Lützel. . Die Ausbildungszahlen im Gastgewerbe sind rückläufig. Ausbildungsbotschafter sollen dazu beitragen, mehr junge Leute für die Branche zu gewinnen.

Es mangelt der Gastronomie nicht an Gästen. Es mangelt an Personal. Heidemarie Leyener, Betreiberin des Hotel-Restaurants Ginsberger Heide, soll helfen, junge Menschen für die Branche zu gewinnen. Der deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) ernannte sie nun zur dritten Ausbildungsbotschafterin im Kreis Siegen-Wittgenstein. Sie weiß, dass keine einfache Aufgabe vor ihr liegt: „Wir müssen den Schülerinnen und Schülern klarmachen, dass unsere Branche viel besser ist als ihr Ruf.“

Das Image ...

ist problematisch. „Die Arbeitszeiten sind bei uns dann, wenn andere Feierabend haben“, sagt der Dehoga-Kreisvorsitzende Arnold Schneider vom Hotel Ewerts in Deuz. Stresssituationen treten naturgemäß auf, die Bezahlung gilt als mäßig. Dennoch sei es „der schönste Beruf der Welt“, sagt Schneider. Ähnlich sieht das Heidemarie Leyener: „Im Herzen freut sich doch jeder, wenn er ein guter Gastgeber ist.“

Die Zahlen ...

sind aber rückläufig, und das überall, wie Lars Martin, stellvertretender Geschäftsführer des Verbands in Westfalen, betont. In die jüngste Sommerprüfung bei der Industrie- und Handelskammer Siegen seien 38 Männer und Frauen gegangen, und das in allen Branchen-Bereichen: Vom Koch über Servicekräfte bis zu Hotelfachleuten. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre habe sich die Zahl in etwa halbiert. Heidemarie Leyener bemerkt das sinkende Interesse in ihrem Alltag. „Vor zehn Jahren“, sagt sie, „hatten wir noch vier, fünf, sechs Bewerbungen um Ausbildungsplätze auf dem Tisch liegen.“ Heute sehe das deutlich anders aus. „Die Ausbildung ist aber sehr wichtig: Sonst haben wir in fünf bis zehn Jahren keine Fachkräfte mehr.“

Mit Aushilfen ...

allein lasse sich diese Lücke nicht schließen. Im Service, gibt Heidemarie Leyener ein Beispiel, gehe es eben nicht nur darum, Zettel zu schreiben und Teller abzustellen, sondern auch um fundierte Beratung zu Speisen und Weinen. Und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen in der Lage sein, auf Unvorhergesehenes zu reagieren. Vor einigen Tagen, als es überraschend schneite, seien in ihrem Restaurant plötzlich rund 100 statt erwarteter acht Gäste erschienen, sagt Leyener. „Dafür brauchen wir Fachkräfte, die das stemmen können und die Nerven behalten.“

Die Bewerber ...

Falsche Erwartungen zurechtrücken

Der Kochberuf, sagt Lars Martin vom Dehoga Westfalen, habe in den vergangenen zehn Jahren „einen wahnsinnigen Imageaufschwung“ erfahren. Grund seien die vielen Kochshows im Fernsehen. Grundsätzlich sei das positiv, gleichzeitig entstünden aber falsche Erwartungen, weil es den tatsächlichen Joballtag nicht widerspiegele. Die Vorbereitung, erst recht das Aufräumen und Putzen im Anschluss ans eigentliche Kochen „kommen im Fernsehen eher selten vor“, sagt Lars Martin. „Viele Jugendliche denken deshalb, der Beruf bestehe ausschließlich aus den Highlights.“ Ein Praktikum helfe, zu einer realistischeren Einschätzung zu gelangen.

Die Bezahlung sei besser als ihr Ruf. Auszubildende im Gastgewerbe erhalten nach Angaben von Lars Martin 750 Euro im ersten Jahr, 850 im zweiten und 1000 Euro im dritten – plus Trinkgelder. Diese würden in vielen Betrieben aufgeteilt, sodass auch die Kollegen in der Küche profitieren. Das tarifliche Einstiegsgehalt für Köche und Hotelfachleute betrage seit 1. November 1964 Euro, nach dem zweiten Jahr 2049 Euro. „Wie es weitergeht, hängt von der Laufbahn ab“, sagt Lars Martin.

müssen also wissen, was auf sie zukommt. „Wir brauchen Leute, die wirklich Lust auf diese Arbeit haben – nicht die, die nichts Anderes kriegen“, sagt Heidemarie Leyener. Lars Martin rät deshalb dazu, unbedingt vorher ein Praktikum zu machen. „Gerade in kleinen Betrieben ist man als Auszubildender gleich mittendrin, muss Verantwortung übernehmen. Das ist nicht für jeden etwas.“ Anderen hingegen käme genau das sehr entgegen. „Und wir müssen die Wichtigkeit des Berufs herausstellen“, betont Heidemarie Leyener. Die Branche sei ganz dicht an einem essenziellen Aspekt des alltäglichen Lebens dran, denn „es ist sehr wichtig, was die Leute essen.“ Entsprechend sollten die Mitarbeiter auch „Wertschätzung in ihrem Beruf erfahren“.

Die Ausbildung ...

müsse sich verändern, ist Lars Martin überzeugt, „wir müssen sie anders gestalten als vor zehn oder 20 Jahren“. Er nennt „Benefits“ als Stichwort, also zusätzliche Vorteile: Vorbereitung auf Prüfungen, Gelegenheiten zu Praktika und Fortbildungen, Auslandsaufenthalte, Qualitätssiegel für gute Ausbildungsbetriebe, damit die jungen Leute vor Ausbeutung wie unbezahlten Überstunden sicher sind. Schwarze Schafe, sagt Martin, trüben das Branchenimage – „aber es gibt sehr viele tolle Betriebe“.

Die Chancen im Berufsleben...

seien sehr gut, versichert Lars Martin. „Wer seine Ausbildung in Deutschland gemacht hat, kann danach überall auf der Welt arbeiten“, beschreibt er das internationale Renommee der deutschen Fachkräfte. Das gelte für Hotels und Restaurants ebenso wie für Ferienresorts und Kreuzfahrtschiffe. Wobei den Ausbildungsbetrieben vor Ort natürlich nicht damit gedient sei, wenn der von ihnen qualifizierte Nachwuchs in die Ferne ziehe. „Wir sagen den Leuten deshalb: Guckt Euch die Welt an. Aber kommt bitte wieder“, sagt Lars Martin. Außerdem gebe es viele Möglichkeiten zur persönlichen Weiterentwicklung, etwa durch ein Studium. „Meiner Meinung beginnt eine Karriere im Gastgewerbe aber immer mit einer Ausbildung, in der man alle Bereiche durchläuft und kennenlernt“, so der Verbands-Vertreter.

Die Botschafter ...

hat der Dehoga 2012 eingeführt. Außer Heidemarie Leyener übernehmen diese Aufgabe noch Andrea Dielmann vom Hotel Ewerts in Deuz und Christian Klein-Wagner vom Gasthof Klein, ebenfalls in Deuz. Sie sollen in Schulen und auf Ausbildungsmessen gehen und bei Jugendlichen für die Branche werben und als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. „Wir brauchen Leute in der Region, die den Beruf leben und jeden Tag ausfüllen“, erklärt Lars Martin das Konzept. In NRW insgesamt gibt es derzeit etwa 60 solcher Botschafter.

Die Perspektiven ...

die die Fachleute derzeit für die Branche angesichts der aktuellen Entwicklungen sehen, sind alles andere als rosig. „Die Gastronomie wird sich in den kommenden zehn Jahren verändern. Es wird nur noch Fastfood auf die Hand und hochpreisige Gastronomie geben“, schätzt Heidemarie Leyener. Der mittlere Bereich werde ausdünnen. Und es würden Betriebe schließen müssen, weil das qualifizierte Personal fehlt. Genau das möchte Leyener als Ausbildungsbotschafterin verhindern helfen.