Hattingen. Der heißeste Tag im Sommer 1980: Weil es vier jungen Menschen am Ruhrufer in Hattingen zu warm wird, gehen sie schwimmen. Ein fataler Fehler.

Die Ruhr ist lebensgefährlich, ihre Strudel tödlich: Drei Schwimmer – zwei Männer (22 und 27) und eine Frau (32) – kommen ums Leben, nachdem sie die lauten Warnungen der Ortskundigen ignoriert haben. Und sie bringen auch ihre Retter in Gefahr, denen es letztendlich aber gelingt, eine junge Frau (22) nach einem Herzstillstand ins Leben zurückzuholen.

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Es ist ein schöner, ein heißer Sommertag an diesem Samstag im Juli 1980. Zwölf junge Menschen wollen der Hitze entfliehen und machen sich auf zu den Ruhrwiesen unterhalb des Hattinger Wehrs. Gegenüber des Campingplatz’ Stolle packen sie Decken und einen Campinggrill aus. Es gibt Würstchen, sie fläzen sich in der Sonne, genießen das Wochenende.

Als es ihnen zu warm wird, suchen sie Erfrischung im Fluss

Nur noch tot aus Ruhr gezogen wurde Gisela A., die sich mit drei anderen ins Wasser gewagt hatte.
Nur noch tot aus Ruhr gezogen wurde Gisela A., die sich mit drei anderen ins Wasser gewagt hatte. © WAZ | Hans-Peter Schuffert

Als es vier von ihnen zu warm ist, suchen sie Erfrischung im Fluss. Doch die Ruhr führt nach dem Regen an den vorangegangenen Tagen noch etwas Hochwasser, sie ist ein gurgelndes Ungetüm. Das merken auch Gisela A., Sigrid R., Rainer T. und Reiner H. schnell. Also klettern sie über Absperrungen, um oberhalb des knapp 50 Zentimeter hohen­ Wehrs ins Wasser zu gehen.

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Hier schwimmen sie, sind entspannt und machen Späße. Sie beschließen, sich von der Strömung aufs Wehr zutreiben zu lassen, damit sie leicht wieder nach unten kommen und nicht mehr über die Absperrungen kraxeln müssen.

Sonnenanbeter an den Uferseiten versuchen die Schwimmer noch zu stoppen

Das sehen Sonnenanbeter an beiden Uferseiten. Mit dem Wissen, dass hier nur wenige Wochen zuvor zwei Menschen ertrunken sind, versuchen sie die Schwimmer zu stoppen. „Zurück, zurück“, rufen sie, doch es ist schon zu spät: Die Wasserwirbel reißen die Frauen und Männer in die Tiefe. Gisela A. und Sigrid R. tauchen wieder auf, die beiden Männer werden aber nicht mehr gesehen.

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Dutzende an den Ufern – darunter die acht Angehörigen, Freunde und Kinder – beobachten entsetzt das Drama. Der Ehemann von Sigrid R. und ein Rettungsschwimmer springen ins Wasser, um den Ertrinkenden zu helfen, andere alarmieren Feuerwehr und die Polizei.

Die Leicht von Gisela A. wird in einem Sarg abtransportiert, während die Suche nach den vermissten Männern weiterläuft.
Die Leicht von Gisela A. wird in einem Sarg abtransportiert, während die Suche nach den vermissten Männern weiterläuft. © WAZ | Hans-Peter Schuffert

Den Männern gelingt es, die beiden Frauen an Land zu ziehen. Gisela A. ist bereits tot, bei Sigrid R. setzt kurz darauf der Herzschlag aus. Ihr Mann bricht erschöpft zusammen, eine Freundin erleidet einen Schock.

Bisher sind in der Reihe der Akte Hattingen erschienen:

Das kleine Wunder inmitten dieser Tragödie gelingt einer Bereitschaftsärztin und einigen Feuerwehrleuten. 20 Minuten kämpfen sie um das Leben von Sigrid R., machen Herzmassagen und ständige künstliche Beatmung – nach einer kreislaufstärkenden Spritze und einer Infusion beginnt ihr Herz dann plötzlich wieder zu schlagen. Im Krankenwagen wird sie wach, lallt schon die ersten Worte. Später, auf der Intensivstation des Evangelischen Krankenhauses, normalisiert sich ihr Blutdruck recht schnell, schon am nächsten Tag geht es der Patientin den Umständen entsprechend wieder gut.

Rettungs- und Suchaktion mit 25 Einsatzkräften

25 Einsatzkräfte der DLRG Hattingen, von Feuerwehr und der Polizei starten derweil eine große Rettungs- und Such­aktion auf und an der Ruhr. Unterstützt werden sie vom Polizeihubschrauber Hummel 7.

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Es ist der heißeste Tag des Jahres. Das macht auch den Suchenden bei ihrer Arbeit schwer zu schaffen. Von den beiden vermissten Männern ist einer DLRG-Rettungsschwimmer, doch auch dies hat ihm offenbar nicht geholfen, dem Tod bringenden Wasser zu entkommen. Nach zwei Stunden wird die Suchaktion abgebrochen, auch an den Tagen danach werden die Männer nicht gefunden.