Hattingen. Im Januar 2016 verhaftet die Polizei nach langen Ermittlungen zehn Personen aus dem Drogenmilieu. Holzhäuschen in Hattingen dient als Versteck.

Drogenhandel in Millionenhöhe – und als Versteck dient eine Camping-Hütte im Feriendomizil Ruhrtal an der Isenbergstraße: Im Januar 2016 nimmt die Polizei zehn Personen fest, die Hunderte von Einzeldelikten im Milieu angesammelt haben. Der Handelswert bewegt sich zusammen im Millionenbereich.

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Das Holzhaus Nummer 5 auf dem Hattinger Dauercampingplatz macht einen freundlichen Eindruck. Gepflegt ist es, ein Kranz hängt an der Tür, die Balkonkästen sind hübsch bepflanzt. Hier wohnt ein Ehepaar (65 und 66), „ganz normale Mieter, die nie auffällig geworden sind“, wie der Geschäftsführer der Anlage zur WAZ sagt. „Doch für wen kann man heute noch seine Hand ins Feuer legen?“

Ermittlungsdaten im Umfang von rund 8000 DVDs gesammelt

Ein Jahr Ermittlungsarbeit liegt an diesem 22. Januar 2016 hinter der Polizei, ehe sie zuschlägt: Für den 35-jährigen Haupttäter, der ab sofort nur noch als „Drogenbaron“ bezeichnet wird, seine Eltern, die Lebensgefährtin (28) sowie für drei Großkunden (27, 34, 51) aus Hattingen und Bochum wird direkt Untersuchungshaft angeordnet. Drei weitere Personen werden vorläufig festgenommen.

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Monatelang haben die Fahnder den „Drogenbaron“, der im Hammertal eine Wohnung hatte, per Telefonüberwachung und Video­kamera observiert. Marihuana hat er gehandelt, Haschisch. Mal hier 150 Gramm, mal da sechs Kilo, kleinere Mengen, größere Aufträge wechselten so wie seine Kunden. Die wurden oft zu Zwischenhändlern, die ebenfalls ins Visier der Ermittler geraten. Und sie machen den Haupttäter zu einem Großhändler, der immer tiefer ins Milieu eintaucht. Ermittlungsdaten im Umfang von rund 8000 DVDs werden gesammelt.

Übergaben finden an Orten in Hattingen und Umgebung statt

Die Übergaben finden an verschiedenen Orten statt: In seiner Wohnung etwa, auf dem Parkplatz bei Haus Kemnade, in der „Pommeskurve“ auf dem Weg Richtung Burg Blankenstein und einem weiteren Parkplatz am Kemnader See. Nach und nach rücken immer mehr Verdächtige ins Blickfeld der Polizei: „Wir haben im Bereich Hattingen ganz gut aufgeräumt“, berichtet ein Kriminalbeamter bei einer der zahlreichen Gerichtsverhandlungen, die den Verhaftungen folgen.

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Zu sieben Jahren und sechs Monaten Haft wird beispielsweise ein 28 Jahre alter Hattinger vor dem Landgericht Bochum verurteilt. Ihn überrascht die Polizei, als er am späten Vormittag noch schläft. Auf dem Wohnzimmertisch liegen noch 29 Gramm Marihuana und Haschisch, in der Ecke steht eine Tüte mit mehr als 800 Gramm der Drogen. Gewerbsmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und Handel und Besitz von Drogen in nicht geringer Menge in 142 Fällen werden ihm vorgeworfen. Zusätzlich musste er sich wegen bewaffneten Handeltreibens verantworten.

23 Kilo Cannabis für mehr als 150.000 Euro weiterverkauft

Der Hattinger habe mehr als 23 Kilogramm Cannabis-Produkte gekauft und weiterverkauft, insgesamt in einem Volumen für mehr als 150.000 Euro. Und damit ist er kein Einzelfall – bei einem Kunden läuft die Klage auf 29 Einzelfälle, bei einem anderen sind es 27.

Ausmaß und Pläne

Selten hat es in Hattingen Drogengeschäfte in diesem Ausmaß gesehen, vermutlich noch nie. „Das sind echte Profis. Das war ganz großes Kino“, staunt etwa einer der Rauschgift-Fahnder vor Gericht.Sogar Pläne zur Unterhaltung einer eigenen Plantage hat es offenbar gegeben. Dazu ist aber nicht mehr gekommen.

Der Chef der Camping-Anlage an der Ruhr ist fassungslos, sagt dazu: „Ich habe in den vergangenen 25 Jahren viel erlebt, von Prostitution bis zu Kinderpornografie. So etwas kriegt man zu spät mit und kann nur noch reagieren.“ Seine Reaktion: Die fristlose Kündigung. Denn: „Die anderen Mieter haben ein Recht auf Ordnung und Frieden.“

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Bisher sind in der Reihe der Akte Hattingen erschienen: