjana Stehr:

„Mona Neubaur, die Vizeregierungschefin des Landes NRW, hat am vergangenen Donnerstag bei der Auftaktveranstaltung zum Wissenschaftscampus NRW in Oberhausen gesagt, dass wir uns derzeit „in einer Stapel-Krise“ befinden. Der Kämmerer, Apostolos Tsalastras, titelt seine Rede zur Einbringung des Haushalts 2023 „Von einer Krise in die nächste“. Der Krieg in der Ukraine, drohende Rezession, schon vorhandene Inflation, Energieknappheit, Klima und Black-Out-Szenarien machen uns neben Corona vor allem eines klar, dass Krisenmanagement Konjunktur hat.

Und ja, es steht außer Frage, dass die große Anzahl politischer Dauerkrisen und Herausforderungen Sorge bereitet, sogar Angst macht. Die bundesweit einzige Langzeitstudie „Die Ängste der Deutschen“ bildet ab, dass knapp die Hälfte der Befragten Angst vor einer „Überforderung der Politiker“ hat. Diese Sorgen sind da, sie sind real und es ist unsere Aufgabe, sie anzunehmen. Und zwar nicht, indem wir sie anfeuern, sondern, indem wir den Blick dafür schärfen, Zuversicht im Alltag zu sichern und Perspektiven zu bieten. Die Krisen unserer Zeit kann man nicht aussitzen und darauf hoffen, dass sie vorübergehen, damit man weitermacht, wo man aufgehört hat. Das funktioniert nicht! Von uns muss man vielmehr erwarten dürfen, dass wir einen kühlen Kopf bewahren, uns unserer Verantwortung bewusst sind und als mutige Ideengeber unserem Gestaltungsauftrag nachkommen.

Oberbürgermeister Daniel Schranz hat in seiner Rede zur Haushaltseinbringung 2023 formuliert, dass wir Verantwortung, Handeln und Zuversicht zusammenbringen müssen, um die vor uns liegenden großen Aufgaben tatkräftig bewältigen zu können. Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns gemeinsam mit den demokratischen Vertreterinnen und Vertretern hier im Rat unsere Arbeit so gestalten, dass sie dem Erreichen dieses übergeordneten Ziels dient, statt ihm im Weg zu stehen.

CDU lobt die Idee des NRW-Wissenschaftscampus in Oberhausen

Die Welt as we know it löst sich gerade auf. Aber dahinter fügt sich eine neue Welt und hier schließt sich u.a. der Kreis zur eingangs zitierten „Stapel-Krise“: Mona Neubauers Besuch galt dem Auftakt des Wissenschaftscampus NRW in unserer Stadt. Die lokale Idee, einen Wissenschaftscampus NRW in Oberhausen als Kooperation der Stadt mit der NRW School of Governance und dem Institut für Journalismus an der Westfälischen Hochschule zu starten, ist Innovation und Lösung. Und es ist eine großartige Entwicklung für unsere Stadt! Ideen wie Quartiersentwicklung oder auch der Emscherumbau werden hier kreativ gestaltet. Der WICA, wie er sich kurz nennt, wird wissenschaftliche Impulse setzen, Praxis und Öffentlichkeit im Sinne des Wissenstransfers informieren und Veränderungsprozesse in den Blick nehmen.

Oberhausen ist bis heute nicht Hochschulstandort. Wir können diese fahrlässig verpasste Chance noch weiter betrauern, oder nach vorne blicken. Sie alle wissen, dass es für uns als CDU zu den politischen Zielen zählt, auch Wissenschaft nach Oberhausen zu holen. Und wenn die eine Idee (Hochschulstandort) keine Flügel bekommt, setzt sich das Neue, überlebensfähig, durch. Nach vorne blicken heißt aus unserer Sicht in diesem Fall: system reset. Verzichte müssen nicht Verlust bedeuten, sondern können neue Möglichkeitsräume eröffnen.

Die Oberhausener CDU-Ratsfraktionsvorsitzende Simone-Tatjana Stehr, hier bei der Wahlparty am Sonntag, 15. Mai 2022.
Die Oberhausener CDU-Ratsfraktionsvorsitzende Simone-Tatjana Stehr, hier bei der Wahlparty am Sonntag, 15. Mai 2022. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

So haben wir zum Beispiel mit unseren Anträgen zum Aktionsprogramm „Ankommen und Aufholen“ der CDU-geführten Landesregierung sowie der Entwicklung von „Standards für ein digitales Klassenzimmer der Zukunft“ gezeigt, dass Krisen das Potenzial haben, neue Chancen zu eröffnen. Zukunftsfähigkeit ist eben das, was das Widersprüchliche auf anderer Ebene verbindet. Und ich bin dankbar, sehr geehrter Herr Tsalastras, dass auch Sie den „Dreh“ geschafft haben. Sie titeln Ihren Haushaltsentwurf zwar noch maximal mutlos und haben sich zur Angewohnheit gemacht, Politik im Vorfeld der Haushaltsberatungen mit pessimistischen Aussagen zum nicht vorhandenen Gestaltungsspielraum zu konfrontieren. Aber Sie lassen Ihre Rede mit einem Zitat von John von Düffel enden, das da lautet: „Durch Wirksamkeit wird Hoffnung Wirklichkeit“.

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Und am letzten Montag durften wir dann tatsächlich im Haupt- und Finanzausschuss Wirklichkeit erleben, als Sie sogar für die Anträge der CDU-Fraktion die Finanzierungsmöglichkeit zugesichert haben, sodass dem Modellprojekt der Sportboxen, den Planungskosten für verschiedene Sportstätten und vor allem dem Energie-Hilfe-Fond für Vereine nichts mehr im Weg steht. Vielen Dank! Das sind gute Nachrichten für den Sport in unserer Stadt, mit denen wir den Menschen zeigen können, dass wir Zukunft gestalten, auch in schwierigen Zeiten. In seiner Rede kommt unser Stadtkämmerer sogar zu dem Schluss, dass „wir noch stärker als bisher die Ursachen der finanziellen Schwäche unserer Stadt beseitigen müssen und eine kluge und kreative Entwicklung unserer ökonomischen Basis brauchen, damit aus wirtschaftlicher Kraft Steuererträge generiert werden können“.

CDU sieht mit Hilfe der NRW-Landesregierung Chance für Altschuldenlösung

Als CDU-Fraktion teilen wir diese Sichtweise ausdrücklich und freuen uns, dass die „Zukunftskoalition“ aus CDU und Grünen im Land, die Lösung der Altschulden in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen hat. So haben wir endlich die Chance, voranzukommen. Ehrlicherweise muss man sagen, dass sich bisher noch keine Landesregierung diesem Thema im Sinne der hochverschuldeten (insbesondere) Ruhrgebietskommunen angenommen hat und damit viele Möglichkeiten verstrichen sind. Genau jetzt ist aber der Zeitpunkt, wo wir klug in unsere Wirtschaft, unsere Infrastruktur, unsere Bildungsinstitutionen und in den sozialen Zusammenhalt in unserer Stadt investieren müssen. Krisen führen zur Neuorganisation und dafür braucht auch Oberhausen die notwendigen Mittel. Die Kostenisolierung, sei es Corona oder Ukraine, kann und darf nur eine Interimslösung sein.

Unsere Aufgabe ist es, Oberhausen für die Zukunft zu gestalten und weiter zu attraktivieren. Dafür muss unsere Infrastruktur in allen Bereichen sach- und bedarfsgerecht ausgebaut werden. Dabei wollen wir von der CDU-Fraktion, dass die Schulen unserer Stadt in den kommenden Jahren genauso intensiv ausgebaut werden, wie wir sie in den zurückliegenden Jahren erfolgreich mit digitaler Infrastruktur ausgestattet haben. An dieser Stelle möchte ich unserem Beigeordneten Michael Jehn und seinem Team ausdrücklich danken.

Als CDU-Fraktion werden wir die eingeschlagenen Wege konsequent voranschreiten und wir bitten um Debatten, Ergänzungen und Unterstützung. Angefangen bei der Kreisverkehrsoffensive, die heute auf der Tagesordnung steht und mit der wir einen wichtigen stadtplanerischen Impuls setzen möchten, für den ich bei Ihnen werbe. Die CDU-Idee der Entwicklung eines verbindlichen Kriterienkatalogs zur Stadtentwicklung ist für uns der Startschuss in eine neue Zeit für Oberhausen. Wir wollen für Oberhausen einen großen Wurf hinbekommen, mit dem wir stadtplanerische Fehlentwicklungen stoppen und zusammen mit Ihnen an die Bedürfnisse der Zukunft anpassen. Dazu gehören ebenso Antworten auf eine klimagerechte Entwicklung, wie die Perspektive einer bedarfsgerechten Planung. Aber auch allen Verkehrsmitteln Raum zu geben und Aspekte der Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung von vorneherein mitzudenken.

Die 19-köpfige Ratsfraktion der CDU im Saal Berlin der Luise-Albertz-Halle am Montagnachmittag, 14. November 2022. Vorne sitzen die CDU-Fraktionschefin Simone-Tatjana Stehr und der CDU-Fraktionsgeschäftsführer Tobias Henrix.
Die 19-köpfige Ratsfraktion der CDU im Saal Berlin der Luise-Albertz-Halle am Montagnachmittag, 14. November 2022. Vorne sitzen die CDU-Fraktionschefin Simone-Tatjana Stehr und der CDU-Fraktionsgeschäftsführer Tobias Henrix. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Daher ist es uns auch wichtig, dass wir mit unserem angekündigten Antrag zu Unterflur- und Halbunterflurcontainern in Oberhausen als gutes Beispiel vorangehen. In diesem Gesamtzusammenhang freue ich mich, dass wir mit Dr. Thomas Palotz seit Anfang des Jahres einen Beigeordneten haben, der diese Mammutaufgaben angeht und – davon gehen wir aus – ein gutes Team in der Verwaltung hinter sich weiß. Wir wissen, dass in Ihrem Bereich, lieber Herr Palotz, viele Themen liegengeblieben sind, die darauf warten, umgesetzt zu werden. Wie beispielsweise die Quartiersparkhäuser.

Explizit begrüßen wollen wir, dass die Zeit der Erstellung von Mobilitätskonzepten nun vorbei ist. Wir müssen ins Handeln kommen und unsere Straßen „fit machen“, um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen: Dabei muss das Fahrrad einen entscheidenden Anteil erhalten. Wir haben diesen Anspruch bereits durch Anträge, wie zu den „Fietsflondern“, unsere Große Anfrage zum Thema Radfahrmobilität in Oberhausen und diverse Anträge zur Verbesserung der Radwege in unseren Bezirksvertretungen bedient.

Oberhausener CDU will sich auf mehr Autoverkehr einstellen

Ein Ausspielen verschiedener Verkehrsmittel untereinander halten wir aber für unverantwortlich und realitätsfern. So ist die Pkw-Dichte in den vergangenen zehn Jahren durchgehend gestiegen und im Vorkrisenjahr 2019 gab es so viele Pkw-Neuzulassungen in Deutschland wie noch nie zuvor. Solange das Fahrrad auf bundespolitischer Bühne (die seit ihrem Start für Überraschungen gut ist) nicht zum verpflichtenden Verkehrsmittel für alle ausgerufen wird, werden wir uns wohl auch in Oberhausen auf einen erhöhten Pkw-Verkehr einstellen müssen. Und natürlich wünschen auch wir uns, dass mehr Menschen auf Fahrrad oder ÖPNV umsteigen und Carsharing einen größeren Raum einnimmt; es entspricht aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ganz einfach nicht der Lebensrealität in einer globalisierten Welt, die genau für die Durchlässigkeit und Teilhabe steht, die wir alle doch umgekehrt fordern.

Unser zentrales Ziel ist es, den ruhenden Verkehr aus dem Straßenraum zu bekommen. Zur Entwicklung aller Verkehrswege brauchen wir aber Platz. Diesen Platz wollen wir als CDU nunmehr seit September 2019 gestalten. Seinerzeit hat der Rat mit großer Mehrheit den Auftrag beschlossen, eine Machbarkeitsstudie zur Einrichtung von Quartiersparkhäusern zu prüfen. Die damalige Beigeordnete hat alles dafür getan, nichts zu tun und Zuständigkeiten zu verschieben. Auf Nachfrage von CDU und Grünen wurde selbst von der Bereichsleitung Mobilität das Thema wegmoderiert. Die Verwaltung hat sich dem politischen Beschluss nicht angenommen. Wir gehen davon aus, dass Sie, lieber Herr Palotz, dafür sorgen, dass der Allris-Status „in Bearbeitung“ endlich auf „realisiert“ wechselt. Auch Quartiersparkhäuser können nämlich als Markenkern für die verkehrsplanerische Politik in Oberhausen stehen.

Angefangen bei den zahlreichen und beliebten Radwegen, die hoffentlich bald durch einen Radschnellweg ergänzt werden, mausert sich Oberhausen übrigens Schritt für Schritt zu einer echten Sportstadt: Die Laufstrecke kommt! Der Weg war mühselig, aber, sie kommt! Und zur Vollendung wurden dem Stadtsportbund durch die schwarz-grüne Landesregierung nun weitere 500.000 Euro zur Entwicklung unserer Sportstätten und der Laufstrecke zugesagt.

Die 19-köpfige Ratsfraktion der CDU im Saal Berlin der Luise-Albertz-Halle am Montagnachmittag, 14. November 2022. Vorne sitzen die CDU-Fraktionschefin Simone-Tatjana Stehr und der CDU-Fraktionsgeschäftsführer Tobias Henrix.
Die 19-köpfige Ratsfraktion der CDU im Saal Berlin der Luise-Albertz-Halle am Montagnachmittag, 14. November 2022. Vorne sitzen die CDU-Fraktionschefin Simone-Tatjana Stehr und der CDU-Fraktionsgeschäftsführer Tobias Henrix. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Auch im Sinne der wirtschaftlichen Entwicklung muss es uns gelingen, in Oberhausen einen Brain-Drain zu verhindern – wir brauchen ausgebildete Talente, auch und gerade in unserer Stadt. Folglich hilft es auch wenig, wenn bei der essenziellen Frage zur Weiterentwicklung des Gründerökosystems darüber gestritten wird, ob wir bereits in unseren Grundschulen damit anfangen dürfen, Weichen für die Zukunft zu stellen oder nicht. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen und der SPD: Bitte verzichtet auf solche Scheindebatten, die im Angesicht der Weiterentwicklung unserer Stadt kontraproduktiv sind; das sind nicht die richtigen Stellen für parteipolitische Heischerei.

Zu teuer: CDU lehnt Idee eines Smarthomes für Seniorinnen und Senioren ab

Gerne hätten wir als CDU-Fraktion unserem Arbeitsmarkt in Oberhausen auch mit einer Ansiedlung der Joblinge eine konkrete Perspektive für die Entwicklung gegeben. Aber auch fast acht Prozent Jugendarbeitslosigkeit führt offenbar nicht zu der Bereitschaft, mit einer klugen Maßnahme mehr die Arbeitslosigkeit dieser Zielgruppe bekämpfen zu wollen. Ziel scheint vielmehr das Bekämpfen der Bekämpfung zu sein. Kritisch sehen wir auch die Idee eines Smart-Hauses, mit der die Verwaltung im Dezember 2021 beauftragt wurde: Sie sollte ein „Smart-Haus der offenen Tür“ in der Sterkrader Innenstadt planen und einrichten. Die Kosten wurden vom Antragssteller (SPD) mit ca. 50.000 Euro angegeben und sollten aus einem Förderprogramm gedeckt werden. Der nunmehr vorliegende Konzeptentwurf für einen modellhaften „Showroom“ erfordert in einer Variante, dass die Stadt Oberhausen eine halbe Million Euro aufbringen müsste.

Bei erster Sympathie für die Ursprungsidee, halten wir eine Umsetzung für das Zehnfache der Ausgangssumme für absolut nicht vertretbar und gehen davon aus, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, das genauso sehen. Wichtiger noch: Die Idee ist auch wissenschaftlich belegt nicht sinnvoll. Das Frauenhofer-Institut in Stuttgart hat sich mit genau solchen Projekten auseinandergesetzt. Sie sind überholt. Lassen Sie uns bitte über kluge Alternativen sprechen. Wir können uns nicht erlauben, eine Wohnfläche in einem Stadtteil vorzuhalten, die eine nicht eruierte Nachfrage bedient und schon jetzt verspricht, dass die smarte Ausstattung nach kürzester Zeit überholt ist. Als CDU-Fraktion sagen wir: Nein!

So können Bürger der Stadt Oberhausen die Ratssitzungen im Saal Berlin der Luise-Albertz-Stadthalle sehen und verfolgen – ein Blick von der Zuschauertribüne am Montag, 14. November 2022.
So können Bürger der Stadt Oberhausen die Ratssitzungen im Saal Berlin der Luise-Albertz-Stadthalle sehen und verfolgen – ein Blick von der Zuschauertribüne am Montag, 14. November 2022. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Unabhängig davon, haben wir aber immer wieder bewiesen, dass wir als demokratische Parteien zusammenstehen und uns vor allem auf sachlicher Ebene auch über Parteigrenzen hinweg für unsere Stadt einsetzen – bislang einmalig und besonders erschien mir, dass wir uns als Vorsitzende der Fraktionen CDU, SPD und Grüne im Zuge der Zukunft des Polizeipräsidiums zusammen in einem Interview zu Wort gemeldet haben und im Sinne der Entwicklung ein gemeinsames Statement für diese brisante Entscheidung formuliert haben. Liebe Sonja Bongers, liebe Steffi Opitz, ich danke euch, so kann Politik uneitel und zielorientiert funktionieren.

CDU: Oberhausener Stadtverwaltung packt tatkräftig an

An einem Strang ziehen wir auch heute in dieser Sitzung, wenn es gleich um den Offenen Ganztag geht – natürlich schließen solche Ergebnisse im Vorfeld nicht die politische Debatte und manchmal eben auch nicht intensive Befindlichkeiten aus. Der Oberbürgermeister hat bei der Einbringung des Haushalts zurecht auf die vergangenen Erfolge hingewiesen. Ich bin ihm und der Verwaltung mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dankbar, dass tatkräftig angepackt wurde und ich weiß, dass das deutlich mehr Energie und Gestaltungswille kostet als jemals zuvor. Mir, liebe Kolleginnen und Kollegen, macht das aber auch für die kommenden Jahre Mut. Mut, die Geschicke der Stadt gemeinsam in die richtige Richtung lenken zu können.

Es ist historisch belegt, dass sich die Menschheit gerade im Angesicht großer Gefahren mit ihrer Kreativität ihrem Mut und ihrer Entschlossenheit immer wieder selbst überrascht hat. Das könnte ihr auch wieder gelingen und wir, liebe Kolleginnen und Kollegen sollten genau diesen Anspruch für unsere Arbeit verfolgen und wachsam wie gestaltend Prozesse anstoßen und begleiten. In diesem Sinne lassen Sie mich mit einem Zitat des namhaften Architekten, Designers und Stadtplaners Le Corbusier enden: „Man muss immer sagen, was man sieht, vor allem muss man aber immer – und das ist weitaus schwieriger – sehen, was man sieht.“

Die SPD

Die SPD (19 Ratssitze) stimmte dem Haushaltsentwurf 2023 zu; es redete die Fraktionsvorsitzende der SPD, Sonja Bongers:

„Wie dramatisch sich die Welt in kaum elf Monaten verändert hat! Was für einen Unterschied ein einziges Jahr ausmachen kann! Als wir im Dezember 2021 den letzten Haushalt hier in diesem Saal beschlossen haben, blickten wir zwar mit Sorge dem zweiten Corona-Winter entgegen. Aber es häuften sich auch die Anzeichen dafür, dass die schlimmste Phase der Pandemie bald hinter uns liegen könnte, bald Geschichte sein würde – dank Impffortschritt und harmloserer Virus-Varianten.

Wir hatten durchaus Anlass, das Jahr 2022 mit größerer Zuversicht zu erwarten als den Jahreswechsel zuvor. Und als unverbesserliche Optimistin gebe ich gerne zu: Ich konnte mir nicht vorstellen, dass uns in Europa und zu unseren Lebzeiten noch etwas Schlimmeres passieren könnte als diese Pandemie. Selten so getäuscht!

Nach wochenlangem Säbelrasseln entfesselte der russische Präsident Putin am 24. Februar 2022 seinen völker- und menschenrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die seit 1991 unabhängige Ukraine mit dem erklärten Ziel, bedeutende Teile des Territoriums eines souveränen Staates an sich zu reißen und den übrigbleibenden Rumpf auf Vasallenstatus zu degradieren. Niemals hätte ich für möglich gehalten, dass im Europa des 21. Jahrhunderts erneut Zehntausende von Menschenleben dem Großmachtwahn eines Autokraten geopfert werden könnten.

Oberhausen hat über 3000 Ukraine-Kriegsflüchtlinge aufgenommen

Mittlerweile dauert der Krieg ein Dreivierteljahr. Er hat Tod und Not und Elend in einem Ausmaß nach Europa zurückgebracht, das noch vor kurzem undenkbar schien. Millionen Menschen sind auf der Flucht, darunter viele Frauen und Kinder. Oberhausen allein hat 3000 Ukraine-Flüchtlinge aufgenommen. Angesichts dieser gewaltigen Herausforderung zeigt sich unsere Stadtgesellschaft einmal mehr von ihrer besten Seite und hilft, wo sie nur kann: Bei der Erstversorgung und der Unterbringung, bei der Überwindung von Sprachbarrieren oder der Beschulung der Kinder. Dafür sind wir den vielen, vielen engagierten Oberhausenerinnen und Oberhausenern sehr dankbar.

Mittendrin in dieser humanitären Katastrophe und Katastrophe der Humanität in Osteuropa liegt unsere langjährige Partnerstadt Saporishja, deren Einwohnerinnen und Einwohner Schreckenszeiten durchmachen. Unsere Gedanken, unser Mitgefühl und unsere Solidarität sind bei den Menschen in Saporishja. Die jüngst durch Putin verkündete Annexion dieser großen ukrainischen Stadt mitsamt Umland in die Russische Föderation als neuen Oblast Saporoshje werden wir niemals anerkennen. Sie steht ohnehin nur auf dem Papier. Von einer russischen Niederlage über die nächste wächst die Hoffnung, steigt die Zuversicht, dass unserer Partnerstadt dieses Schicksal erspart bleibt, liebe Kolleginnen und Kollegen. Frieden und Freiheit für Saporishja!

Kommen wir zum kommunalpolitischen Brot- und Butter-Geschäft, den Stadtfinanzen. Mit dem Haushalt 2023 setzen wir zwei neue Rekordmarken. Beide unfreiwillig. Und keine davon ist ein Anlass zum Feiern. Erstmals wird die Stadt in einem Jahr mehr als eine Milliarde Euro ausgeben. Das ist eine Eins mit neun Nullen oder anders gesagt: Wenn Sie tausend Mal eine Million im Lotto gewinnen, könnten Sie sich die Stadt Oberhausen genau ein Jahr lang leisten.

SPD: Höhe der Ausgaben von über einer Milliarde Euro vor allem krisengetrieben

In weniger stürmischen Zeiten, wenn diese Milliarde ganz überwiegend für die kommunale Daseinsvorsorge und dringend notwendige Zukunftsinvestitionen ausgegeben würde, dazu noch solide und möglichst steuerzahlerschonend finanziert, gäbe es kein Problem. Dann wäre die Eins mit den neun Nullen allenfalls eine Notiz für die Spalte 7 der Zeitung. Leider kann davon überhaupt keine Rede sein. Im Gegenteil: Sowohl Höhe als auch Zusammensetzung unserer Ausgaben sind primär krisengetrieben.

Sonja Bongers, Fraktionsvorsitzende der SPD, in der Ratssitzung am Montag, 13. Dezember 2021.
Sonja Bongers, Fraktionsvorsitzende der SPD, in der Ratssitzung am Montag, 13. Dezember 2021. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

In diesen tausend Millionen Euro spiegeln sich die altvertrauten, aber vor allem die vielen neuen Krisen wider, mit denen wir als Kommune zurzeit konfrontiert sind: Mangelnde Wirtschaftskraft als Spätfolge des Strukturwandels, die lange noch nicht ausgestandenen Auswirkungen der Corona-Pandemie, die humanitären Hilfen für die Ukraine-Flüchtlinge und die Kostenexplosion bei Gas, Strom und vielen Gütern des täglichen Bedarfs.

Fast die Hälfte des Haushalts fließt mittlerweile in den Produktbereich Soziales bzw. in die Sozialausgaben der LVR-Umlage und damit letztlich in den gesellschaftlichen Reparaturbetrieb. Das ist zwar absolut notwendig und alternativlos für den sozialen Zusammenhalt in unserer Stadt, aber daraus wird keine Zukunft gebaut. Erst recht nicht, wenn die Kommunen von einer aufreizend untätigen Landesregierung genötigt werden, neue Schulden im Akkord zu machen, um die krisenbedingten Steuerausfälle und Mehrausgaben, für die sie nun beim besten Willen nichts können, im Alleingang zu stemmen und den Laden so gut es eben geht am Laufen zu halten. Real klafft im Ergebnishaushalt des nächsten Jahres jetzt schon eine Lücke von über 87 Millionen Euro, die der Kämmerer überwiegend über neue Kredite, sprich Schulden, finanzieren muss.

Haushaltswunder nur durch Nebelkerzen möglich

Dennoch ist auch der Haushalt 2023 formal ausgeglichen, steht unter dem Strich die „Schwarze Null“, zum siebten Mal in Folge. Wie kann das sein? Wie ist dieses Haushaltswunder möglich? Das Wunder heißt „Covid-Isolierung“ und ist die jüngste begriffliche Nebelkerze einer leider nur sprachlich kreativen Finanzbürokratie in Düsseldorf. Statt echter materieller Hilfe zum vollständigen Ausgleich der Krisenschäden erhalten die Kämmerer von der Landesregierung eine Lizenz zum bilanztechnischen Falschspiel. Da die mangelnde Unterstützung etliche Kommunen in kürzester Zeit zurück ins Nothaushaltsrecht katapultieren würde, dürfen die kommunalen Kassenwarte zum wiederholten Male die zusätzlichen Kosten der Corona-Pandemie und nun auch des Ukraine-Krieges isolieren. Als Zugabe bekommen sie 50 Jahre Zeit, um diese Bilanzmanipulation ganz langsam wieder aus den Büchern zu radieren.

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Die Wirklichkeit kümmert das indes nicht. Die Mehrbedarfe sind real, die Stadt muss sich das Geld jetzt und heute pumpen und die Kinder und Enkel zahlen die Zeche, wenn sie denn noch können. Viel weiter weg von Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit kann Finanzpolitik nicht sein.

Der Kämmerer hat diesen ganzen haushaltspolitischen Irrsinn der Covid-Isolierung in seiner Einbringungsrede auf den Punkt gebracht: Oberhausen wird in nur drei Jahren, von 2021 bis 2023, fast doppelt so viele Schulden machen wie in dem ganzen Jahrzehnt zuvor und kann trotzdem auf eine Genehmigung des Haushalts durch die Bezirksregierung hoffen. Der ganze Isolierungstrick ist nichts anderes als eine Art Schneeballsystem der Kommunalfinanzen, das kann nicht auf Dauer funktionieren.

Sonja Bongers: Landesregierung ohne Konzept und Strategie

Was soll eigentlich passieren, wenn die Isolierung ab 2024 untersagt wird, wenn sich der Bilanzvorhang hebt und die tatsächlichen Defizite der Kommunen nicht mehr in die finanzpolitische Isolationshaft verschoben werden dürfen? Schickt Düsseldorf dann eine ganze Karawane von Sparkommissaren durchs Land? Bis zum Schluss hatte die im Mai abgewählte schwarz-gelbe Landesregierung keinerlei Konzept, keinerlei Strategie und schon gar nicht den politischen Willen, den Kommunen aus dieser historischen, unverschuldeten Notlage herauszuhelfen. Ich bin sehr gespannt, ob und wie sich die neue Landesregierung zu dieser existenziellen Herausforderung verhält.

Die 19-köpfige SPD-Ratsfraktion in Oberhausen, hier im Saal Berlin der Luise-Albertz-Halle während der Haushaltsdebatte am 14. November 2022, wird von Sonja Bongers (vorne rechts) geführt. Silke Jacobs (links) ist stellv. Fraktionsvorsitzende.
Die 19-köpfige SPD-Ratsfraktion in Oberhausen, hier im Saal Berlin der Luise-Albertz-Halle während der Haushaltsdebatte am 14. November 2022, wird von Sonja Bongers (vorne rechts) geführt. Silke Jacobs (links) ist stellv. Fraktionsvorsitzende. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Damit sind wir bei der zweiten historischen Hochwassermarke dieses Haushalts: Die Gesamtverschuldung durchbricht trotz ungezählter Sparrunden nun doch die Zwei-Milliarden-Euro-Schallmauer. Salopp formuliert steht die Stadt jetzt mit zwei vollen Jahresgehältern in der Kreide, was unmittelbar den dritten unerfreulichen Rekord zur Folge hat: Auf jeder Oberhausenerin und jedem Oberhausener, egal ob auf der Säuglingsstation oder im Pflegeheim, lastet zum ersten Mal eine fünfstellige kommunale Pro-Kopf-Verschuldung von mehr als 10.000 Euro. Im Ruhrgebiet weist nur Mülheim eine noch höhere Verschuldung pro Einwohnerin und Einwohner auf.

Die ganze Entwicklung ist in hohem Maße besorgniserregend und umso bedauerlicher, als es uns nach etlichen Kraftakten, mit dem rot-grünen Stärkungspakt und radikaler Ausgabendiät, gelungen war, eine Trendwende bei der Verschuldungsdynamik herbeizuführen. Einige wenige Jahre sank die Pro-Kopf-Verschuldung langsam, aber stetig auf unter 9000 Euro, für eine Stadt wie Oberhausen schon ein Riesenerfolg. Corona und die Zeitenwende des Ukraine-Krieges mit all ihren finanziellen Auswirkungen haben zehn Jahre Haushaltskonsolidierung wie eine Seifenblase zerplatzen lassen.

SPD: Die Zinsfalle beginnt zuzuschnappen

Und ausgerechnet jetzt ziehen die Kreditzinsen kräftig an, tritt jenes Szenario ein, vor dem wir seit Jahren bei jeder Haushaltsverabschiedung gewarnt haben: Die Zinsfalle beginnt zuzuschnappen, der Altschuldenberg entpuppt sich als Vulkan und wird aktiv. Um die Inflation zu bekämpfen, erhöht die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen in rascher Folge und in so drastischen Sprüngen, wie wir das in Euro-Zeiten noch nicht erlebt haben. Bereits im nächsten Jahr steigt die Oberhausener Zinsbelastung um etliche Millionen Euro. Und das ist nur das erste schwache Vorbeben eines Zinskosten-Tsunamis, der sich gerade aufbaut und alles wegzufegen droht, was uns an kommunalen Handlungsmöglichkeiten noch verblieben ist.

Rettung kann einzig und allein eine definitive und abschließende Lösung des kommunalen Altschuldenproblems bringen. Und die muss so schnell wie möglich kommen, denn uns rennt die Zeit davon. Die Regierungsparteien auf Bundes- und Landesebene haben sich in ihren jeweiligen Koalitionsvereinbarungen in starken und unmissverständlichen Worten zu einer Lösung der Altschuldenproblematik bekannt. Aber es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Den starken Worten müssen starke Taten folgen. Bund und Land müssen in den nächsten Wochen aus den Puschen kommen und sich in dieser für die Städte so existenziellen Frage schleunigst zusammenraufen. Billiger wird es für keinen mehr. Die Zeit ist jetzt.

Niemand wird Kämmerer in Oberhausen, weil er beneidet werden will. Mitleid ist allerdings auch nicht angebracht, schließlich wird der Job nie langweilig. Außerdem lesen wir bei Albert Camus, dass wir uns Sisyphos als glücklichen Menschen denken sollen, gerade dann, wenn der so mühsam hochgewuchtete Felsbrocken zum x-ten Mal den steilen Hang zurückrollt und alle bisherige Anstrengung vergebens erscheint. Gerade auch in diesem so schwierigen Haushaltsjahr gilt unser Dank Apostolos Tsalastras und seinem Team in der Kämmerei. Wieder mal einen Top-Job gemacht! Unser Dank und Respekt gelten darüber hinaus allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung und im Konzern Stadt für ihr außergewöhnliches berufliches Engagement in diesen so fordernden Krisenjahren. Spätestens die Corona-Zeit hat uns wieder mal daran erinnert, dass die Allermeisten von ihnen weit mehr als nur ihre Pflicht tun.

SPD: Schranz stellte früher seine Amtsvorgänger an den Pranger

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Sie sind nun fast auf den Tag genau sieben Jahre im Amt. Seit dem 2. November 2015 sind Sie nicht nur Vorsitzender des Rates und ranghöchster Repräsentant unserer Heimatstadt, sondern vor allem Chef der Verwaltung mit weitreichenden Befugnissen und Kompetenzen. Sie tragen deshalb sicher nicht für alles, aber doch für vieles, was in dieser Stadt gerade läuft oder eben nicht läuft, die Verantwortung.

In Ihrer Sturm-und-Drang-Zeit, als Sie noch Vorsitzender der CDU-Fraktion und Anführer der Abteilung Attacke waren, haben Sie jedenfalls keine Gelegenheit ausgelassen, Ihren Amtsvorgänger und dessen Partei für sämtliche Oberhausener Fehlentwicklungen, Pannen und Missstände an den Pranger zu stellen. Es wurde verbal abgewatscht, dass die Saaltüren wackelten. Kollateralschäden am Ruf der Stadt nahmen Sie ungerührt in Kauf. Hauptsache, Sie konnten zum Schluss den immer gleichen Refrain anstimmen: Schuld ist nur die SPD. Zu besonderer Hochform liefen Sie dabei auf, wenn Oberhausen in irgendeinem Städtevergleich oder Ranking mal wieder Plätze eingebüßt hatte und nach unten weitergereicht wurde.

Gespräche zwischen den Fraktionen und Gruppen sind im Rat immer notwendig: Hier redet Sonja Bongers, die Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion, mit Simone-Tatjana Stehr, Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion, am Rande der Ratssitzung am Montag, 14. November.
Gespräche zwischen den Fraktionen und Gruppen sind im Rat immer notwendig: Hier redet Sonja Bongers, die Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion, mit Simone-Tatjana Stehr, Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion, am Rande der Ratssitzung am Montag, 14. November. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Nun sieht man sich bekanntlich zweimal im Leben. Heute zum Beispiel: Alle drei Jahre veröffentlicht Prognos ein viel beachtetes Gutachten zur Zukunftsfähigkeit der Städte und Kreise in Deutschland. 2016, in Ihrem ersten Amtsjahr, lag Oberhausen in Sachen Zukunftsfähigkeit von 400 Städten und Kreisen auf Platz 371. Drei Amtsjahre Daniel Schranz später, 2019, war Oberhausen auf Platz 379 abgerutscht. Und pünktlich zum siebenjährigen Amtsjubiläum verkündet das aktuelle Prognos-Gutachten mit Platz 394 den bestürzenden Absturz unserer Heimatstadt auf einen Tabellenplatz, von dem man kaum noch weiter absteigen kann. Oberhausen ist laut Prognos-Gutachten die „No Future“-Hauptstadt des Ruhrgebiets.

SPD: Oberhausen rutscht unter Schranz in Rankings noch tiefer ab

Ich könnte jetzt kurzen Prozess machen und feststellen: „Bei fast allen einschlägigen Rankings stecken wir im Tabellenkeller fest. Leider bleibt es dabei: Nichts hat sich hier geändert und das ist nicht nur schade, sondern gefährdet auch die Zukunft unserer Stadt. [...] Was wir jetzt dringend brauchen, ist eine seriöse Zukunftsplanung. Doch wie die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt sehe ich hier nicht einmal den Ansatz einer Veränderung zum Besseren.“ Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ein sehr strenges Urteil, dem durchaus etwas hinzugefügt werden sollte, vor allem die Quelle. Denn die Formulierungen stammen natürlich nicht von mir, sondern von Ihnen, Herr Oberbürgermeister. Sie sind aus Ihrer letzten Haushaltsrede als Vorsitzender der CDU-Fraktion im November 2014.

Diese harschen Vorwürfe waren damals so falsch, wie sie es heute wären, wenn wir sie uns zu eigen machen würden. Genau das tun wir als SPD-Fraktion nicht. Weil wir wissen: Für viele gesellschaftliche und wirtschaftliche Fehlentwicklungen, mit denen wir uns in dieser Stadt herumschlagen, trifft Sie und ihre engsten Mitarbeiter an der Verwaltungsspitze keine Schuld. Angesichts der Mehrfrontenkrise, die gerade über uns hereinbricht, der notorisch klammen Stadtkasse und der Hypotheken des Strukturwandels konnte und kann Oberhausen keine großen Sprünge machen. Der Gestaltungsspielraum von Politik und Verwaltung ist mehr als überschaubar. Wir machen Sie nicht für Dinge verantwortlich, für die Sie nichts können. Da unterscheiden wir uns fundamental von Ihrem seinerzeitigen Verständnis von Opposition.

SPD wirft Stadtspitze Nachlässigkeit und Schlafmützigkeit vor

Wir legen aber sehr wohl den Finger in die Wunden, wenn es sich um hausgemachte Pleiten, Pannen oder selbstverschuldetes Pech handelt. Und da reden wir dann auch Tacheles im Wald- und Wiesen-Deutsch, wenn es sein muss. Gerade weil wir um die knappen Ressourcen und die begrenzten Handlungsmöglichkeiten der Stadt wissen, reagieren wir auf eine Sache besonders allergisch: schlampige Arbeit. Was wir uns beim besten Willen nicht leisten können, ist der fortgesetzte Chancentod durch Nachlässigkeit, Schlafmützigkeit, mangelnde Voraussicht oder löchriges Controlling an wichtigen Schaltstellen dieser Verwaltung. Und dafür, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, tragen Sie als Inhaber der Organisationsgewalt und Personalhoheit am Ende die alleinige Verantwortung.

Musste sich während der Haushaltsdebatte einige Kritik anhören: Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) im Kreise seiner Dezernenten-Riege während der Ratssitzung am 14. November 2022 in der Luise-Albertz-Halle.
Musste sich während der Haushaltsdebatte einige Kritik anhören: Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) im Kreise seiner Dezernenten-Riege während der Ratssitzung am 14. November 2022 in der Luise-Albertz-Halle. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Ob beim für die Innenstadt so wichtigen „Projekt Brückenschlag“ oder dem zentralen Zukunftsfeld der „Smart City“, ob beim Mobilitätskonzept, auf das wir jetzt seit sage und schreibe sechs Jahren warten, oder der verwaltungsinternen Abstimmung der verschiedenen Masterpläne, ob Digitalisierung oder Wirtschaftsförderung: Die Liste der Themen, bei denen es klemmt und hakt und wo Oberhausen den Anschluss zu verlieren droht, wird länger und länger.

SPD: Personelle Konsequenzen dürfen kein Tabu sein

Wir erwarten hier schnelle und durchgreifende Verbesserungen, mehr Schwung und Initiative beim Handeln, mehr Transparenz und Verlässlichkeit bei den Abläufen. Wenn es gar nicht anders geht, dürfen auch personelle Konsequenzen kein Tabu sein. Die Interessen der Stadt haben über dem Parteiinteresse zu stehen. Für uns als SPD-Fraktion ist das kein blutleeres Lippenbekenntnis, sondern das erste Gebot unserer Kommunalpolitik, wie wir vor drei Jahren bei einer schweren und bitteren, aber eben notwendigen Personalentscheidung bewiesen haben.

Die SPD-Fraktion stimmt dem Haushalt 2023 zu. Glückauf Oberhausen! Frieden und Freiheit für Saporishja!“


Die Grünen

Die Grünen (acht Sitze) lehnten den Haushaltsentwurf 2023 ab; es redete die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Stefanie Opitz:

„Als ich diese Rede anfing zu schreiben, saß ich bei herrlichem Sonnenschein und angenehmen 22 Grad im T-Shirt auf der Terrasse. Jetzt könnte manche*r meinen: Steffi Opitz schreibt ihre Haushaltsrede schon im Mai. Aber wir alle wissen: Es war Ende Oktober, Anfang November. Der Klimawandel ist bei uns voll angekommen. Was allerdings im ersten Moment angenehm erscheint, ist letztendlich völlig dramatisch.

Was ebenso völlig dramatisch ist und mir immer wieder den Atem stocken lässt, ist der Krieg in der Ukraine. Jeden Tag werden die russischen Angriffe perfider. Es wird stetig deutlicher: Putin will ein ganzes Land auslöschen, unbewohnbar machen und die Menschen töten. Krieg war bislang gefühlt weit weg und ist nun ganz nah. Dies als Mensch auszuhalten und nur im Kleinen helfen zu können, ist schwer erträglich.

Im Namen der Fraktion möchte ich an dieser Stelle allen danken: Stadtgesellschaft, Institutionen, Vereinen, religiösen Gemeinschaften, Verwaltung, Politik, Einzelpersonen, die mit ihren Möglichkeiten helfen. Dieser russische Angriffskrieg zieht immer mehr Menschen in die Not und zeigt, wie sehr unsere globalisierte Welt voneinander abhängig ist. Allein im dürregeplagten Ostafrika sind aktuell rund 20 Millionen Menschen von Hunger bedroht. Die durch den Ukraine-Krieg verursachten Preisschwankungen beim Weizen machen die Lage dort noch schlimmer.

Grüne erwarten weitere Flüchtlinge

Dieser Krieg wird weitere Fluchtbewegungen auslösen. Momentan treiben 1000 Bootsflüchtlinge auf dem Mittelmeer. Die neue Regierung in Italien machte sofort deutlich, dass sie ihre Flüchtlingspolitik grundlegend ändern wird. Wir forderten jahrelang, Oberhausen zu einem „Sicheren Hafen“ zu erklären. Für uns ist es kein Erfolg, diesen nun endlich in diesem Jahr mehrheitlich beschlossen zu haben. Für uns ist es eine bittere Notwendigkeit, Menschen in ihrer Not zu unterstützen. Es ist nötiger denn je, die Seenotrettung zu unterstützen. Dies ist die afrikanische Seite.

Und Europa? Energiekrise. Inflation. Energiearmut. Gasknappheit. Gaspreisdeckelung. Energiepreispauschale. Diese Aufzählung ließe sich weiter fortsetzen. Damit müssen wir alle umgehen. Unsere Aufgabe ist es, die Bürger*innen zu unterstützen. Doch letztendlich hängen wir am Tropf von Land und Bund. Land und Bund müssen endlich die finanzielle Verantwortung übernehmen und uns Kommunen unterstützen. Wir laufen in unserem Hamsterrad und wälzen einen Schuldenberg gegen den nächsten um. Müssen immer abwägen, welche Krise Priorität hat und welche warten kann. Doch wir merken alle: Keine Krise stellt sich hinten an!

Stefanie Opitz, Fraktionsvorsitzende der Grünen, in der Ratssitzung am 13. Dezember 2021.
Stefanie Opitz, Fraktionsvorsitzende der Grünen, in der Ratssitzung am 13. Dezember 2021. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Und trotzdem gibt die Stadt Oberhausen nicht alles, bleibt in der Komfortzone. Wir stehen vor großen Energieversorgungsproblemen. Auch Oberhausen spart die geforderten 20 Prozent ein. Und dann? Damit ist alles gut? Wir fordern, dass jegliche Einsparung, die möglich ist, auch umgesetzt wird! Warum streben wir nicht endlich mal den High Level an – schöpfen alles ab, was möglich ist? Ist dies vielleicht der Grund, warum in den letzten Jahren, so viele gute Leute unsere Verwaltung, Töchter oder Institutionen verlassen haben? Auch hier fordern wir, alles zu geben! Innovationen und Ideen Raum geben, sie ermöglichen, statt Schema F zu pflegen. Denn das braucht Oberhausen! Wir dürfen nicht nur Standard verwalten.

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Ist das Prostituiertenschutzgesetz vollumfänglich umgesetzt? Nein! Ist die Istanbul-Konvention vollumfänglich umgesetzt? Nein! Gibt es ein allumfassendes Diversity Management in der Stadtverwaltung? Nein! Und das Mobilitätskonzept… Gehen da bei Ihnen auch die Nackenhaare hoch, wenn Sie das Wort „Mobilitätskonzept“ hören? Bei uns Grünen schon!

Grüne: Oberhausen stellte Mobilität nicht zukunftsfähig auf

Die unendliche Geschichte in Oberhausen: Es war einmal eine Beigeordnete, die hatte so viel Macht, sie konnte eine ganze Stadt lahmlegen, sodass sogar ihre zwei Nachfolger seit Jahren nicht in der Lage sind, diesen Bann zu brechen, um ein „Mobilitätskonzept“ zu entwickeln. Also wirklich! Wenn ich diesen Blödsinn hier laut vorlese, hört sich das noch absurder an, als ihn zu schreiben. Letztendlich haben Sie hier doch versagt und unsere Stadt um Jahrzehnte zurückgeworfen. Politisch ist der Auftrag im Mai 2016 erteilt worden! Eine Schande ist das! Und eine Katastrophe für unsere Bürger*innen.

Für Oberhausen gibt es keine Bestrebungen, Mobilität tatsächlich zukunftsfähig aufzustellen. Das „Mobilitätskonzept“ wird seit Jahren als Politikum genutzt, um von den eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken. Nun, immerhin soll es nun fünf Leitlinien geben. Groß angekündigt in der Presse. Präsentiert werden sollen diese Ende des Jahres. Weitere Monate des Wartens: Über 2300 Tage, in denen sich jede*r Verkehrsteilnehmer*in mehr schlecht als recht in Oberhausen weiterbewegen musste. Oder haushaltsgemäßer ausgedrückt: Round about 14.000 Euro für eine Leitlinie pro Jahr hat uns der Spaß gekostet. Die Opportunitätskosten gar nicht eingerechnet. Ein echt großer Wurf! Herzlichen Glückwunsch!

Was bedeuten solche Entwicklungen für Oberhausen? Richtig, die Klimaziele können so nicht erreicht werden. Und: Es werden wieder Bürger*innen abgehängt. Diejenigen, die sich kein Auto leisten wollen oder können .Diejenigen, die Vereinbarkeit hinbekommen müssen und oft nicht mobil sein können, weil mal wieder die Buslinie gekürzt wurde, weil der Fahrradweg im Nirgendwo endet oder weil man einfach nicht vernünftig von A nach B kommt.

Die Oberhausener Grünen-Fraktion hat acht Sitze im Stadtrat – und stimmte dem Haushalt 2023 nicht zu.
Die Oberhausener Grünen-Fraktion hat acht Sitze im Stadtrat – und stimmte dem Haushalt 2023 nicht zu. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Unsere Oberhausener Familien, die gerade in den letzten Jahren so viel schultern mussten. Unsere Kinder und Jugendlichen, die sämtliche Coronarichtlinien ertragen haben, werden in Oberhausen weiter abgehängt. Sie wollen Beispiele? Fehlende Kitaplätze, inklusive fehlendes Fachpersonal. Kein flächendeckendes Konzept für die Offene Ganztagsschule (OGS), das neben Quantität auch Qualität garantiert. Fachkräftemangel in der Kinder- und Jugendhilfe. Wo sind wirkliche Freizeitflächen für Jugendliche, denn wir meinen jetzt keine Sportflächen, die gerne so deklariert werden. Wo sind in den ganzen Punkten Ihre Strategien? Wonach handeln Sie?

Es sind immer die großen Prestigeprojekte, die hervorgehoben werden, die gelobt werden. Aber anstelle die „schönen“, also für Sie „schönen“ Flicken eines Teppichs zu loben, sollten Sie sich um die Nähte kümmern, die diesen zusammenhalten. Beispiele habe ich zuvor genug genannt.

Und auch hier möchten wir allen Institutionen, religiösen Gemeinschaften, Vereinen und Einzelpersonen danken. Eine Institution möchte ich an dieser Stelle benennen, stellvertretend für die vielen engagierten Menschen, organisiert oder einzeln, in unserer Stadt: die Tafel. Die Tafeln treffen die vorhandenen Krisen nun mehrfach. Leider sind sie noch stärker zu einer wichtigen Stütze geworden und ohne sie würde ein Stück Menschlichkeit, aber auch Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit fehlen. Wir danken allen Mitarbeitenden und Unterstützer*innen.

Grüne fordern tiefgreifende Beschlüsse gegen den Klimawandel in Oberhausen

Nun komme ich auf die 22 Grad im November zurück. Der Klimawandel, der auch uns immer mehr und häufiger trifft: Dürre, Hitze, Wasserknappheit und Stürme, nur ein Bruchteil mit dem wir uns auch in Oberhausen auseinandersetzen müssen. Alle leiden: die Pflanzen, die Tiere und die Menschen. Bislang hieß es: Es darf so nicht weitergehen. Aber: Es kann so nicht mehr weitergehen! Wir müssen ganz konkrete Veränderungen in unserer Kommune herbeiführen.

Die Zeiten der Symbolpolitik, des Greenwashings müssen beendet werden! Die kürzlich gepflanzten 144 Bäume sind ein Paradebeispiel dafür, wie die Stadtspitze mit diesem Thema umgeht. Denn das Geld ist aus dem Topf der gefällten Bäume, das durch die Baumschutzsatzung eingenommen wurde. Dafür lässt man sich nicht feiern, sondern das ist eine regelrechte Pflicht, dass diese Gelder verpflanzt werden. Und sind Sie bislang selbst auf die Idee gekommen, sich nachvollziehbar um den Zustand unserer Bäume zu kümmern? Erst auf unsere Initiative hin gibt es nunmehr einen regelmäßigen Bericht über den Zustand unserer Bäume.

Was ist mit dem Flächenfraß, der beständig von den großen Fraktionen und der Stadtspitze vorangetrieben wird? Siehe das Beispiel des Geländes des ehemaligen Hallenbades Osterfeld. Es wundert leider nicht, dass unser Vorschlag, nicht zu bebauen, von CDU und SPD abgelehnt wird. Aber wir geben nicht auf, was unser erneuter Antrag zur Solarpflicht zeigt. Es ist mehr als traurig, dass erst eine Energiekrise, erzeugt durch einen Krieg zum zögerlichen Umdenken im Oberhausener Rat führt. Wir wären heute im Ausbau der Erneuerbaren viel weiter, wenn wir mit unserem Anliegen, die Photovoltaik in die Stadt zu bringen - übrigens Anfang 2021 - nicht auf die Abwehr von CDU und SPD gestoßen wären.

Grüne tragen den Oberhausener Haushalt 2023 nicht mit

Wir müssen jetzt handeln! Und wenn Sie die Aktionen der „Letzten Generation“ für unsinnig oder gar unanständig halten, dann zeigen Sie doch wenigstens hier, dass auch Sie dem Klimawandel entgegentreten wollen. Die gewählten Aktionen der Klimaaktivist*innen und deren Radikalität zeigen doch deren Verzweiflung. Wir sind der „Letzten Generation“ ihre Zukunft schuldig. Denn wenn wir etwas gegen den Klimawandel und für die Zukunft unserer nächsten Generationen unternehmen würden, dann müsste die „Letzte Generation“ diese Aktionen erst gar nicht machen.

Zeigen Sie, dass auch wir in der Kommune durch konkrete Beschlüsse dazu beitragen können, wollen und müssen. Lassen Sie uns Klima- und Umweltpolitik zur Pflichtaufgabe machen. Lassen Sie uns das Greenwashing beenden und wirklich nachhaltige Stadtentwicklung vorantreiben. Nachhaltige Mobilität. Nachhaltiges Bauen. Entsiegelung, wo es möglich ist und der Natur und den Menschen Raum zurückgeben. Solange sich diese notwendigen Forderungen von uns Grünen nicht deutlich im Haushalt ablesen lassen, können wir diesen auch nicht mittragen.“

Die AfD

Die AfD-Fraktion besteht aus vier Mandatsträgern im Oberhausener Stadtrat. Sie hat gegen den Haushalt 2023 gestimmt. Es redete der Fraktionsvorsitzende der AfD, Wolfgang Kempkes:

„Haushalt – was ist das eigentlich? Es handelt sich um eine ökonomische Größe, der Zusammenstellung einer Finanzwirtschaft. Wirtschaften beinhaltet rationelles Handeln von Einheiten; hier der Kommune. Der Handlungsrahmen des städtischen Haushalts definiert sich unter anderem durch rechtliche Verpflichtungen, Zukunftsorientierung, ökonomische Prinzipien, die Einnahmen- und Einkommenssituation. Aber auch durch politisch-ideologische Vorstellungen und menschliche Kompetenzen.

Daraus ergeben sich Zielkonflikte! Priorität sollen im Haushalt die Daseinsfürsorge und der Erhalt der Infrastruktur genießen. Was gehört zur Daseinsfürsorge? Ist es ein millionenschwer subventioniertes Theater, ohne besondere Relevanz für die Bürger unserer Stadt? Die Stadt versenkt von 2022 bis 2025 circa elf Millionen Euro, davon 8,1 Millionen Euro unter dem Stichwort „Klimawandel“, in diese belanglose Beschäftigungseinrichtung. Es rächt sich, was von niemandem hier kritisch hinterfragt wird.

Die vierköpfige AfD-Fraktion im Oberhausener Stadtrat, allen voran Fraktionsvorsitzender Wolfgang Kempkes. Um ihn herum sitzen Jörg Lange (rechs), Hartmut Mumm und Erich Noldus (von links).
Die vierköpfige AfD-Fraktion im Oberhausener Stadtrat, allen voran Fraktionsvorsitzender Wolfgang Kempkes. Um ihn herum sitzen Jörg Lange (rechs), Hartmut Mumm und Erich Noldus (von links). © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Neben der Kürzung dieses Haushaltspostens auf ein realistisches Maß fordern wir als weiteren Schritt die Neustrukturierung der Verwaltung, insbesondere des Dezernates 1, Finanzen und Kultur. Ein wichtiger Schritt zur zukünftigen Minimierung von Auswüchsen eines aufgeblähten Kulturhaushaltes als Indikator für ideologiebasierte Klientelpolitik, ist die zwingend erforderliche Trennung der Ämter „Stadtkämmerer“ und „Kulturdezernent“. Diese derzeit praktizierte Doppelfunktion ist zwar rechtlich zulässig, verstößt aber mit benanntem Ergebnis gegen ein in der Demokratie sinnvolles Abstandsgebot zwischen Interessenparteien. Insbesondere auch deshalb, weil Herr Tsalastras mit einem zweifelhaften Kulturbegriff eine luxusverwöhnte linke Subkultur aus den Realitäten der Arbeitswelt hinaus subventioniert.

AfD: Muscial-Standort Oberhausen ist tot!

Nahtlos fügt sich eine von Ihnen, meine Damen und Herren, durchgewunkene Ruine „Metronomtheater“ ein. Der Musical-Standort Oberhausen ist tot! Das sind Realitäten und die von Ihnen beschlossene Zementierung dieser Halle auf Kultur wird bestenfalls weitere räumliche Begehrlichkeiten soziokultureller Zentren im subventionierten Ausbreitungsmodus wecken. Warum ist der Standort tot? Fehlende Kaufkraft. Und darum sind wir im Bereich der Wirtschaftspolitik.

Im Zwischenbericht „Masterplan“ 2019 wird die mangelnde Kaufkraft innerhalb der Stadtgesellschaft festgestellt. Die Betrachtung einer inflationsbereinigten Kaufkraftentwicklung pro Kopf würde die Abwärtsspirale der Kommune aufzeigen. Sie fand im Rahmen dieses Zwischenberichtes nicht statt. Warum wohl? Der „Masterplan Wirtschaft“ fordert eine Revitalisierung der Innenstädte. Was wurde erreicht? Die Internationalisierung der Innenstädte, als Ergebnis auch Ihrer praktizierten „Willkommenskultur“, ist mit all ihren Erscheinungsformen deutlich sicht- und erlebbar festzustellen. Der Einfluss dieser Entwicklung auf die Kaufkraft beruht fast ausschließlich auf alimentierten Finanzmitteln. Die derzeit vorgenommene Umverteilung von Kaufkraft vom Steuerzahler zum Leistungsempfänger erhöht somit nicht die kommunal wirksame Kapitalmenge. Das Gegenteil ist der Fall.

AfD: Stadt setzt Prioritäten beim Wirtschaftsstandort Oberhausen falsch

Die in Oberhausen dringend benötigte echte Kaufkrafterhöhung, welche nur über zusätzliche wertschöpfende Arbeitsplätze, sprich Unternehmensansiedlung, erfolgen kann, wurde dilettantisch gehandhabt. Einer möglichen Unternehmensansiedlung von Amazon begegneten Verwaltung und Politik mit scheinbar erforderlichen Verkehrsgutachten, anstelle einer hier sinnvollen und angebrachten Willkommenskultur. Die Prioritäten in Bezug auf den Wirtschaftsstandort Oberhausen sind falsch gesetzt.

Nach Tychy, unserer Partnerstadt, reiste keine Expertendelegation, die Möglichkeiten für unsere Wirtschaft auslotete: Man besucht ein Gitarrenfestival und kehrt mit leeren Händen und bestenfalls wohlwollenden Absichtserklärungen zurück. Außer Spesen nichts gewesen! Wir fordern eine stärkere Einbindung von unseren Unternehmen und zuständigen Wirtschaftsverbänden in die Belebung unserer Städtepartnerschaften! Vergleiche hinken. Aber historisch betrachtet, war der wirtschaftliche Austausch in der Blütezeit der Hansestädte eine starke Triebkraft für Entwicklung und Wohlstand. Auch in diesem Zusammenhang erneuern wir unsere Forderung nach einer Städtepartnerschaft mit einer israelischen Kommune!

Die vierköpfige AfD-Fraktion im Oberhausener Stadtrat: Fraktionsvorsitzender Wolfgang Kempkes, Erich Noldus, der stellv. Fraktionschef Jörg Lange und Hartmut Mumm (von links).
Die vierköpfige AfD-Fraktion im Oberhausener Stadtrat: Fraktionsvorsitzender Wolfgang Kempkes, Erich Noldus, der stellv. Fraktionschef Jörg Lange und Hartmut Mumm (von links). © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Die Stadt als Beute: In der Betrachtung von Nähe und Distanz zwischen Verwaltung und Politik zur Wirtschaft fällt auf anderem Gebiet eine weitere ungesunde Entwicklung auf. Neben bereits benannter Abschirmungspolitik des Kulturdezernenten findet in Oberhausen eine Stadtentwicklungspolitik der besonderen Art, mit Ihrer Billigung und Unterstützung, statt. Der Stadtteil- und Bauentwicklung hat sich ein Dreigestirn Schranz – Plasmeier – Möbius verschrieben.

Die hier praktizierte Nähe, die in Fachkreisen sogar als toxisch bezeichnet wird, führt perspektivisch zu folgender Entwicklung: Mit unrealistischen Heilsversprechen, für deren Umsetzung die entsprechenden Pläne bereits in den Unternehmensschubladen liegen – Stichwort „Masterplan Neue Mitte“ – wird medienwirksam Imagepflege betrieben. Diese wird von der Berichterstattung durch die Funke-Medien-Gruppe dankbar und unreflektiert aufgenommen und transportiert. Schöne, heile Zukunft! Strandbad, Seilbahn und Fotos eines bäumchenpflanzenden Oberbürgermeisters machen die Illusion perfekt. Ein gesteigertes Interesse von Sparkassenmitarbeitern an Eigentumsobjekten im Bereich geplanter Wohnbebauung sei nur am Rande erwähnt.

AfD: Hier sitzt eine merkwürdige Allianz selbsternannter Demokraten

Unrealistische, weil nicht seriös finanzierbare Ankündigungen, sorgen für Enttäuschungen, aber der Oberbürgermeister will im Jetzt und Hier punkten und verlegt die Konsequenzen auf Übermorgen, sprich: zukünftige Generationen. Vergleichsweise kleinere und realistischere Projekte, wie eine durchgreifende Entwicklung von Alt-Oberhausen, einschließlich der angekündigten Verlegung des Rotlichtbezirks, gingen sang- und klanglos unter. Denn der Oberbürgermeister hat Größeres im Sinn! Die in Hinterzimmern organisierte Vorgehensweise verantwortlicher Politik lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die SPD verteilt auf Pump und die CDU widmet sich der Bau- und Immobilienbranche. Hierzu gesellen sich noch die Grünen, die sich darüber ärgern, hier nicht mitregieren zu dürfen. Dazu noch eine FDP, die bis zur politischen Unkenntlichkeit, bettelnd mit ihren Anträgen, zwischen den – noch – großen Fraktionen hausiert.

Diese merkwürdige Allianz selbsternannter Demokraten trifft hier auf eine gescheiterte Stadtverwaltung. Ihr Scheitern würde in der freien Wirtschaft den Insolvenzverwalter auf den Plan rufen, in öffentlichen Haushalten die Haushaltssicherung, Nothaushalte und den sogenannten Sparkommissar. Selbsternannte Demokraten haben also der Demokratie einen Bärendienst erwiesen. Die kommunale Unabhängigkeit der Stadt Oberhausen ist spätestens jetzt nicht mehr existent! Die D-D-R-isierung unserer Stadt ist durch Sie, meine Damen und Herren, vollzogen worden.

AfD sieht Konsequenzen bei den künftigen Wahlen

Aber es bleibt Hoffnung! Im demokratischen Rechtsstaat kann keine Verwaltungsspitze und keine selbsternannte Demokratenpartei so schlecht agieren, dass sie nicht ausgetauscht werden kann. Zunehmend wird erkannt, dass sich Zahlenmaterial und Personal als das Resultat einer negativen Auslese darstellen. Die Konsequenzen werden wir an den Wahlurnen erleben. Ohne historische Aufarbeitung der Schuldenentwicklung und daraus gewonnenen Einsichten lehnen wir nicht nur den Haushalt, sondern auch die Schuldenübernahme, durch wen auch immer, ab. Die Bürger unserer Stadt haben Besseres verdient als diese noch schöngefärbte Bilanz des Versagens! Ich schieße mit einem Zitat von Huxley: „Fakten hören nicht auf zu existieren, nur weil man sie ignoriert.“

Die Linken

Die Linken (drei Sitze) lehnten den Haushalt 2023 wie auch die Haushalte der Vorjahre ab; es redete der Fraktionsvorsitzende der Linken, Yusuf Karacelik:

„Ein weiterer unsolidarischer Haushaltsplan liegt vor uns. Unsolidarisch, weil ein kleiner Teil dieser Gesellschaft, der Teil, der auf 90 Prozent des Vermögens in diesem Land sitzt, sich nicht am Unterhalt des ihn so treu umsorgenden Staates beteiligt. Unsolidarisch, weil dadurch die Ungleichheit zwischen Armen und Reichen jeden Tag vergrößert wird.

Die Buchführungszaubertricks, mit denen die Kosten der Pandemie und die durch den Krieg in der Ukraine hervorgerufenen aufgefangen werden, wären nicht notwendig, wenn diese Drückeberger:innen gesetzlich zur Beteiligung verpflichtet wären. Seit Jahren lassen Bundes- und Landesregierungen die Kommunen ausbluten! Statt des angeblichen Silberstreifs am Horizont werden sich die Diskussionen auch in den nächsten Jahren um die Frage drehen, wo noch was weggekürzt werden kann.

Linke fordern Vermögensabgabe für Superreiche

Währenddessen wissen die Einkommensmillionäre und Vermögensmilliardäre kaum noch, wohin mit ihrem Geld. Viele von ihnen haben von der Krise profitiert, wenn man nur an die Familien Albrecht, Schwarz, Klatten, Quandt und Haub denkt. Wir Linke fordern seit langem eine Vermögensabgabe für Superreiche, und mit Vermögensabgabe meinen wir - anders als die CDU - nicht, dass Gelder als Provision an Politiker fließen sollen. Diese Vermögensabgabe muss den Kommunen zugutekommen, um die notwendige Daseinsvorsorge wieder aufzubauen und die unsägliche Zerschlagung des öffentlichen Sektors zurückzunehmen. Darüber hinaus fordern wir die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer, die früher als Landessteuer überwiegend den Kommunen zu Gute kam und wieder kommen soll.

Die dreiköpfige Linken-Ratsfraktion in der Ratssitzung am Montag: Heike Hansen, Yusuf Karacelik und Petra Marx (von links).
Die dreiköpfige Linken-Ratsfraktion in der Ratssitzung am Montag: Heike Hansen, Yusuf Karacelik und Petra Marx (von links). © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Wenn wir Innenstädte lebendig halten wollen, brauchen wir stationären Handel, lebendige Kultur und gute Gastronomie, einen guten öffentlichen Nahverkehr und ein nachhaltiges Wirtschaften mit unseren begrenzten Ressourcen. Wir müssen den vielen Menschen, denen die Pandemie gesundheitlich, finanziell und sozial zugesetzt hat, Perspektiven bieten können. Das gilt insbesondere für Kinder und Jugendliche, die besonders unter der Situation leiden. Daher haben wir mit unseren jüngsten Anträgen, wie die zur finanziellen Entlastung der freien Jugendhilfeträger oder zur Frage der Energiesperren die Initiative ergriffen, um noch schlimmere Belastungen für die Menschen in Oberhausen abzufedern. Nun müssen konkrete Schritte folgen.

Die finanziellen Forderungen der Oberhausener Linken an Bund und Land

Um das zu erreichen, bedarf es finanzieller Mittel, bedarf es eines Aufschreis der Kreise und Kommunen gegenüber dieser Bundesregierung. Es muss mehr gewollt und größer gedacht werden! Erstens: Die Kommunen benötigen höhere Schlüsselzuweisungen, einen höheren Anteil an dem Steueraufkommen. Zweitens: Bei der Übertragung von (Pflicht-) Aufgaben muss das Konnexitätsprinzip („Wer bestellt, muss auch bezahlen“) vollständig durchgesetzt werden (§ 3.4 GO NRW / Art. 104a Grundgesetz). Drittens: Es muss eine rasche Lösung für die Altschulden geben (Altschuldenfonds für Kommunen auf Landes- und Bundesebene). Viertens: Das System der Fördertöpfe, also Sonderfinanzierungen über Europa-, Bundes- und Landesprogrammen muss zugunsten von verstetigten Zuweisungen zumindest überholt und entbürokratisiert werden. Fünftens: »Sonderfonds« für Corona, Ukraine oder wie auch immer sie zukünftig heißen mögen, dürfen nicht zu Lasten der Gemeinden gehen. Eine Abschreibung der Kosten in 2025 komplett oder ab 2025 über 50 Jahre verschiebt die Kosten nur an spätere Generationen.

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Eine Stadtgesellschaft benötigt aber mehr, um zusammengehalten zu werden! Wir sehen, dass die Schlangen vor der Tafel immer länger werden. Die Preise für Lebensmittel, Strom und Gas gehen durch die Decke. Immer mehr Menschen müssen wegen der gestiegenen Preise eine Mahlzeit ausfallen lassen. Sie wissen nicht mehr, wie sie über den Monat oder über den Winter kommen sollen. Gleichzeitig verzeichnen die Konzerne mit Krieg und Krise außerordentliche Gewinne, wird der Club der Superreichen größer. Shell hat im zweiten Quartal seinen Gewinn verfünffacht (17,8 Milliarden Euro). Während die Lebensmittelpreise explodieren, sind unter den zehn reichsten Deutschen gleich drei Besitzer:innen von Lebensmittel-Discountern.

Wir sagen: Es reicht! Strom, Heizen, Lebensmittel, Bus und Bahn müssen für alle bezahlbar sein. Manche gewinnen immer, wenn die Regeln nicht geändert werden. Deswegen müssen Bund und Länder dafür sorgen, dass die Entlastung von den Preissteigerungen sozial gerecht ist und Ungleichheit abgeschafft wird. Was aber tut die Regierung? Statt den Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen zu helfen, die sich mehrere Tausend Euro Nachzahlung für die Heizung nicht leisten können, plant sie eine Steuerreform, bei der 70 Prozent der Entlastungen den 30 Prozent mit dem höchsten Einkommen zugutekommen. Wieder ein Programm der Verteilung des Reichtums von unten nach oben!

Oberhausener Linke verlangen eine Übergewinnsteuer

Krieg, Krise und Inflation heizen die soziale Ungleichheit weiter an. Was tut die Regierung? Sie verzichtet auf die Übergewinnsteuer, die bis zu 100 Milliarden Euro einbringen könnte. Es ist höchste Zeit, dass sich was ändert. Es ist höchste Zeit für die Abschaffung der Ungleichheit! Das Entlastungspaket der Regierung fördert die soziale Spaltung! Bei den Direktzahlungen des »Entlastungspakets« der Regierung bekommen alle mit Erwerbseinkommen 300 Euro – auch Vielverdienende. Wer Hartz IV bezieht und in Armut lebt, bekommt einmalig 100 Euro (plus 100 Euro Corona-Bonus). Das ist zutiefst ungerecht!

Seit langem fordert die Linke Liste, dass es mehr Personal beispielsweise im Bereich der Ausländerbehörde, dem Meldewesen oder im Erziehungswesen bedarf. Wir erkennen, dass in einigen Bereichen der Verwaltung die Personalsituation verbessert wurde – natürlich ausgenommen die unsäglichen Befristungen. Das ist aber nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.

Yusuf Karacelik, der Vorsitzender der dreiköpfigen Oberhausener Ratsfraktion, bei einer Demonstration im Sommer 2022 auf dem Friedensplatz.
Yusuf Karacelik, der Vorsitzender der dreiköpfigen Oberhausener Ratsfraktion, bei einer Demonstration im Sommer 2022 auf dem Friedensplatz. © FUNKE / Foto Services | Gerd Wallhorn

Auch in anderen Bereichen ist die Politik der Stadt nicht bereit, auf die Bedürfnisse der Menschen einzugehen. In diesem Sommer wurde während der Hitzeperiode noch einmal deutlich, wie notwendig es ist, für alle Menschen nutzbare städtische Freibäder zu haben. Die bisherigen Angebote reichen bei weitem nicht aus und sind leider für viele Menschen nicht erschwinglich. Die Linke Liste hat sich immer gegen Schwimmbadschließungen ausgesprochen und fordert seit Jahren den Bau eines neuen Freibades. Leider verstecken sich Rat und Verwaltung immer noch hinter längst beschlossenen Prüfaufträgen, anstatt das wirklich Notwendige in den Blick zu nehmen.

Linke fordern Maßnahmen gegen den Wohnungsmangel

Wirklich inakzeptabel bleibt auch die standhafte Weigerung aller anderen Fraktionen in diesem Hause, wirksame Maßnahmen gegen den Wohnungsmangel zu ergreifen. Eine städtische Wohnungsbaugesellschaft, die den Wohnungsmarkt reguliert und guten und günstigen Wohnraum zur Verfügung stellt, ist doch logisch und vor allem notwendig. Wir sehen gerade in unserer Stadt, wie es nicht geht. Wie Wohnungspolitik nur für Besserverdienende und Reiche gemacht wird. Wie Menschen ohne Einkommen in Schimmelbuden sitzen. Wie Wohnraum verkommt, wie Spekulanten den Wohnraum verknappen und dann Profit damit machen. Als kommunale Politik sind wir aber den Menschen verpflichtet, nicht dem Profit der Wohnungskonzerne!

Man könnte auch sagen, »…und täglich grüßt das Murmeltier«. Die Stadt Oberhausen wird perspektivisch immer vor der Frage stehen, was will man gegeneinander abwägen und zusammenkürzen. Ist es die Instandhaltung städtischer Liegenschaften oder wollen wir mehr Mittel für eine ordentliche Ausstattung des offenen Ganztages.

Es wird eine zunehmende Elendsverwaltung und der politische Einfluss des Rates wird zunehmend seiner Befugnisse beraubt werden. Solange die Kommunen, wie die Stadt Oberhausen, nicht durch Bund und Land in eine tragfähige, gestalterische Haushaltsposition versetzt wird, lehnen wir jeden Haushalt ab.“

Die Freien Demokraten (FDP)

Die zweiköpfige Ratsgruppe der FDP hat dem Haushalt 2023 in der Gesamtheit weder zugestimmt noch diesen abgelehnt – sondern sie hat sich enthalten; es redete der stellv. Fraktionsvorsitzende der FDP, Thomas Kattler:

„Krisen zwingen uns häufig zu Veränderungen! So sagten Sie, Herr Oberbürgermeister bei der Einbringung des Haushalts für das nächste Jahr. Nach einem weiteren Jahr Pandemie, Beginn des Krieges in der Ukraine, in einem Jahr voller Inflation, Fachkräftemangel und Wirtschaftskrise mutet ihr Zitat wie ein Satz an, der Hoffnung gibt, der Mut macht.

Mut zur Veränderung gewissermaßen. Mut, Dinge umzusetzen, die langfristig wirken, die uns dauerhaft nach vorne bringen. Hoffnung, dass Problemstellungen aus der Vergangenheit gelöst werden konnten, Hoffnung, dass es Licht am Ende des Tunnels gibt und es nicht der Gegenverkehr ist, der auf uns zurollt. Konkret: Hoffnung, dass der Haushalt versucht, die Einnahmenseite seriös zu steigern und die Ausgabenseite genauso ambitioniert in Grenzen hält.

FDP sieht den Ausbau an Personalstellen im Oberhausener Rathaus sehr kritisch

Mittlerweile das dritte Jahr mahnen wir im Rahmen der Aussprache zum Haushalt die Personalstruktur und die damit verbundenen Kosten aus dem Stellenplan an. Natürlich ist meckern leichter als machen, Herr Oberbürgermeister. Aber daraufhin zu schlussfolgern, wir, die FDP sei grundsätzlich gegen neue Stellen, ist falsch. Wir zollen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in unserer Verwaltung größten Respekt und begleiten sinnvolle Neuanstellungen im Rat der Stadt immer positiv mit – gerade im Rahmen der aktuellen Krisenbewältigung.

Vor dem Oberhausener Rathaus: FDP-Gruppengeschäftsführer René Bargatzky, FDP-Gruppenvorsitzender Marc Hoff und der stellvertretende GruppenvorsitzendeThomas Kattler (von links).
Vor dem Oberhausener Rathaus: FDP-Gruppengeschäftsführer René Bargatzky, FDP-Gruppenvorsitzender Marc Hoff und der stellvertretende GruppenvorsitzendeThomas Kattler (von links). © FUNKE / Foto Services | Gerd Wallhorn

Was wir – und ich betone – konstruktiv kritisieren, ist die Struktur der Verwaltung, die sich immer weiter aufbläht, es wird notdürftig ausgebessert anstatt reorganisiert. Wir fordern einfach mehr Effizienz. Lassen Sie uns endlich eine schlanke, bürgerfreundliche Verwaltung schaffen – lassen Sie uns unsere Idee vom One Stop Shop realisieren. Statt etlicher Wartemarken wollen wir einen Besuch beim Amt, der alles regelt.

Mehr Berichte zum Thema:

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Effizienz, das ist das Gebot zur Haushaltsoptimierung. Rein digitale Prozesse statt ausdrucken, ausfüllen, einscannen, wegmailen, abheften und archivieren. So beeindruckend er im siebten Stock des Rathauses noch zu bestaunen ist – die Zeiten des gigantischen Akten-Rollregals Compactus sollten im Jahr 2022 längst vorbei sein.

FDP: Kämmerer greift zu Buchhaltungstricks und Augenwischerei

Krisen zwingen uns häufig zu Veränderungen. Statt nachhaltigen Lösungen für die kommunalen Probleme zu liefern, stützt sich dieser Haushalt auf neue Isolierungen, also auf Buchhaltungstricks und Augenwischerei. Freilich, Herr Tsalastras, können wir Ihnen das nicht vorwerfen. Diese Maßnahmen sind nur die hilflosen Instrumente, die uns Land und Bund an die Hand gegeben haben. Hier – und da stimmen wir Ihnen zu, muss endlich eine umfassende Lösung für so hoch verschuldete Kommunen wie uns gefunden werden. Denn bei jetzigem eher niedrigem Zinssatz belasten diese Tricks alle weiteren Haushalte der nächsten 50 Jahre schon auf über vier Millionen Euro jährlich. Das dürfen wir unseren Kindern und Enkelkindern wahrlich nicht zumuten.Nennen wir es beim Wort: Wir machen hier nicht 200 Tausend Euro plus, nein – wir machen 87 Millionen Euro neue Schulden! Insgesamt sind es jetzt schon fast zwei Milliarden Euro.

Was tut man, wenn man Schulden hat? Man spart auf der einen und arbeitet mehr und härter auf der anderen Seite. Viele unserer Sparpotenziale sind aber noch nicht ausgeschöpft. Ich sagte es bereits, zum Beispiel eine neue Verwaltungsstruktur spart Kosten und schafft Effizienz. Auf der Einnahmenseite sieht es ähnlich aus. In vielen vergangenen Jahren funktionierte es immer so: Wir haben zu wenig Geld, also rauf mit den Hebesätzen von Gewerbe- und Grundsteuer. Das gibt fetten Ertrag und man kann sich weiter alles leisten. Leider ist das eine sozialdemokratische Milchmädchenrechnung. Bei den Daumenschrauben Hebesätze ist es wie zu Hause beim Heimwerken: Beim Schrauben gilt, die Steigerung von „fest“ ist „fester“ und danach kommt „ab“.

FDP: Hohe Gewerbesteuer lässt Unternehmen aus Oberhausen abwandern

Die hohe Gewerbesteuer hat zur Abwanderung von Unternehmen geführt. Daran sieht man, die Steigerung der Einnahmenseite geht anders: Lassen Sie uns Wirtschaftsflächen besser erschließen und Oberhausen zu einem besseren Standort machen. Neuansiedlungen schaffen Einnahmen durch Gewerbesteuer, neue Arbeitsplätze senken die Ausgaben für Sozialleistungen. Lassen Sie uns mit dem Masterplan Neue Mitte die Transformation Oberhausens in eine moderne Stadt nach vorne treiben. Lassen Sie uns zeigen, dass die Herausforderungen des Klimawandels und der Wirtschaft miteinander vereinbar sind, dass Wohlstand und Umwelt Hand in Hand gehen können.

Schauen ein wenig skeptisch rüber zur SPD-Ratsfraktion: Die FDP-Ratsherren Marc Hoff und Thomas Kattler (von links) in der Ratssitzung am 14. November 2022 in der Luise-Albertz-Halle.
Schauen ein wenig skeptisch rüber zur SPD-Ratsfraktion: Die FDP-Ratsherren Marc Hoff und Thomas Kattler (von links) in der Ratssitzung am 14. November 2022 in der Luise-Albertz-Halle. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Wie wir es schon im letzten Jahr angedeutet haben, lässt unsere politische Überzeugung es nicht zu, einem solchen Haushalt ein weiteres Mal zuzustimmen – wohl aber erkennen wir auch die positiven Ansätze an und werden uns nach sehr intensiver Beschäftigung aus diesem Grund extrem differenziert bei den einzelnen Abstimmungen verhalten, dennoch uns beim Gesamtwerk und der Satzung am Ende enthalten.

Es gibt durchaus auch Positives zu bemerken. Oberhausen hat auch in diesem Jahr wieder gezeigt, wie gut und effizient es Krisensituationen meistern kann. Darum müssen wir neben dem gebotenen Respekt auch einen großen Dank an unsere Verwaltung richten. Auch danken wir dem Kämmerer dafür, dass er bei den Investitionen zur Bildung keine Einschnitte vornimmt und sich hier auch flexibel zum Beispiel in Sachen Offener Ganztag gezeigt hat.

FDP sieht unhaltbare und katastrophale Situationen an Oberhausener Schulen

Wir haben keine Kohle mehr, unser Kapital sind wir, sind unsere Kinder, ist unsere Bildung. Hier dürfen wir nicht sparen. Leider sind die Zustände in unseren Bildungseinrichtungen desolat, unübertrieben katastrophal: Eine Realschulklasse, die seit den Sommerferien noch nicht eine einzige reguläre Deutschstunde gehabt hat, eine Grundschullehrerin, die über Tage hinweg gleichzeitig zwei Klassen in unterschiedlichen Klassenzimmern unterrichten musste und Studentinnen oder Studenten, die Hauptfächer allein unterrichten müssen.

Wir haben einen dramatischen Lehrkräftemangel, der die Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Lehrplans schon lange nicht mehr gewährleisten kann. Das ist leider nachweisbare harte Realität an Oberhausener Schulen – das glaubt man nicht, wenn man es selbst nicht gesehen hätte.

An den meisten dieser Fakten ist unsere Verwaltung freilich nicht Schuld – aber wir müssen sie – und wenn ich hier „wir“ sage, meine ich alle demokratischen Fraktionen und Gruppen, dabei unterstützen, diesen unhaltbaren Zustand zu beenden. Darum werden wir Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, in den nächsten Tagen anschreiben und in einem Arbeitsgespräch darum bitten, gemeinsam Lösungen zu finden, um unsere Stadt in Bildungsfragen nach vorne zu bringen und für Fachkräfte zu attraktivieren. Denn bei einer Sache sind wir sicher alle derselben Meinung: In einer Krise macht nur Einigkeit stark. Und das ist doch bei allen negativen Aspekten eine gute Nachricht, die Hoffnung gibt.“

Das Bündnis Oberhausener Bürger (BOB)

Das Bündnis Oberhausener Bürger (BOB) ist mit den beiden Ratsherren Peter Bruckhoff und Ulrich Lütte im Stadtrat vertreten. Die beiden stimmten für den Haushalt 2023 – obwohl sie daran und an der Stadtführung viel Kritik übten. Es redete Ulrich Lütte, stellvertretender Vorsitzende der BOB-Gruppe.

„Alle Jahre wieder. Wir von BOB sind immer wieder überrascht von der professionellen Selbstdarstellung der anderen Fraktionen und Gruppen. Danach haben wir in Oberhausen nur blühende Landschaften. Ist es Selbstbeweihräucherung oder das Pfeifen im Wald?

Oberhausen geht es schlecht, und jeder von uns trägt dabei hierfür mehr oder weniger Verantwortung. Lassen Sie endlich den Worten Taten folgen. Es wird immer wieder übersehen, was alles nicht getan wurde, und eine Kontrolle über die eingebrachten Anträge usw. findet nicht statt. Insbesondere ist es für uns von BOB ein großes Ärgernis, dass vielfach sogenannte Dringlichkeitsentscheidungen ohne Beteiligung der Gremien erfolgen, von denen bestimmt die Hälfte zeitmäßig in den zuständigen Ausschüssen hätte beraten werden können. Wir als Ratsvertreter sollen in diesen Fällen nur alles abnicken. Ist das die von unseren Bürgern gewollte Demokratie? Das ist nicht die vielbeschworeneBürgerbeteiligung.

BOB: Das Problem der Altschulden wird einfach nicht gelöst

Wieder wird – wie in all den Jahren zuvor – ein Haushalt besprochen, den wohl die Wenigsten verstehen. Der Kämmerer kann nur in die Glaskugel schauen und hoffen, dass sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben seinen Prognosen entsprechen. Egal, welche Landes- oder Bundesregierung gerade am Werk ist, das Problem der Altschulden wird nicht gelöst. Gleiches gilt für die Corona- und die Ukraine-Kosten. Werden verschoben und dürfen über 50 Jahre abgeschrieben werden. Die Stadt Oberhausen bekommt von der SPD, Bündnis 90/Grüne, FDP und der CDU nur Lippenbekenntnisse.

Dieses gilt auch insbesondere bei der Beteiligung an den Straßenausbaukosten. Es gibt eine halbherzige Lösung statt eines großen Wurfes. Sind die Politiker im Bund und im Land so abgehoben, dass sie die Sorgen und Nöte der Menschen einfach nicht mehr sehen?

Die beiden Ratsherren des Bürgerbündnisses BOB, Ulrich Lütte und Peter Bruckhoff (von links), stimmten dem Haushalt 2023 trotz aller Kritik an der Arbeit des Oberhausner Rathauses zu.
Die beiden Ratsherren des Bürgerbündnisses BOB, Ulrich Lütte und Peter Bruckhoff (von links), stimmten dem Haushalt 2023 trotz aller Kritik an der Arbeit des Oberhausner Rathauses zu. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Da werden Nebenhaushalte und Schattenhaushalte aufgemacht und den Städten aufgezwungen, von denen kein Mensch wissen kann, wie diese zusätzlichen Millionenschulden beglichen werden sollen. Wirtschaftsprüfer in Unternehmen würden bei diesem Sachverhalt Strafanzeige wegen Insolvenzverschleppung stellen. Es werden immer mehr Aufgaben ohne finanzielle Kompensation auf die Städte übertragen. Aufgaben ja, aber finanzielle Lösungsansätze kommen von keiner der Regierungsparteien aus Bund und Land. Die Regierungsparteien im Bund und im Land drücken sich vor der Verantwortung.

BOB wundert es, dass weder im Land noch im Bund ein Aufschrei der gewählten Oberhausener Abgeordneten erfolgt. Der schwarze Peter wird der jeweiligen anderen Partei zugeschoben. Es kommt immer darauf an in welcher Position die Partei ist. Nicht mehr in der Regierung, wird sofort vergessen, welche Fehler man selbst zu verantworten hat.

BOB: Konzepte und Beantragungen von Zuschüssen wurden veschleppt

Ein sehr gutes Beispiel auf Stadtebene geben die Kolleginnen und Kollegen der SPD und der Grünen. Es wird jetzt bemängelt, dass das Mobilitätskonzept noch nicht fertig ist. Dabei wird vergessen, dass die damalige Dezernentin aus der Grünen-Partei jahrelang das Konzept verschleppt hat. SPD und Grüne haben es hingenommen. Das gilt auch für die Beantragung von Zuschüssen von Land und Bund. Lange Jahre hat speziell die ehemalige Dezernentin der Grünen diese Beantragungen nicht durchgeführt. Und jetzt? Schuld sind immer die anderen.

In einigen Dingen muss man sich auch über den Oberbürgermeister und den Kämmerer wundern. Den Ratsmitgliedern wird scheibchenweise mitgeteilt, dass der Ratssaal um ein Vielfaches teurer wird, wie geplant. Aber die Rechnungen kommen ja auch so nach und nach und werden dann bezahlt. Seltsamerweise hat der Kämmerer dieses Geld wohl doch noch in seinem Haushalt gefunden. Oder gibt es jetzt auch in Oberhausen Schattenhaushalte?

So ganz nebenbei wurde der Rat über die Ansiedlung von Picnic unterrichtet. Das wäre alles bereits in den Bauanträgen für Edeka mit eingereicht. Wenn die Ratsdamen und -Herren das nicht gesehen haben, ist das wohl Pech. Und der damals zuständige Dezernent teilt dem Rat mit, dass er unter der hohen Arbeitsbelastung einfach vergessen hat dieses dem Rat mitzuteilen. Und damit Basta. Ist das die Art Eigenleben und Demokratieverständnis und Rechtsstaatlichkeit wie eine Verwaltung mit einem Rat umgehen darf? Wen wundert dann noch Politikverdrossenheit?

Ein ganz großes Ärgernis für BOB ist die nicht vorhandene Sauberkeit der Stadt. Es wird ja alles Mögliche getan, so die Aussage der Verwaltung. Aber die Vermüllung nimmt nicht ab. Da nützt auch „Supersauber Oberhausen“ nichts. BOB hat in Osterfeld und Alt-Oberhausen angeregt, dass die Bezirksvertretungen einen ständigen Tagesordnungspunkt „Dreckecken“ festschreiben. Abgelehnt. Wieder einmal wird der Versuch im Keim erstickt, aktiv Zeichen gegen die Verschmutzung in Oberhausen zu setzen.

Ein ganz unrühmliches Zeichen hat der Rat mit zwei Baumfällungen gesetzt. Am Wehrplatz wird ein uralter Baum gefällt, damit die Stoag dort im Namen der Umwelt eine Ladestation errichten kann. Nach Meinung von BOB hätte der Baum stehen bleiben können. Ein bisschen guter Wille, schon hätte man eine andere Möglichkeit gefunden. Das Gleiche gilt für den uralten Baum in Alstaden der angeblich dem Verkehr im Weg ist. Nur weil sich eventuell ein oder zwei Mal am Tag zwei Busse der Stoag begegnen, muss ein uralter Baum sterben? BOB bleibt dabei, dass eine Ampellösung an dieser Stelle geholfen hätte. Der Bürgerwille wurde wieder ignoriert.

Aber wir sind ja nur diejenigen, die immer nur meckern. Wir wollen der Verwaltung in einer Sache ein positives Urteil zukommen lassen. Endlich werden die von BOB vor Jahren beantragten und von den meisten Fraktionen abgelehnten Laubkörbe in unserer Stadt getestet. Dieser Test ist überflüssig. Man hätte sich nur in unserer Nachbarstadt Essen erkundigen müssen. Oder in Duisburg. Dort ist das seit längerer Zeit wohlerprobt. In Essen und Duisburg werden in diesem Jahr bereits 1800 Laubkörbe aufgestellt. Tendenz steigend. Wenn dieses in Essen und Duisburg funktioniert, warum noch der große Oberhausen-Test?

Wie in jedem Jahr werden von den meisten Mitgliedern des Rates die verkaufsoffenen Sonntage durchgewinkt. Ob sinnvoll oder nicht, egal, Hauptsache man hat einen Aufhänger in Form eines Festtages. BOB lehnt diese Sonntage ab, weil wir weiterhin der Meinung sind, dass eigentlich der alte Satz „Am Sonntag gehören Papa und Mama mir“ weiterhin gelten sollte.

BOB: Oberhausen ist im Würgegriff der Zahlen

Aber so oder so ähnlich waren die mahnenden Worte von BOB zum Haushalt 2021. Was ist passiert? Nichts. Natürlich ist auch dieser Haushalt wieder eine Planung. Oberhausen ist weiterhin im Würgegriff der Zahlen. Die Zinslast ist der größte Negativposten, Investitionen können weiter nur durch Aufnahme zusätzlicher Schulden getätigt werden.

Wir haben im vorigen Jahr gefragt, wo und an welcher Stelle der Kämmerer einen Ansatz zum Sparen findet? Eine Antwort haben wir nicht bekommen. Das Personal in der Verwaltung wird weiter aufgestockt, aber es gibt es keine Anzeichen für eine verbesserte Arbeitsleistung für die Bürger Oberhausens.

Parteiproporz war und ist immer noch ein Thema in der Verwaltung, auch wenn die Parteien wechseln. Das ist schädlich und rückwärtsgewandt. Hat sich etwas verändert? Als kleine Gruppe im Rat hat man auch dadurch oft genug das Gefühl, dass Verwaltungsbereiche einfach nur miteinander konkurrieren statt miteinander zum Wohl der Stadt und deren Bevölkerung zu arbeiten. Eifersucht darüber, dass der andere Bereich etwas Gutes vorgeschlagen hat. Nur beim Geldausgeben sind sich beinahe alle Bereiche einig. Warum soll man sich Gedanken über Einsparungen machen?

Wir als BOB-Gruppe haben im vorigen Jahr gefragt, ob man bestimmte Schreiben nicht per E-Mail-Anhang versenden könnte, um Papier und Porto zu sparen. Antwort: keine. In der Wirtschaft würden bei Fehlentscheidungen die entsprechenden Personen zur Verantwortung gezogen. Verwaltung ist kein Selbstzweck und hat neben den hoheitlichen Aufgaben auch die Ratsbeschlüsse umzusetzen und den Rat zu unterstützen.

Wir alle – Verwaltung und Rat – dürfen nur das gemeinsame Ziel haben: Zum Wohl der Einwohner Oberhausens zu arbeiten. Vielen Dank für das Zuhören und den kollegialen Applaus. Glückauf!“

Einzelratsherr Guido Horn (früher Offen für Bürger)

Guido Horn, Einzelratsherr im Oberhausener Stadtrat, lehnt den Haushalt 2023 ab. Hier seine Rede, die er nicht live vor Ort gehalten hat, sondern nur schriftlich einreichte:

„Wieder einmal darf der Rat einen Haushalt für das nächste Jahr mit seiner Zustimmung verabschieden und somit mitverantworten. Und erneut reden wir hier von einem Haushalt, der die finanziellen Möglichkeiten Oberhausens um ein Vielfaches übersteigt und den Schuldenberg für zukünftige Generationen weiter anwachsen lässt.

Mit Haushaltsisolierungen werden Ausgaben den Krisen auf separaten Konten zugeordnet, die dann den Haushalt 2023 laut Papier ausgeglichen abbilden. Dieses isolierte Haushaltsminus wird dann über Jahrzehnte ausgeglichen werden müssen, wobei wir aktuell davon ausgehen sollten, dass die dritte Krise, die Weltwirtschaftskrise, in diesem Haushalt unzureichend bis gar nicht berücksichtigt ist und somit der Schuldenberg, den wir heute isolieren und nicht dem Haushalt 2023 zusprechen, in kurzer Zeit von weiteren Schulden überrollt wird.

Einzelratsherr Guido Horn (früher Offen für Bürger, OfB) in der Ratssitzung am Montag, 13. Dezember 2021.
Einzelratsherr Guido Horn (früher Offen für Bürger, OfB) in der Ratssitzung am Montag, 13. Dezember 2021. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Nein, meine Damen und Herren, so kann und darf man nicht planen. Wir entscheiden heute über die wirtschaftlichen Möglichkeiten von Oberhausener:innen, die noch nicht einmal geboren sind. Wir lasten Ihnen bereits heute weitere Schulden auf, die sie in ihrer Zukunft zu finanzieren haben. Diese Generationen sind zu bedauern.

Lieber Herr Oberbürgermeister Schranz, lieber Herr Tsalastras, die Argumentation „wir sind nun einmal eine der ärmsten Kommunen Deutschlands“ kann ich nicht mehr hören, vor allem nicht mehr in den Medien von Ihnen, Herr Tsalastras, als Entschuldigung für ausbleibendes perspektivisches Denken. Mir fehlt von Ihnen, da spreche ich Sie beide auch persönlich an, der Ansatz etwas ändern zu wollen, nach Möglichkeiten zu suchen, aus der enormen Verschuldung teils auch selbst heraus zu kommen.

Horn: Wo finden wir in diesem Haushalt den Ansatz des Sparens?

Hier ist auch Eigeninitiative der Stadtspitze gefragt, nur zu jammern und an Land und Bund Forderungen zu stellen reicht nicht aus! Wo finden wir in diesem Haushalt den Ansatz des Sparens? Ein Signal Richtung Bürgerschaft, um den Willen aufzuzeigen etwas verändern zu wollen und nicht zu resignieren. Im Stellenausbau unserer Kommune mit Sicherheit nicht, denn hier ist die Stadt Oberhausen führend. Im Vergleich zu anderen Kommunen leisten wir uns zum Beispiel eine Stadtspitze mit Oberbürgermeister und sechs Beigeordneten mit ihren Dezernaten und dazugehörigen Teams. Und dies bei einer Größe des Stadtgebiets von 77 Quadratkilometern und rund 209.000 Einwohner:innen. Im Vergleich dazu leistet sich die Nachbarstadt Essen gerade einmal ein Dezernat mehr, das jedoch bei einer Stadtfläche von 210 km² und rund 583.000 Einwohnern. Ich darf feststellen, hier in Oberhausen stimmt die Verhältnismäßigkeit nicht, oder nicht mehr.

Hieran, Herr Oberbürgermeister, sollten wir uns messen lassen, an der Leistung im Verhältnis zur Einwohnerzahl und Größe der Kommune. Woran sonst? Ich kann diesem Haushaltsentwurf nicht zustimmen, auch wenn meine einzelne Stimme kaum eine Gewichtung hat, hoffe ich, wird sie wachrütteln um über wahre Veränderungen in und für Oberhausen nachzudenken und diese kurzfristig anzugehen.

Horn: Dezernenten sollen auf die Hälfte ihrer Gehälter verzichten

Abschließend mein Vorschlag zum Haushalt 2023: Lassen Sie uns ein Zeichen der Solidarität und des Aufbruchs setzen und verzichten wir gemeinsam auf 50 Prozent unserer Gelder für politische Arbeit und verzichten Sie, meine Herren der Stadtspitze auf 50 Prozent Ihrer monatlichen Gehälter. Damit können wir das Loch zukünftiger Haushalte nicht stopfen, aber zumindest reduzieren und signalisieren, dass wir alle die notwendige Anstrengung des Sparens angenommen haben und dies an den richtigen Stellen vornehmen. Bei Ausgaben, die nicht das Soziale und die Bildung betreffen.

Ich wünsche uns allen reichlich Ideen, um unsere Stadt finanziell besser aufstellen zu können. Für die Zukunft Oberhausens.“