Berchum. Am Rande von Berchum liegt eine uralte Ruine. Einst hausten dort Ritter - doch längst verfallen die alten Mauern. Eine Gruppe von Berchumern will das ändern:
Die Neubaugebiete in Berchum lassen leicht vergessen, dass dieses kleine Dorf zwischen Hohenlimburg und Garenfeld auf eine jahrhundertealte Geschichte zurückblickt. An die tiefen historischen Wurzeln erinnert bis heute eine Ruine am Rande des Dorfes, mitten im Grün der Gräser. Dort war mal der Hof von waschechten Rittern.
Fasziniert von dieser Ruine, dem „Haus Berchum“, hat sich vor einigen Jahren im Dorf eine Gruppe um Claus Bohne und Wilfried Mann gebildet. Die beiden Berchumer, die fest in der Dorfgemeinschaft verankert sind, haben es sich mit Mitstreitern zur Aufgabe gemacht, mehr über die Geschichte ihres Dorfes ans Tageslicht zu bringen - und die jahrhundertealte Ruine neu zu beleben.
Historische Wurzeln
An diesem Tag hängen Wolken über Berchum. Über den Köpfen knistern Stromleitungen, deren Trassen sich über das landwirtschaftlich genutzte Feld ziehen, auf dem die Ruine von Haus Berchum steht. Wann dieser einstige Rittersitz gebaut wurde, das ist ungewiss. „Wir wollen unsere Arbeit richtig machen und dabei wissenschaftlich sein. Hierbei arbeiten wir auch nur mit zuverlässigen Quellen“, erklärt Bohne. Auf einer dieser Quellen beruft sich auch die historische Gruppe, wenn es darum geht, besagte Haus Berchum einzuordnen.
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Der frühste Nachweis über Haus Berchum ist auf das Jahr 1243 datiert. In einer Urkunde aus jenem Jahr belohnt Graf Dietrich von Lymburg einen seiner treuen Gefährten für seine Dienste mit einem Burglehen beim kleinen Dorf „Berchem“. Bei Graf Dietrich von Lymburg, auch Dietrich von Altena-Isenberg genannt, handelt es sich übrigens um jenen Grafen, der auch den Grundstein für Schloss Hohenlimburg legen sollte.
Ebenso wie das Schloss Hohenlimburg wurde auch Haus Berchum einst auf erhöhter Lage errichtet, an einem steilen Hang oberhalb der Lenne. „Das Haus wurde strategisch klug platziert“, erklärt Claus Bohne, „Man konnte von dort sowohl direkt auf die Syburg als auch das Schloss Hohenlimburg blicken.“ Damals ging dies laut Bohne, da die Wälder um das Haus gerodet waren und einen freien Blick ermöglichten. Auch der Zugang zur Lenne war, laut Bohne, ein anderer. Damals habe es nämlich einen seichten Hang hinab zur Lenne gegeben. Die heutigen Steilhänge seien erst mit dem Bau der Verbandsstraße entstanden.
Die Sommerserie „Schätze am Wegesrand“
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Häufige Besitzerwechsel
Im Laufe der Geschichte wechselten die Bewohner von Haus Berchum. Vier Adelsfamilien sollen bis zum Ende des 18. Jahrhundert auf dem Anwesen gelebt haben, so schreibt es der Hohenlimburger Heimatforscher Hermann Esser, der sich Ende der 1920er-Jahre ausführlich mit dem Haus Berchum befasst hat. Für ihn zieht sich die Verschuldung ihrer früheren Eigentümer wie ein roter Faden durch die Historie des Hauses. Auch Kriege, Verwüstungen und Plünderungen hinterließen ihre Spuren, sodass die letzte Herrin vor 232 Jahren das Anwesen an einen Handelsmann verkaufte. Bald darauf sollte Haus Berchum an den Grafen zu Bentheim Tecklenburg gehen, die es schließlich an die Bauernfamilie Rasche verkauft haben.
Turmhaus steht bis heute
Bis heute ist die Ruine in privater Hand. „Die Ruine ist im Besitz meiner Familie seit langer Zeit“, erläutert die Eigentümerin Brigitte Bärthel-Wolf. Die Ruine gehöre zum Raschenhof, in dem heute ein Kindergarten beherbergt ist. Bärthel-Wolf erinnert sich, dass die Ruine zu Kindheitszeiten ihrer Mutter als Remise für Wagen genutzt wurde. Ihre Mutter war eine geborene Rasche, sagt Bärthel-Wolf. „Die Familie Rasche stammt ursprünglich aus Duisburg und der Vater meiner Mutter hat den Hof geerbt.“
Ruine in Berchum
Bestand der Hof im Mittelalter wohl aus vier Häusern, einer Mauer und einem Graben, steht heute nur noch die Ruine des Turmhauses. Wenige Jahre vor der Eingemeindung von Berchum und Hohenlimburg nach Hagen wurde diese Ruine zuletzt restauriert, damals mit Mitteln vom Kreis Iserlohn, des Kreisheimatbundes und des Landeskonservators. Dabei wurde im Grundbuch die Verpflichtung eingetragen, die Ruine „in dem heutigen Zustand zu belassen und keine Änderungen vorzunehmen“, so heißt es in einem Aufsatz der Hohenlimburger Heimatblätter über Haus Berchum.
„Die Witterungen und die Bäume, die Wurzeln geschlagen haben, greifen die alten Mauern an. Von den Restaurierungsarbeiten ist heute nicht mehr viel zu sehen. Am liebsten würden wir das Haus Berchum wieder aufbauen - und zwar historisch akkurat.“
Witterung greift Mauer an
Claus Bohne steht vor der Ruine, schaut auf die alten Steine. Zusehends verschwindet das Mauerwerk, das unter Denkmalschutz steht, unter Wildwuchs, Sträuchern und Gestrüpp. „Die Witterungen und die Bäume, die Wurzeln geschlagen haben, greifen die alten Mauern an“, sagt der Berchumer. „Von den Restaurierungsarbeiten ist heute nicht mehr viel zu sehen.“ Am liebsten würden er und seine Mitstreiter das Haus Berchum wieder aufbauen, sagt er, „und zwar historisch akkurat.“