Siegen. Allein in der Bahnhofstraße in Siegen machen in Kürze vier neue Cafès und Restaurants auf. Darunter sind auch beliebte Ketten aus Großstädten.
Das gastronomische Angebot in der Siegener Bahnhofstraße legt kräftig zu. Sechs Restaurants und Cafés sind aktuell auf dem rund 144 Meter langen Stück zwischen Bahnhofsvorplatz und Brüder-Busch-Straße geöffnet, vier weitere bereiten den zeitnahen Start vor: Burger, Cocktails und italienische Küche.
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Den flächenmäßig größten Gastro-Zuwachs wird es im neuen Johann-Moritz-Quartier (JMQ) geben. Allein die Restaurantkette „Peter Pane“, die die Eröffnung der Siegener Filiale für den 12. Dezember plant, wird an 44 Tischen mehr als 200 Sitzplätze bereitstellen. Auf der Karte stehen vor allem Burger, Salate und Pommes mit einer großen Zahl an Toppings, außerdem eine Reihe eigen-kreierter Cocktails. Wichtiger Teil des Konzepts ist, dass es neben den verschiedenen Fleisch-Varianten auch eine große Auswahl an vegetarischen und veganen Alternativen gibt.
In Siegens Bahnhofstraße ist die Gastronomie auf dem Vormarsch
Darüber hinaus ist für das JMQ eine Dependance von Remos angekündigt. Das Familienunternehmen, das gehobene mediterrane Küche verspricht, hat bisher Standorte in Frankfurt am Main, Wiesbaden, Köln, Koblenz und in Oberhonnefeld-Gierend im Westerwald. „Essen kann so langweilig sein, aber auch so wunderbar schön“, heißt es auf der Remos-Homepage. „Neben den Speisen ist die Gesellschaft, in der man isst, von größter Bedeutung.“ Das Team wolle den Gästen die Möglichkeit bieten, „bei bestem Essen echte Qualitätszeit zu verbringen“.
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Im ehemaligen Ladenlokal von „Want Beef“ läuft derzeit der Umbau für Smash Caly. Auch hier werden der Homepage nach Burger im Mittelpunkt stehen. „Californian Taste“, also „kalifornischer Geschmack“ ist demnach der Markenkern und online ist in fetten Buchstaben die Frage „Bock auf Beef?“ zu lesen.
Siegen: Innenstadt verändert sich – Einzelhandel bleibt wichtig, verliert aber an Bedeutung
Die vierte Neuansiedlung nimmt direkt neben dem JMQ Gestalt an. Was in die Räume des früheren Automatensupermarkts „S-Market 24/7“ einziehen wird, ist von außen noch nicht ersichtlich. Eine große Theke und einige größere Tische im Inneren weisen allerdings auch hier eindeutig auf ein Café oder Restaurant hin.
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Mit den kommenden Eröffnungen setzt sich ein Trend fort, der überall in Siegens Fußgängerzonen – und auch denen in vielen anderen Orten – zu beobachten ist: Einzelhandel wird weniger, Gastronomie füllt die Lücken. Diese Entwicklung ist ein sichtbares Zeichen des Strukturwandels, in dem sich Innenstädte befinden. Mit der wachsenden Bedeutung des Online-Einkaufens, extrem beschleunigt durch die Lockdowns während der Corona-Pandemie, verliert der stationäre Einzelhandel an Bedeutung und Lebensgrundlage. Je weniger Geschäfte sich aber angesichts des neuen Kaufverhaltens halten können und je weniger dieses Angebot vor Ort seitens der Kundschaft nachgefragt wird, um so mehr verändert sich die Funktion von Innenstädten. Waren diese über Jahrzehnte hinweg vor allem durch „Konsum“ definiert, müssen nun andere Nutzungen in den Vordergrund treten, wenn die Quartiere nicht veröden sollen.
„Der Einzelhandel und auch die Gastronomie sind und bleiben für attraktive Innenstädte unverzichtbar.“
Siegens Innenstadt soll mit Mischung aus Handel, Gastro und Aufenthaltsqualität attraktiv bleiben
In Siegen wird der Umzug mehrerer Fakultäten der Universität ins Zentrum dauerhaft für Leben auf den Straßen sorgen, doch die Stadt setzt auf ein weiteres Pferd: die Steigerung der Aufenthaltsqualität, bei der neben Aktionen vor allem die Verschönerung des Stadtbilds und die Schaffung von attraktiven Punkten zum Verweilen beiträgt. Die Neuen Ufer, der Bürgerpark Herrengarten und die Erweiterung des Schlossparks sind hier prominente Beispiele aus der jüngeren und jüngsten Vergangenheit.
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Wichtig ist die richtige Mischung. „Der Einzelhandel und auch die Gastronomie sind und bleiben für attraktive Innenstädte unverzichtbar“, hebt Diana Zilz von der städtischen Wirtschaftsförderung hervor. Beide Bereiche seien „in einer vitalen und urbanen Stadt die tragenden Säulen der Zentren“. Doch „die Menschen gehen heute nicht mehr ausschließlich zum Einkauf in die Stadt, sie wollen etwas erleben. Ob in der Gastronomie, in kulturellen Einrichtungen oder einfach nur in konsumfreien Bereichen.“ Die Attraktivität und Vitalität der Bahnhofstraße werde durch das neue Johann-Moritz-Quartier „enorm gesteigert“, ist die Wirtschaftsförderin überzeugt. Die Neuansiedlungen aus Handel, Dienstleistung und Gastronomie „tragen zur qualitativen, nachhaltigen Aufwertung des Branchenmixes bei“.
„Wir haben immer noch Probleme, Mitarbeiter zu bekommen.“
Siegen: Mehr Restaurants in der Innenstadt bedeuten auch mehr Bedarf an Personal
Eine andere Frage ist natürlich, wie eine zunehmende Zahl an Gastro-Betrieben ihren Personalbedarf decken kann. „Da wird sicher eine Kannibalisierung stattfinden“, sagt Lars Martin, stellvertretender Hauptgeschäftsführer im Dehoga (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband) Westfalen und zuständig für den Geschäftsstellenbereich Siegen, im Gespräch mit der Redaktion – merkt allerdings relativierend an, dass eine gewisse Fluktuation in der Branche seit jeher nicht ungewöhnlich ist. Diese steht seit der Pandemie unter erhöhtem Druck, weil während der Corona-Jahre viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in andere Jobs gewechselt sind und danach nicht zurückkehrten.
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Wegen Personalknappheit verkürzten etliche Betriebe deutschlandweit ihre Öffnungszeiten, bedienen Gäste nur noch nach Reservierung oder lockerten ihre Vorgaben bezüglich der Sprachkenntnisse der Belegschaft. Letzteres ist vor allem in Teilen der Systemgastronomie verbreitet: Digitale Terminals ermöglichen eine schnelle Bearbeitung der Bestellung auch dann, wenn nicht alle im Team Deutsch sprechen. Das ist unter anderem in Restaurants von großem Vorteil, die bei ausländischen Studierenden für Nebenjobs besonders gefragt sind.
Siegen: Gastro-Branche arbeitet seit Jahren an besserem Image als Arbeitgeber
„Wir haben immer noch Probleme, Mitarbeiter zu bekommen“, sagt Lars Martin dennoch aus Sicht der Branche. „Es ist aber nicht mehr so schlimm wie vor zwei oder drei Jahren.“ Zudem steige die Zahl der Auszubildenden wieder – und das, obwohl mittlerweile nahezu alle Arbeitgeber aufgrund des demografischen Wandels darüber klagen, dass die Besetzung von Lehrstellen mühsam geworden sei. In der Gastronomie ist vor allem der langfristige Fachkräftemangel schon lange auf dem Radar, weshalb schon seit längerem Anstrengungen unternommen und Veränderungen auf den Weg gebracht wurden. Allem voran wurde an der Bezahlung gedreht, wie Lars Martin betont. Hätten die Ausbildungsvergütungen vor 15 Jahren noch im Bereich von 500 bis 600 Euro gelegen, seien es nun 1150 Euro im ersten Lehrjahr, 1250 im zweiten und 1350 im dritten. Eine Erhöhung um je 50 Euro stehe zum 1. August 2025 an.
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Abgesehen davon wurde Einiges getan, um das Image der Gastronomie als Arbeitgeber zu verbessern. Insbesondere Küchen waren früher für einen, vorsichtig formuliert, mitunter rauen Umgangston bekannt; Überstunden waren in quasi allen Gastroberufen die Regel, Arbeitszeiten abends, nachts und an den Wochenenden sind Standard. Vieles habe sich da gewandelt. „Wir als Verband machen Werbung für die Branche“, erzählt Lars Martin: Info-Kampagnen, Präsenz auf Ausbildungsmessen, Einsatz sogenannter Ausbildungsbotschafterinnen und -botschafter, die jungen Menschen aus erster Hand Einblick in die Jobs gewähren. „Wir sind guter Dinge, dass sich künftig mehr junge Menschen für eine Ausbildung in der Gastronomie entscheiden werden.“
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Das allerdings wird erst langfristig Früchte tragen. Wie kurzfristig eine wachsende Zahl an Gastro-Betrieben etwa in Siegen den Personalbedarf deckt, werde sich zeigen. „Da wird viel mit Studierenden gemacht werden“, schätzt der Dehoga-Vertreter. Nur: Deren Zahl ist in Siegen rückläufig und wird für den lokalen Arbeitsmarkt zusätzlich dadurch begrenzt, dass inzwischen oft größere Teile eines Studiums online absolviert werden können und deshalb keine ständige Präsenz mehr in der Stadt erfordern.
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