Siegen-Wittgenstein. . Trotz guter Zahlen haben Hotels und Restaurants in Siegen-Wittgenstein mit einigen Problemen zu kämpfen. Vor allem gibt es Nachwuchssorgen.

Nachwuchssorgen, veränderte Gesetzeslagen, zunehmend rücksichtliches Verhalten von Kunden: Trotz guter Zahlen sieht sich das Gastgewerbe in Siegen-Wittgenstein mit einigen Herausforderungen konfrontiert.

Die Lage

Die Zahl der Übernachtungen ist in Siegen-Wittgenstein von Januar bis September 2018 um 3,5 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum gestiegen. Das sagte Lars Martin, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Westfalen bei einem Pressegespräch im Hotel-Restaurant Ginsberger Heide in Lützel. Er beruft sich dabei auf die jüngsten vorliegenden Zahlen des statistischen Landesamts IT.NRW.

In die Betrachtung fließen Betriebe mit mehr als zehn Betten ein. In den ersten neun Monaten 2018 waren in Siegen-Wittgenstein 111, auf die das zutrifft, geöffnet. Dort gab es 632.028 Übernachtungen, die mittlere Auslastung der 5019 angebotenen Betten lag bei 45,8 Prozent. Rund 80 Prozent der Übernachtungsgäste in der Region, sagt Lars Martin, seien Geschäftsreisende. „Wir hängen am Tropf der Konjunktur. Wenn es der gut geht, geht es den Gastgebern gut.“ Tourismus spiele zwar eine Rolle, aber „da müssen wir uns nichts vormachen: Wir sind hier industriell geprägt.“ Für die Gastronomie konnte Martin keine konkreten Zahlen nennen, doch „auch hier ist man nicht unzufrieden“, was die Umsätze 2018 angeht. Das gelte aber nicht unbedingt für „das, was hinterher übrig bleibt. Die Erträge gehen nach unten.“ Steigende Personal- und Energiekosten schmälern die Gewinne, diverse Einflussfaktoren und offizielle Vorgaben erschweren die Abläufe.

Personal

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Die Suche nach Personal gestaltet sich immer schwieriger. Das Interesse junger Menschen an einer Ausbildung im Gastronomie-Bereich hat über die Jahre kontinuierlich abgenommen. Die Branche hat ein Imageproblem, wie Lars Martin einräumt: Die Arbeitszeiten gelten als schlecht, die Bezahlung als mäßig. Nur mit Aushilfen lasse sich der Mangel an Fachkräften nicht auffangen: „Ich kenne Betriebe, die bereits an den Öffnungszeiten schrauben oder einen zweiten Ruhetag pro Woche einführen.“

Vorgaben

„In den vergangenen acht Monaten sind wir so überrollt worden von Veränderungen und Gesetzen, dass wir nicht wissen, wo uns der Kopf steht“, betont der Dehoga-Vertreter.

- Die Umsetzung der im Mai in Kraft getretenen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) binde sehr viel Arbeitszeit oder koste, bei Inanspruchnahme eines externen Dienstleisters, viel Geld. Dennoch sei sie in der Praxis kaum zu leisten. Er sei mit Fragen konfrontiert worden, ob Mitarbeiter sich am Telefon überhaupt noch mit Namen melden oder im Haus Namensschilder tragen und ob Gäste mit Namen angesprochen werden dürften. Die Umsetzung der DSGVO trifft kleinere Unternehmen tendenziell härter als große: Grundsätzlicher Aufwand- und Klärungsbedarf sind nämlich immer ähnlich, ob es sich nun um einen kleinen Betrieb oder einen Konzern handelt.

- Durch die Änderung der Pauschalreiserichtlinie werde es für Hotels schwieriger, Gästen zusätzliche Angebote zu machen. „Mit allem, was über die reine Übernachtung hinausgeht, werde ich jetzt Reiseveranstalter“, erläutert Martin – und nennt als Beispiel Wellnesswochenenden. Damit verändern sich Haftungsbedingungen; zusätzliche – teure – Versicherungen werden erforderlich.

- Die Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes zum 1. Januar 2019 sei „lebensfremd“, sagt Lars Martin. Darin sei festgelegt, dass die wöchentliche Mindest-Arbeitsstundenzahl um maximal 25 Prozent überschritten werden dürfe. Dies dient zwar dem Arbeitnehmerschutz, stehe aber genau der Flexibilität entgegen, mit der Aushilfen im Gastro-Bereich eingesetzt würden – und übrigens oft auch von sich aus zur Verfügung stünden. Da die Betriebe auf Wetterlagen, Saison oder die Nachfrage an bestimmten Wochentagen kurzfristig beweglich reagieren können müssten, sei eine solche Vorgabe kaum einzuhalten.

Gästeverhalten

„Ein großes Problem ist inzwischen, dass Gäste reservieren – und dann nicht kommen, aber nicht absagen“, sagt Martin. Darin zeige sich ein steigender Hang zur „Unverbindlichkeit in der Gesellschaft“. Für Gastronomen bedeute es aber deutliche Einbußen, wenn statt zehn angekündigten Personen nur fünf an einem Tisch säßen – oder sogar gar keiner käme. „Das treibt mittlerweile absurde Blüten“, betont der Fachmann. „Es gibt Gruppen, die reservieren für einen Abend in drei Restaurants, damit sie noch kurzfristig entscheiden können, in welches sie gehen. Und in den anderen beiden sagen sie dann nicht einmal ab.“

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