Gladbeck. Ob abgegeben oder ausgesetzt – der Tierschutzverein Gladbeck rettet Haustiere aus ihrer Not. Ein Ehrenamt, das den Freiwilligen viel abverlangt.
Die zwei kleinen Kitten, Moritz und Eliot, blicken neugierig durch das Wohnzimmer von Nadine Mende. Die beiden Fellnasen leben mit einigen weiteren Katzen und Katern im Reihenhaus der 37-Jährigen aus Gladbeck. Doch nur vorübergehend, denn Moritz und Eliot sind Pflegetiere und sollen alsbald, so wie ihre fünf Geschwister, vermittelt werden. In ihrem alten Zuhause durften sie und ihre Mutter nicht mehr wohnen. Deshalb landeten sie hier, bei „Pflegemama“ Nadine Mende vom Tierschutzverein Gladbeck und Umgebung.
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Der Tierschutzverein wurde im Rahmen der Ehrenamtsaktion von Leserinnen und Leser vorgeschlagen. Tanja Zimmer freut sich über die Aufmerksamkeit, die das Thema „Tierrettung“ durch die Aktion bekommt. Die Vorstandsvorsitzende des Vereins arbeitet in Teilzeit bei der Diakonie als Pflegerin. Daneben ist sie als Tierpsychologin und Verhaltenstherapeutin für Hunde selbstständig. „Ich pflege also alles, Menschen und Tiere“, sagt Zimmer und lacht. Ihre Tätigkeit beim Tierschutzverein übt sie ehrenamtlich aus.
Gladbecker Tierschutzverein kümmert sich um Haustiere, die ausgestoßen wurden
Zimmer und ihr Team aus ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern kümmern sich um Haustiere, die in ihrem alten Zuhause nicht mehr erwünscht sind. Die Tiere kommen auf unterschiedlichen Wege zu ihnen. Mal wird der Verein kontaktiert und um Aufnahme gebeten, mal stehen die alten Besitzerinnen oder Besitzer auch direkt vor der Haustür und lassen die Vierbeiner einfach da – häufig auch wortlos. Und dann gibt es ganz harte Fälle: Wenn Hund, Katze oder Co. einfach irgendwo ausgesetzt werden.
Beim Tierschutzverein wird sich um die tierischen Seelen gekümmert. Auf vier Pflegestellen kann Zimmer zurückgreifen und die abgestoßenen Haustiere „zwischenlagern“. Bei Nadine Mende leben aktuell beispielsweise elf Katzen und Kater. Die Chancen, in ein neues, dauerhaftes Zuhause vermittelt zu werden, stehen in der Regel gut. Die Fellnasen werden auf der Website des Vereins und auf Facebook angeboten. Man kooperiere auch mit dem zweiten Tierschutzverein in Gladbeck, der Tierhilfe „Recht auf Leben“, sowie dem für die Stadt zuständigen Tierheim in Gelsenkirchen-Erle.
Ehrenamtliche Arbeit erfordert Kraft und Nerven
Was in der Theorie so einfach klingt, ist in der Praxis eine große Herausforderung. Physisch wie psychisch. „Ich zweifle grundsätzlich jeden Tag“, gibt Tanja Zimmer einen Einblick in ihre Gefühlslage. Es sei der Umgang der Menschen mit Tieren, erklärt sie. Die Besitzer würden bei der Abgabe der Tiere häufig Blödsinn erzählen, „einen für dumm verkaufen“. Gelogen werde etwa bei der Herkunft der Tiere. Oder die Mitglieder des Vereins erhalten keine Informationen, die aber bei der Versorgung und Weitervermittlung helfen würden.
„Wer nimmt die Tiere an sich, wenn ich es nicht tue?“
Auch Pflegemama Nadine Mende ist zwiegespalten, wenn es um die Arbeit mit den ausgesetzten Haustieren geht. Natürlich freue man sich, wenn ein Tier ein neues Zuhause finde, sagt sie. Aber man brauche ein dickes Fell. Mit ihrem Ehrenamt aufzuhören, das kommt allerdings nicht infrage. „Denn wer nimmt die Tiere an sich, wenn ich es nicht tue?“, fragt sich die 37-jährige Mutter von drei Kindern, die im Einzelhandel arbeitet.
Spenden ermöglichen Versorgung der Haustiere
Eine weitere Herausforderung für den Verein: das Geld. Allein im vergangenen Jahr habe der Verein Tierarztkosten in Höhe von 60.000 Euro bezahlen müssen! Dazu kommen noch Kosten für Futter und Streumittel. Die Ausgaben sind spendenfinanziert. Bei Vermittlungen wird von den neuen Besitzern außerdem eine Gebühr von 200 Euro verlangt. Das treffe hin und wieder auf Unverständnis. Dabei sei die Gebühr nicht einmal kostendeckend. „Irgendwie müssen wir uns aber eben finanzieren“, klagt Zimmer. Zur Einordnung rechnet sie vor: Ein Kitten kostet den Verein etwa 600 Euro, bis es vermittelt werde.
Durch Spendenaufrufe auf Facebook und Co hält sich der Tierschutzverein bislang über Wasser. Auch durch Aktionen wie dem Gladbecker Nikolausmarkt wird Geld eingenommen. Aktuell kümmert sich das Team um rund 25 Tiere. „Das ist eine gute Zeit“, sagt Zimmer. Der Verein habe zeitweise mal 50 Tiere verpflegen müssen. Zusammen mit den Vierbeinern der Gladbecker Tierhilfe könne man schon fast ein eigenes Tierheim eröffnen, so die Vereinsvorsitzende.
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Tierschutzverein erhofft sich mehr Unterstützung von der Stadt
Von der Stadt Gladbeck wünsche sich der Verein mehr Unterstützung, vor allem in Form einer eigenen Räumlichkeit. „Wir benötigen halt Platz“, sagt Zimmer. Doch nicht nur die Tiere könnten dort untergebracht und die privaten Pflegestellen somit entlastet werden. Der Verein erhofft sich so auch mehr Aufmerksamkeit und damit Spenden, etwa durch Aktionstage. „Die Gladbecker müssen wissen, wohin sie spenden“, fordert Zimmer. Auch die Einbindung weiterer freiwilliger Helferinnen und Helfer wäre durch ein Vereinsheim einfacher.
Stimmen Sie für das schönste ehrenamtliche Projekte ab!
Für die Ehrenamtsaktion „Menschen machen’s möglich“ stellen wir in unserer Zeitung zwischen Ende Juli und Ende August acht verschiedene ehrenamtliche Projekte in Gladbeck vor.
In Kooperation mit der Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft (RWW) und der Stadt können diese Projekte im Anschluss insgesamt 3000 Euro an Fördermitteln gewinnen – dafür ist ihre Stimme gefragt!
Nachdem wir alle Projekte vorgeschlagen haben, wird es eine Übersichtsseite geben und die Abstimmungsphase startet.
Ab Ende August können Sie per Mail oder per Post für das Projekt abstimmen, was Ihrer Meinung nach das Gewinnerpreisgeld in Höhe von 1000 Euro am meisten verdient hat.
Auch die vorgestellten Projekte, die nicht den ersten Platz erreichen, können Geld gewinnen – damit soll die ehrenamtliche Arbeit unterstützt werden.
Die Gewinner werden am „Tag des Ehrenamtes“ am 14. September bekannt gegeben.
Vielleicht kann die Ehrenamtsaktion ja helfen, hoffen Zimmer und Mende. Das Preisgeld könnte beispielsweise der Katze Snow zugutekommen, der Mutter der beiden Kitten Moritz und Eliot. Sie musste letztens in einer Tierklinik behandelt werden, der Verein rechnet mit einer vierstelligen Rechnung. Die Katzen-Familie stammt übrigens von einem privaten Hobbyzüchter, der mit Pflege und Finanzierung der Tiere überfordert war. Der Tierschutzverein Gladbeck sprang ein – und rettete die Samtpfoten.
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