Gladbeck. Einschulung: eine Herausforderung für Eltern und Kinder. Wie meistern sie den Alltag? Expertinnen geben nützliche Tipps.
Manche Mädchen und Jungen können ihn kaum erwarten, den allerersten Schultag. Andere Kinder blicken ein bisschen bang auf diesen Tag. Eltern schauen mit gemischten Gefühlen auf die Einschulung ihres Nachwuchses, erinnern sich vielleicht an ihre eigene. Vieles hat sich im Laufe der Zeit verändert. Zwei Expertinnen aus Gladbeck geben Tipps, wie der Schulstart gelingen kann.
Wer heute erwachsen ist, hat seinen allerersten Schultag womöglich gar nicht mehr auf dem Schirm. Dass man irgendwann in einem Klassenzimmer sitzt, das ABC, Rechnen und Sachkunde lernt, mit anderen Kindern Sport treibt, malt und musiziert – das Normalste von der Welt. Einen Tornister und eine Schultüte gab‘s, darin steckten Stifte, Hefte und andere Unterrichtsmaterialien, Süßigkeiten, eventuell ein Spielzeug.
Was soll in der Schultüte stecken – und was besser nicht?
Damit könnten Mütter und Väter heutzutage wohl kaum noch punkten, denn die Ansprüche sind gestiegen. Ina Alfs, Psychologin in der Gladbecker Caritas-Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche, erzählt: „Mir begegnen zum Teil Mütter und Väter, die sich monatelang auf den Tag Einschulung vorbereiten. Sie lassen zum Beispiel eine Schultüte für 80 Euro nähen.“ Dabei könnten Eltern doch gemeinsam mit dem Kind eine basteln und so zusammen Zeit verbringen.
Auch beim Inhalt, der heutzutage in den Schultüten steckt, hätten sich i-Dötzchen vor Jahrzehnten sicherlich ungläubig die Augen gerieben: Handy, Smartwatch & Co., teure Geschenke. Alfs findet: „Sinnvoller sind Materialien für den Unterricht, ein Buch, Knete, Kreide, Stifte, in einem gesunden Maß Süßigkeiten.“ Denkbar wäre auch eine Uhr, damit das Kind pünktlich unterwegs ist. Was ist mit Medien? „Nein“, antwortet die Expertin klipp und klar.
Was halten die Gladbecker Expertinnen von Einschulungsparties?
Ein moderner Trend: Einschulungsparties, bei denen es ruhig hoch hergehen darf. Je mehr Action, desto besser, möchte man meinen. Doch Ina Alfs und Brigitte Kleine-Harmeyer, Leiterin der Caritas-Beratungsstelle, sind von dieser Mode nicht begeistert. Die Expertinnen sind sich einig: „Die Einschulung ist selbstverständlich und eine Entwicklungsaufgabe, die das Kind leisten muss.“ Eine spezielle Party zu diesem Anlass nehme diesem Lebensschritt die Normalität. Kleine-Harmeyer warnt außerdem: „So ein Riesen-Event stresst Kinder.“ Solch eine Party habe „auch nichts mit Chancen-Gleichheit“ zu tun. Manche Eltern können sich eine große Fete leisten, andere nicht. Alfs meint: „Kinder wollen lernen, das ist schon Motivation. Man muss das nicht extra pushen.“
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Die Kollegin stellt die Frage in den Raum: „Für wen ist die Party denn eigentlich?“ Etwa eher für die Erwachsenen, die ein neues Kapitel für ihren Nachwuchs aufschlagen? Oder tatsächlich für das Kind?
Wie können Eltern ihr Kind emotional auf die Schule vorbereiten?
„Jetzt bist Du groß, der Ernst des Lebens beginnt!“ Ältere Generationen werden diesen Spruch oder ähnliche Aussagen kennen. Aber, so Brigitte Kleine-Harmeyer: „Das klingt ja wie eine Drohung!“ Das Kind, je nach Naturell, ist vielleicht ohnehin verunsichert. Es weiß ja nicht so genau, was in der Schule auf es zukommt.
„Es ist wichtig, dass man als Unterstützer und Begleiter an der Seite des Kindes steht.“
Andere Gleichaltrige, neue erwachsene Gesichter, ein ungewohntes Umfeld, Anforderungen wie Stillsitzen und Aufpassen: So viel Unbekanntes stürmt auf ABC-Schützen ein. Für manche Mädchen und Jungen ein Abenteuer, für andere ein Angstfaktor. „Da ist es wichtig, dass man als Unterstützer und Begleiter an der Seite des Kindes steht“, betont Ina Alfs. Immer wieder fällt im Gespräch mit den Spezialistinnen das Wort „gemeinsam“.
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Wie lässt sich der Übergang von Kita zu Schule ebnen?
Das kann schon rein praktisch beim Schulweg beginnen, den Eltern und i-Dötzchen gemeinsam gehen. Ein Bruch zur Kindergarten-Gruppe muss nicht zwangsläufig sein. Gehen auch Dreikäsehochs aus der Kita-Zeit in dieselbe Grundschule? Dann gibt es doch schon erste Kontakte und Gemeinsamkeiten. Und andere Mädchen und Jungen kennenlernen, das kann doch auch spannend sein. Mit einer positiven Grundeinstellung ist viel gewonnen.
Welche Aufgaben kommen auf die Eltern zu?
Ängstliche Eltern projizieren diese Unsicherheit auf ihre Kinder. Erwachsene können Furcht entgegenwirken, indem sie beispielsweise nette Erfahrungen und Geschichten aus ihrer eigenen Schulzeit erzählen oder sich gemeinsam mit dem i-Dötzchen Familienbilder vom ersten Schultag anschauen.
Wie können ängstliche Kinder ermutigt werden?
Bestärkung legt Alfs Eltern ans Herz. Sie könnten ihr Kind ermutigen: „Du schaffst das! Und wenn nicht, ist das auch okay!“ Kleine-Harmeyer unterstreicht: „Die Bedürfnisse sind individuell. Eltern müssen gucken: Was braucht mein Kind.“ Fällt beispielsweise der Abschied vom Kindergarten besonders schwer? Dann könnten Eltern beispielsweise Töchtern und Söhnen anbieten, dann und wann die vertraute Einrichtung zu besuchen, rät Dreifach-Mutter Alfs. Oder wie wäre es mit einem Treffen der i-Dötzchen mit liebgewonnenen Menschen aus dem Kindergarten vor Ort? Die Psychologin sagt auch: „Eine Vernetzung mit den Lehrkräften ist gut.“
Welche Rituale sind sinnvoll?
Das Allerwichtigste am „Konzept Schule ist, dass sich das Kind wohlfühlt“, so die Caritas-Beraterinnen. Dafür können und sollten Eltern schon vor dem Unterrichtsbeginn sinnvolle Voraussetzungen schaffen. „Am Vorabend des ersten Schultags gemeinsame Zeit verbringen, zum Beispiel ein Buch durchblättern“, schlägt Alfs vor.
„Es tut den Kindern gut, wenn sie merken: Die Eltern interessieren sich.“
Brigitte Kleine-Harmeyer: „Eltern können sagen: ,Morgen ist ein aufregender Tag, da solltest Du früh schlafen gehen, damit Du fit bist!‘.“ Ebenfalls eine Umstellung. An Schlafens- und Aufstehzeiten müssen sich die Erstklässler erst einmal gewöhnen. Tipp: Bereits abends den Ranzen packen, damit morgens alles parat ist.
Welche Bedeutung hat das gemeinsame Frühstück?
Für wichtig erachtet das Duo das gemeinsame Frühstück, das Ritual-Charakter haben kann. Zugegeben: „Das ist häufig für Eltern, vor allem bei berufstätigen, eine Herausforderung. „Aber das Frühstück muss ja nichts Großes sein“, so Kleine-Harmeyer, „ein Müsli ist schnell gemacht und gesund“ – allemal besser als ein Brot mit Schokocreme.
Zuhause lernen
Nicht nur im Unterrichtszimmer sollen sich Kinder wohlfühlen, sondern auch daheim. Dafür sollte das Umfeld stimmen.
Optimal ist ein eigener, kleiner Schreibtisch mit Utensilien oder ein bestimmter Bereich für das Grundschulkind. Es soll gerne lernen. Eltern müssen nicht danebensitzen und Sohn oder Tochter permanent über die Schulter schauen. Aber das Kind sollte wissen, dass es Hilfe bekommt, wenn es sie braucht.
Dabei könnten am Morgen Themen auf den Tisch kommen wie: „Wie läuft der Tag? Wann sehen wir uns wieder?“ Sollte der Nachwuchs ein Frühstücksmuffelchen sein: Nicht zum Essen zwingen! Lieber dem Kind etwas mit in die Schulbox packen.
Wie sollte der Pausen-Snack aussehen?
Apropos: Wie sollte das Pausenbrot aussehen? Alfs kennt die verbreitete Praxis, „dem Kind Geld mitzugeben, damit es sich beim Bäcker etwas kauft“. Dafür heimsen Eltern bei ihr keine Spitzennoten ein. Besser sei das klassische Pausenbrot, dazu Obst, Gemüse, „keine Süßigkeiten“. Was in die Butterbrotdose kommt, könnten Eltern und Kind zusammen entscheiden.
Was tun bei Problemen in der Schule?
Was tun bei Anlaufschwierigkeiten? „Die Lehrerin mag mich nicht! Die anderen Kinder hänseln mich!“ Erwachsene kennen solche Sätze bestimmt aus der eigenen Schulzeit. Alfs erzählt: „Eltern sollten erst einmal herausbekommen, was da eigentlich in der Schule passiert und nicht in Panik und Aktionismus verfallen.“ Die Sachebene sei häufig eine andere als die Wahrnehmung des Kindes. Deshalb: Den Kontakt zu den Lehrkräften suchen. Allerdings verhehlen die Beraterinnen nicht: „Mobbing ist ein Problem, das schon sehr früh vorkommt.“
Das Kind hat Probleme beim Lernen: Was hilft?
Auch bei Lernschwierigkeiten raten die beiden zum Austausch mit den Lehrkräften. Ohnehin sei die Zusammenarbeit mit ihnen „total wichtig“, um in Kooperation Strategien zu erarbeiten.
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Nachhilfe? „Nein!“ Kleine-Harmeyer: „Es tut den Kindern gut, wenn sie merken: Die Eltern interessieren sich.“ Das bedeute aber nicht, dass sie gleich ihren Nachwuchs nach der Schule mit Fragen überfallen wie: „Was macht das Rechnen?“ Kleine-Harmeyer: „Nicht nach Leistungen fragen, sondern, mit wem das Kind gespielt hat oder ähnliches.“
Die Caritas Gladbeck bietet Unterstützung in der Beratungsstelle an
Wer nicht weiterweiß, kann sich an die Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche bei der Caritas Gladbeck wenden. Kontakt: Kirchstraße 5, 02043/279185 (Ina Alfs), ina.alfs@caritas-gladbeck.de