Hattingen. Er ist vermisst –dann werden Brille, Mantel und Handy von Pfarrer Klaus Sombrowsky in Hattingen gefunden. Was genau passierte, ist unklar.
Es ist eine Suche, die die ganze Stadt in Atem hält: Die Polizei meldet sich am Nachmittag des 7. November 2005 in der WAZ-Redaktion und teilt bereits vor der offiziellen Erklärung mit, dass Pfarrer Klaus Sombrowsky seit knapp zwei Tagen vermisst wird. Was passiert ist, kann keiner sagen – der Versuch einer Rekonstruktion.
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Klaus Sombrowsky hält am 5. November den Abend-Gottesdienst in St. Georg ab. Er wird von allen Seiten gelobt, trifft sich noch kurz mit Organistin María Cristina Witte. „Sombo“, wie er von allen gerufen wird, erzählt, dass er überlege, entweder nach Essen ins Kino Eulenspiegel zu fahren oder ein Cello-Konzert zu besuchen. Letztendlich entschließt er sich aber dazu, doch in Hattingen zu bleiben und geht wie so oft in die Gaststätte „tum Bur“ am Hattinger Ende der Tippelstraße, direkt an der Ruhr.
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Es ist nasskalt an diesem Samstagabend. Um kurz nach elf verabschiedet sich der Theologe, er will über den Leinpfad zu seiner Wohnung in der Innenstadt laufen. Doch hier kommt er nicht mehr an.
Einen Tag später wird die markante Brille von Klaus Sombrowsky am Ruhrufer gefunden, auch sein Mantel und sein Handy liegen dort. Für die, die es als Erste erfahren, ist schnell klar, was passiert sein muss: „Selbstmord schließe ich aus“, sagt Pfarrer-Kollege Udo Polenske zur WAZ. Er hätte keinen Anlass gehabt, traurig zu sein, sei an diesem Samstag ausgesprochen gut gelaunt gewesen. „Es gibt keinen Zweifel, dass er verunglückt ist.“
Kirchturmuhr blieb auf Viertel nach elf stehen
Unheimlich mutet Betrachtern unterdessen die Tatsache an, dass die Uhr am schiefen St.-Georgs-Kirchturm bereits ein paar Tage zuvor auf Viertel nach elf stehen geblieben ist – das ist etwa die Zeit, zu der Sombrowsky, der einer von drei Pfarrern der evangelischen Gemeinde war, zuletzt gesehen wurde.
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„Die Suche ist kompliziert“, erklärt Kriminaloberkommissar Peter Rützler, der mit Sombrowsky gemeinsam in die Schule gegangen ist. „Wir hatten am Wochenende leichtes Hochwasser, die Strömung ist stark, zudem ist das Wasser kalt und Klaus Sombrowsky ist nicht besonders schwer.“ Dies alles könne zur Folge haben, dass er auf dem Grund der Ruhr liege, man ihn aber dennoch nicht sehen könne. „Letzte Möglichkeit sind jetzt unsere Leichenspürhunde“, sagt Kriminalhauptkommissarin Angelika Göcke-Henneberg. Doch auch für eine solche Aktion gebe es keine große Hoffnung, ihn zu finden.
Anhaltspunkte für einen Suizid liegen nicht vor
„Ich kann nichts ausschließen“, sagt unterdessen Staatsanwalt Joachim Lichtinghagen an der vermutlichen Unglücksstelle. „Anhaltspunkte für einen Suizid-Versuch oder Fremdverschulden liegen uns aber nicht vor.“ Nach dem Fund der persönlichen Gegenstände geht Lichtinghagen davon aus, dass Sombrowsky irgendwie ins Wasser gelangt sei – „reingefallen passt zu den gegebenen Umständen“.
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Klaus Sombrowsky hat viele Hattingerinnen und Hattinger durchs Leben begleitet. Die einen waren mit ihm in der Ferienfreizeit am Brahmsee, andere haben mit ihm die englischen Partnerdiözese Sheffield besucht. Deshalb ist die Anteilnahme außergewöhnlich groß. Immer wieder kommen Menschen an die Unfallstelle. Sie sagen, sie würden es zu Hause nicht mehr aushalten. Sie wollen Abschied nehmen.
Erst eine Woche später entdeckt eine Fußgängerin – etwa 800 Meter von der vermuteten Unfallstelle entfernt – seinen leblosen Körper in der Ruhr treiben. Feuerwehr und Polizei bergen ihn aus dem Wasser. Die Obduktion durch die Essener Rechtsmedizin bestätigt die Identität der Leiche – und stellt fest, dass der Pfarrer nicht ertrunken ist, sondern an Herz- und Kreislaufversagen gestorben ist. Alle weiteren Umstände bleiben unklar.
1500 Trauergäste nehmen Abschied
Bewegender Abschied von Klaus Sombrowsky: 1500 Trauergäste begleiten den beliebten Pfarrer am 19. November 2005 auf seinem letzten Weg von der St.-Georgs-Kirche zum Evangelischen Friedhof an der Bredenscheider Straße.
So voll wie an diesem Samstag war die Kirche wohl noch nie: Ausgelegt für 750, maximal 800 Besucher, drängen sich aber weit mehr als 1000 Menschen in die Reihen.
Klaus Sombrowsky wurde am 16. August 1955 in Bochum geboren. Aufgewachsen ist er in Hattingen, wo er auch seinen Realschulabschluss machte. Er studierte an der Ruhr-Universität, absolvierte sein Vikariat in Bochum-Linden. Am 7. Dezember 1986 wurde er als Pfarrer an der St.-Georgs-Kirche eingeführt.
„Es ist eine schreckliche Ehre für mich, heute hier zu sein“, sagt Bob Fitzharris, Archdeacon der anglikanischen Diözese Sheffield, bei der Trauerfeier. „Klaus hinterlässt eine Lücke, die wir nicht füllen können.“ Sombrowsky sei das Herzstück der Freundschaft gewesen. „Dass er nie erwachsen, nie vernünftig wurde, das war erfrischend“, so der Erzdekan weiter. „Du bist unersetzlich. Glückauf, mein Freund.“