Gladbeck. Laura wurde gemobbt, als 14-Jährige vergewaltigt, von einem Mann mental fast zerstört. Jetzt sieht sie sich als starke Frau. Ihr Weg bis dahin.
Laura ist erst 22 Jahre alt, hat aber schon viel Schreckliches erlebt. Die junge Frau leidet deshalb an posttraumatischen Belastungsstörungen, kann aber heute von sich sagen: „Ich sehe mich jetzt als sehr starke Frau. Ich bin stolz auf mich, und das ist ein tolles Gefühl.“
Tolle Gefühle kannte Laura früher eher nicht. „Ich wurde in der Schule gemobbt. Wer das tut, sucht sich immer Opfer mit wenig Selbstbewusstsein aus, so wie ich es war.“ Es kam noch schlimmer: Als 14-Jährige wurde sie von einem jungen Mann aus der Nachbarschaft vergewaltigt. „Bis zu diesem Tag war er mein bester Freund.“
„Ich sehe mich jetzt als sehr starke Frau. Ich bin stolz auf mich, und das ist ein tolles Gefühl.“
Die Vergewaltigung hat sie nie angezeigt, erst später darüber mit ihren Eltern geredet – ohne den Namen ihres Peinigers zu nennen. Natürlich habe sie den Kontakt zu ihm sofort abgebrochen, erzählt Laura, „aber weil wir im selben Haus lebten, bin ich ihm manchmal im Aufzug begegnet. Das war ein ekeliges Gefühl.“
Obwohl sie nach diesem Erlebnis schon unter sehr realistischen Albträumen litt, an bestimmten Orten oder in manchen Situationen Panikattacken bekam und sich selbst verletzte, kriegte sie ihr Leben irgendwie wieder in den Griff. „Ab der zehnten Klasse hörte das Mobbing auf, ich habe Freunde gefunden und einen Partner“, sagt sie. Mit ihm ist sie seit 2018 zusammen, „obwohl ich ihm Dinge angetan habe, für die ich mich heute noch schäme“.
Gladbeckerin beginnt eine Affäre mit einem Mann, der ihr nicht guttut
Zum Freundeskreis gehörte ein junger Mann, der, wie sie, unter depressiven Stimmungsschwankungen litt. „Ich wollte ihm helfen, aber das ist gründlich danebengegangen.“ Ihr Hilfeversuch entwickelte sich zu einer Affäre, aus der sich Laura lange nicht befreien konnte, obwohl der Mann nach ihrer Schilderung eine gespaltene Persönlichkeit war: „Im Umgang mit Anderen eher schüchtern und introvertiert, in unserer Beziehung narzisstisch und manipulativ.“ Er habe ihr eingeredet, sie sei nichts wert, werde im Leben nie etwas erreichen. Auf der anderen Seite habe er ihr Liebe geschworen, eine gemeinsame rosige Zukunft versprochen.
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Warum sie diese Beziehung nicht schon früh beendet hat, vergleicht Laura mit Drogensucht: „Man weiß, dass es einem nicht guttut, einen auf lange Sicht ins Grab bringt, aber du bist körperlich und mental abhängig.“ Lauras Krankheitssymptome wurden immer schlimmer. „Ich war manchmal drei Tage am Stück wach, habe fast nichts gegessen, meine Wohnung total vernachlässigt und sogar vergessen, meine Katzen zu füttern. Meine Leben war ein Trümmerhaufen und mir alles egal.“
„Ich habe geweint und gebettelt, mich aussteigen zu lassen. Aber er hat immer wieder gesagt, dass er sich jetzt umbringe. Ich habe um mein Leben gefürchtet, hatte noch nie solche Angst.“
Ihr Partner wusste lange nichts von Lauras Affäre, bemerkte zwar ihre charakterlichen Veränderungen und auch blaue Flecken, stellte aber keine Fragen, sondern „war immer für mich da“. Im Sommer vergangenes Jahres erzählte sie ihm schließlich alles und verabredete sich mit dem anderen Mann zu einem letzten Gespräch – es wurde ihr nächstes traumatische Ereignis.
Darüber spricht man ... doch!
Depression, Insolvenz, Einsamkeit: Es gibt viele Themen, über die (öffentlich) nicht gerne gesprochen wird. Unter dem Titel „Darüber spricht man … doch!“ startet die WAZ Gladbeck eine neue Serie, um eben über diese Themen zu berichten.
In der Serie stellte die Redaktion etwa eine Alkoholabhängige und eine von Burnout betroffene Frau vor. Weitere Themen sind unter anderem: Drogenabhängigkeit und Schwangerschaftsabbruch.
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Als sie ihm im Auto ihre Trennungsabsichten mitteilte, sei er völlig ausgerastet, habe sie angeschrien, mit Selbstmord gedroht und plötzlich Gas gegeben. „Das war gar nicht gut Laura, hat er gesagt, ein Satz, den ich nie mehr vergessen werde.“ Mit 120 Stundenkilometern sei er durch Ellinghorst gerast. „Ich habe geweint und gebettelt, mich aussteigen zu lassen. Aber er hat immer wieder gesagt, dass er sich jetzt umbringe. Ich habe um mein Leben gefürchtet, hatte noch nie solche Angst.“
Gladbeckerin will Waschmittel schlucken und sich so das Leben nehmen
Schließlich habe er sie doch gehen lassen. Nach einer „Nacht im Schockzustand“ stand für sie fest: „Ich beende meine Leben. Ich wollte Waschmittel schlucken.“ Sie rief ihre Mutter an, bedankte sich für alles, bekundete ihre Liebe – und kündigte ihren Selbstmord an. „Meine Mutter reagierte genau richtig, nicht panisch, sondern sehr besonnen. Sie hat mich überredet zu ihr zu kommen. Dass ich in meinem Zustand mit dem Auto heil angekommen bin, wundert mich noch heute.“ Sie blieb zwei Tage dort und kam, dank der mütterlichen Hilfe, zur Ruhe.
Arztbesuche und ein sechswöchiger Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik folgten. „Ich habe bei den Therapien viel gelernt und Menschen kennengelernt, die wussten, wovon ich rede.“ Solchen Menschen begegnet Laura jetzt auch bei den wöchentlichen Treffen der Selbsthilfegruppe „Unsinkbar“. Auf einen ambulanten Therapieplatz wartet sie noch.
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Krankheitssymptome tauchen immer mal wieder auf, bestimmen aber ihr Leben nicht mehr. Laura weiß jetzt damit umzugehen. Sie hat nach eigenem Bekunden eine viel tiefere Bindung als früher zu den Menschen, die ihr wichtig sind, vor allem zu ihrem Partner: „Er hat alles mit mir durchlebt und ist bei mir geblieben. Ich weiß jetzt, dass er mich wirklich liebt.“ In einigen Wochen legt sie ihr Examen als Laborassistentin ab. „Wenn es nicht klappen sollte, hänge ich entweder noch ein Jahr dran oder mache etwas anderes. Ich bin noch jung genug“, sagt sie selbstbewusst.
Menschen, denen es ähnlich geht wie ihr, möchte sie mit auf den Weg geben: „Man darf sich nicht selbst verlieren und sollte sich Hilfe suchen. Auch wenn es sich anders anfühlt: Man ist mit mentalen Erkrankungen nicht allein.“
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