Hattingen. Bluttat in Hattingen: Im April 1991 sticht ein Mann „wie ein Berserker“ auf eine Frau ein – die Obduktion ergibt aber eine andere Todesursache.
„Die Tat zeugt von einer Brutalität, die man nicht alle Tage sieht“, sagt Staatsanwalt Bernd Schmalhausen am 11. April 1991. „Die ganze Wohnung, sogar die Wände waren voller Blut“, beschreibt er das Szenario, das sich den Ermittlern tags zuvor an der Großen Weilstraße geboten hat. Der Tod der 37 Jahre alten Frau trat aber nicht durch die 48 Stiche mit einem Schraubenzieher, sondern durch Erdrosseln ein.
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Vater entdeckt die Leiche seiner Tochter
Der Vater hat die Tote entdeckt: Am frühen Nachmittag stellt er eine Leiter ans Haus und klettert auf den Balkon in der ersten Etage, weil er seine Tochter nicht erreichen kann. Es ist ein grausiger Anblick, der sich ihm durchs Fenster bietet: Seine Tochter liegt da, leblos, blutüberströmt. In der Nacht zuvor ist es hier zu einer Auseinandersetzung gekommen, die Details lassen sich erst nach und nach rekonstruieren.
Der Reihe nach: Gitta S. (37) und Thomas F. (31) lernen sich in einer Kneipe kennen, sie ziehen immer wieder durch die Hattinger Altstadt – so auch an diesem 9. April 1991. Die Frau kauft eine Flasche Sekt, fragt ihren Begleiter, ob er nicht mit zu ihr kommen wolle. Was danach in der Wohnung passiert ist, geht nur auf Aussagen des Täters zurück: Sie hätten miteinander schlafen wollen, plötzlich habe die Frau ihn aber bespuckt, geschlagen und als Versager beschimpft.
Erinnerung setzt ein, „als sie da lag, voller Blut“
Nach einem der Schläge sei er ausgerastet, gibt er später vor dem Schwurgericht zu, dann setzt seine Erinnerung aus und erst wieder ein, „als sie da lag, voller Blut“.
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Die Ermittler konkretisieren: Zunächst hat der arbeitslose Umschüler die Frau verprügelt und gewürgt, „anschließend mit einem spitzen Gegenstand, vermutlich einem Schraubenzieher, wie ein Berserker auf die Sterbende eingestochen“, so Staatsanwalt Schmalhausen. Neben den Stichen habe er der Putzhilfe auch mit einem Faustschlag das Nasenbein gebrochen – und durch Erdrosseln ihren Tod herbeigeführt, wie es die Obduktion ergibt.
15-köpfige Mordkommission eingesetzt
Es wird eine 15-köpfige Mordkommission gebildet, die ihre Suche aber zunächst ohne Ergebnis abbricht. Erst als F. davon erfährt, dass nach ihm gesucht wird, meldet er sich bei der Polizei – selbstsicher und offen spricht der Mann, der bereits wegen mehrerer Eigentums-Delikte vorbestraft ist.
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Er verstrickt sich mehr und mehr in Widersprüche. Beamte suchen seine Wohnung an der Bruchstraße auf, finden frisch gewaschene und noch feuchte Jeans und ein T-Shirt. Und sie finden Blutspuren an seinen Turnschuhen und an einem Päckchen Tabak – als dies bekannt wird, legt F. gegen 2 Uhr in der Nacht sein Geständnis ab.
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An den zwei Verhandlungstagen vor dem Schwurgericht vervollständigt sich das Bild. Ein Freund des F., der sich einige Stunden nach der Tat mit ihm getroffen hat, gibt einen Satz aus ihrem Gespräch zu Protokoll: „Erst das Geld vom Sozialamt versaufen und dann mich nicht dranlassen.“
Sie hinterlässt eine sechsjährige Tochter
Gitta S. habe gerne gelebt, sie war geschieden, hat eine sechsjährige Tochter, die hauptsächlich im Haus der Großeltern lebt.
Zeugen – Freunde des Täters – wollen diese Lebensumstände in ein schlechtes Licht rücken, doch das lässt Richter Esders nicht zu. „Da ist ein Mensch gewaltsam aus dem Leben gerissen, das Kind der alleinstehenden Frau ist zur Waise gemacht worden. Den Eltern ist die Tochter genommen worden“, sagt der Kammer-Vorsitzende.
Urteil wegen Totschlags
Die Anklage gegen Thomas F. vor dem Essener Schwurgericht lautete auf Totschlag – wegen erheblich verminderter Schuldfähigkeit. Dem folgte die Kammer, weil der Täter durch Alkoholgenuss eingeschränkt war.Richter Esders machte allen Zweiflern beim Urteil deutlich: „Es gibt keine Zweifel. Der Angeklagte hat ein Geständnis abgelegt. Außerdem war an seiner Kleidung und Schuhen das Blut der Toten.“
Esders fasst zusammen: Thomas F. habe im Bett versagt, sie wollte ihn vor die Tür setzen. „Dadurch ist er verletzt. Er rastet aus und schlägt sie ins Gesicht. Anschließend würgt er sie bis zum Tode.“ Mit „Bestrafungs-Charakter“ bezeichnet der Richter die 48 Stiche, die der Täter der Frau nach dem Tod versetzt. Er spricht hierbei von „widerwärtigen Begleitumständen“.
Der Angeklagte wird vom Schwurgericht zu acht Jahren Gefängnis verurteilt – ein Jahr mehr als der Antrag des Staatsanwalts.
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