Gladbeck. Die Gladbeckerin Heike Becker engagiert sich seit Jahren ehrenamtlich gegen Mobbing unter Kindern. Sie kennt viele bedrückende Geschichten.

Manche Vorfälle, von denen Heike Becker erfahren hat, sind so gravierend und für die Opfer so erniedrigend, dass man sie gar nicht wiedergeben mag. Doch all diese Vorfälle sind zugleich ebenso Ansporn und Motivation für Heike Becker, sich für ein Thema zu engagieren, das ihr über die Jahre zur Herzensangelegenheit geworden ist: Mobbing.

Seit zehn Jahren setzt sich die Gladbeckerin dafür ein, dass das Thema ins Bewusstsein der Menschen rückt, und nicht damit abgetan wird, dass „ein bisschen ärgern“ doch dazu gehört. Denn Mobbing ist viel mehr als das – es kann das Leben für die Opfer zur Hölle machen und es regelrecht zerstören. „Diejenigen, die gemobbt werden, werden meist über Jahre hinweg gemobbt“, weiß die 59-Jährige.

Heike Becker hört viele Mobbing-Geschichten von Kindern

Seit vielen Jahren leitet die gelernte Kinderpflegerin einmal wöchentlich den Kirchenkeller der Kreuzkirche in Gelsenkirchen-Feldmark, ein Freizeittreff für Kinder zwischen fünf und elf Jahren. Dort hört sie eine Menge Geschichten von den Jungen und Mädchen. Geschichten von einem Jungen, der von seinen Mitschülern erpresst wurde und ihnen so jeden Tag Geld gab. Geld, das eigentlich für sein Mittagessen bestimmt war. „Ihm knurrte jeden Tag der Magen“, berichtet Heike Becker.

Heike Becker hat drei Bücher geschrieben, die sich an Kinder unterschiedlicher Altersgruppen richten und sich alle um das Thema Mobbing drehen.
Heike Becker hat drei Bücher geschrieben, die sich an Kinder unterschiedlicher Altersgruppen richten und sich alle um das Thema Mobbing drehen. © FUNKE Foto Services | Daniel Attia

Oder die Mutter, die sich bei Heike Becker meldet und von ihrem Sohn berichtet, den sie mit dem Vorlesen eines Buches der Gladbeckerin stärken wollte. Dabei aber erfährt, dass ihr Sohn bereits gemobbt wird. „Du musst nicht traurig sein, Mama. Ich werde nicht jeden Tag verhauen, nur zwei oder drei Mal in der Woche“, habe der Sohn gesagt. Das habe die Mutter noch mehr schockiert, denn: „Das zeigt, dass sich der Junge bereits damit abgefunden hatte.“

Drei Bücher hat die Gladbeckerin zum Thema Mobbing bereits geschrieben

All die Geschichten haben die Brauckerin dazu bewegt, ein Buch zu schreiben. Inzwischen hat sie drei Bücher geschrieben. „Die Schnecke Maxi“, hieß das erste und richtet sich an die Kleinsten, Jungen und Mädchen im Kita-Alter. „Leon sagt Nein!“ hat Heike Becker gemeinsam mit den Kindern ihres Freizeittreffs geschrieben, darin sind all die Erlebnisse verarbeitet, die sie selbst erlebt haben.

Diese Folgen der Ehrenamtsaktion sind bereits erschienen:

Das dritte Buch heißt „Leonie und das Foto im Netz“. Es ist entstanden, nachdem sich eine Großmutter bei Heike Becker gemeldet und ihr erzählt hatte, was ihrer Enkelin passiert war: Ein Foto von ihr, entstanden beim Umziehen für den Sportunterricht, hatte jemand ins Netz gestellt.

Zuletzt organisierte Heike Becker eine zweisprachige Lesung

Für Lesungen geht Heike Becker, die selbst Mutter von zwei inzwischen erwachsenen Kindern ist, immer wieder in Kitas und Schulen, um Gruppen und Klassen zu sensibilisieren. „Mir geht es darum, dass so viele Kitas, Einrichtungen und Eltern wie möglich die Bücher nutzen, um Mobbing vorzubeugen. Ich will damit vermitteln, dass Kinder sich Erwachsenen anvertrauen sollen, wenn ihnen oder einem anderen Mobbing widerfährt.“

Erst kürzlich hat sie in der Stadtbücherei „Die Schnecke Maxi“ vorgelesen, begleitet von einer Mutter, die parallel auf Arabisch vorlas. „Ich möchte auch Kinder erreichen, die anders sind. Zum Beispiel diejenigen, die ein Kopftuch tragen und darunter leiden, dass das manchen vielleicht nicht gefällt.“

Die Gladbeckerin hat schon viele Politiker angeschrieben, um Konsequenzen für die Täter zu fordern

Aufklärung sei das Wichtigste, ist Heike Becker überzeugt. Viele Schulleiter würden die Augen verschließen, denn sie wüssten selbst nicht, was sie tun sollten, so ihre Meinung. Oft würden Kinder die Schule wechseln, um dem Mobbing zu entfliehen. „Aber warum die Opfer?“, fragt Heike Becker. Die Mobber würden sich nur ein nächstes Opfer suchen.

Es müsste viel mehr Konsequenzen geben, so Becker. Schon viele Politiker habe sie angeschrieben, die Antwort sei immer dieselbe. „Sie bedanken sich für mein Engagement, schreiben dann aber, was sie schon alles machen.“ Heike Beckers Antwort ist auch immer gleich: „Was bisher getan wird, ist aber nicht genug.“

Mit dem Preisgeld der Ehrenamtsaktion möchte Heike Becker ihre Bücher an Kitas und Schulen verteilen

Auch deshalb will sie sich weiterhin engagieren. „Ich empfinde, dass ich schon viel erreicht habe. Das sehe ich auch an den vielen Rückmeldungen, die ich bekomme.“ Inzwischen engagiere sie sich aber nicht mehr nur ehrenamtlich, sondern nimmt auch Geld für ihre Lesungen. „Vielen denken, was nichts kostet, taugt auch nichts“, so ihre Begründung. Alle, die sich aber selbst ehrenamtlich engagieren, biete sie ihre Lesungen und Diskussionsrunden weiterhin kostenlos an.

Mit den 1000 Euro, die sie bei der Ehrenamtsaktion der RWW und der WAZ Gladbeck gewinnen kann, würde sie gerne ihre Bücher an Kitas und Schulen verschenken. „Gerade jetzt zum Schulstart wäre das toll, denn jetzt bilden sich die Klassengemeinschaften gerade erst neu. Und meine Bücher könnten dabei helfen, dass sich tolle Gemeinschaften bilden.“

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