Hagen. Das Haus der Ruhrkohle ist aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Ein Treffen mit Eigentümer und Investor, die Einblicke in die Sanierung geben.
Es war Liebe auf den ersten Blick. Ohne lange zu überlegen, hat Andreas Lohmeyer vor zwölf Jahren „Ja“ gesagt und es bis heute keinen einzigen Tag bereut. Gemeinsam mit Thomas Schmidt-Hansen als Hauptinvestor und einem weiteren Investor hat der Notar und Rechtsanwalt am 19. Dezember 2013 das denkmalgeschützte „Haus der Ruhrkohle“ an der Gerichtsstraße 25 in Hagen bezogen.
„Das Angebot, dieses Haus zu kaufen, flog mir spontan zu und ich habe in dem Moment gespürt, dass ich zugreifen muss. Und seitdem freue ich mich jeden Tag, wenn ich in dieses Haus in meine Büroräume komme, in denen ich ja die aktive Tageszeit verbringe“, berichtet Lohmeyer.
Erbaut wurde das Haus der Ruhrkohle 1925 vom Hagener Architekten Ernst Kohlhage im sogenannten Backsteinexpressionismus für die Kohlenhandelsgesellschaft „Mark“ Siepmann, Schrader & Co. KG.
„Viele Hagener und Hagenerinnen erinnern sich an das Haus, unter anderem weil sie hier ihren Führerschein abgeholt oder ihr Auto angemeldet haben.“
Backsteinexpressionismus bezeichnet einen besonderen Architekturstil unter der Verwendung von Backsteinen oder Klinkern und speziellen Ornamenten, besonders beliebt in Deutschland in den 1920er-Jahren. Jahrzehnte war „die Ruhrkohle“ Sitz verschiedener städtischer Behörden, „dann lag das Haus jahrelang im Dornröschenschlaf, bis wir es wachgeküsst haben. Viele Hagener und Hagenerinnen erinnern sich an das Haus, unter anderem weil sie hier ihren Führerschein abgeholt oder ihr Auto angemeldet haben. Denn lange Zeit waren hier zu Beginn das Straßenverkehrsamt und zuletzt das Liegenschaftsamt“, so Lohmeyer.
Heute finden sich in dem alten Gebäude neben den Kanzleien von Andreas Lohmeyer und einer Steuerberaterin, eine Werbeagentur und das Büro von Unternehmer Thomas Schmidt-Hansen, der sich auf die Sanierung von denkmalgeschützten Gebäuden spezialisiert hat. Der Turm erschließt weitere Flächen, die an viele kleinere Unternehmen vermietet sind.
Die Sommerserie „Schätze am Wegesrand“
In der großen Sommerserie der Hagener Stadtredaktion erzählen wir die Geschichten von außergewöhnlichen Häusern und Landmarken: Viele haben sie vielleicht schon einmal am Wegesrand entdeckt, wissen aber nicht, was sich dahinter verbirgt. Folgende Teile sind bereits erschienen:
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Dem Haus seine Identität wiedergeben
Etwa ein Jahr hat die Sanierung des denkmalgeschützten Verwaltungsgebäudes gedauert. Bei der Renovierung wurde ganz genau auf jedes Detail geachtet: „Es war uns wichtig, dass wir dem Haus seine Identität wiedergeben, deshalb haben wir versucht, so viel wie möglich im Originalzustand zu renovieren und zu erhalten“, sagt Andreas Lohmeyer.
Die Zusammenarbeit mit der Unteren Denkmalbehörde sei geradezu vorbildlich gewesen, „ich habe viel über das Haus und seine Geschichte gelernt“. Die Türgriffe sind aus dem Jahr 1925, ebenso die imposanten Uhren im Treppenhaus vor Kopf in den oberen Etagen.
Auch der Parkettboden wurde aufwendig aufgearbeitet, lediglich die Farbgestaltung haben die Investoren etwas angepasst. „Zum Farbkonzept dieses Architekturstils gehörte Aubergine, ein helles Blau und ein bestimmter Ocker-Farbton. Allerdings erinnert an diese Farbe heute nur noch ein schmaler Streifen im Treppenhaus.”
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Wenn Andreas Lohmeyer über das Haus der Ruhrkohle spricht, ist ihm seine Begeisterung für das historische Gebäude mit jedem Satz anzumerken. Es sei ein stolzes, selbstbewusstes Haus, das trotz seiner Größe einladend wirke. Der bekennende Ruhrgebiets-Enthusiast sei besonders fasziniert von den vielen liebevollen Details des Hauses. Dazu zählen das - jetzt hinterleuchtete - historische Buntglasfenster mit dem Steigermotiv am Treppenabgang zum Keller oder auch die zahlreichen umlaufenden Bergbaufiguren aus Klinker an der Fassade des Gebäudes.
Aufwendige Sanierung
Wie hoch die Sanierungskosten waren, wollen die Investoren nicht verraten: „Wir haben allerdings einen großen Schock bekommen, als es zunächst hieß, dass wir alle 174 doppelflügigen Fenster einzeln aufarbeiten sollen. Der finanzielle Aufwand wäre definitiv zu hoch gewesen. Letztlich wurden dann alle Fenster gegen Nachbauten aus Holz ausgetauscht. Außerdem haben wir z.B. in Glasfaser, neue Heizkörper und neue Leitungen investiert. Dies sieht man nicht, aber das Haus ist mit seinen über 2000 Quadratmetern Bürofläche energetisch in vielen Bereichen auf dem Stand eines Neubaus im Sanierungsjahr 2013.”
Immer wieder komme es zu spontanen Führungen mit Mandanten durch das Haus: „Viele Mandanten sind ganz begeistert von dem Haus, und dann gibt es immer eine Express-Führung von mir”, sagt Andreas Lohmeyer und lacht.
Hauptinvestor Thomas Schmidt-Hansen, der mit seinem Unternehmen zahlreiche denkmalgeschützte Gebäude in der Region saniert hat, appelliert an die Bürger, nicht nur neue Häuser zu bauen und zu kaufen, sondern alten Gebäuden wieder neues Leben zu geben: „Ein denkmalgeschütztes Gebäude zu kaufen und zu sanieren, ist immer ein Abenteuer, aber in den meisten Fällen - wie hier beim Haus der Ruhrkohle - ein Abenteuer mit Happy End.”
„Ein denkmalgeschütztes Gebäude zu kaufen und zu sanieren, ist immer ein Abenteuer, aber in den meisten Fällen - wie hier beim Haus der Ruhrkohle - ein Abenteuer mit Happy End.“
Das Haus der Ruhrkohle als ein Symbol der Geschichte des Bergbaus im Ruhrgebiet wirke mit seiner Ausstrahlung auf die Menschen, wenn sie sich darauf einließen, so Andreas Lohmeyer. Immer spüre er die Dankbarkeit dieses Hauses dafür, dass es seine Identität zurückerhalten habe - und dass seine spontane Entscheidung, dieses Haus zu erwerben und sich in ihm im besten Sinn des Wortes niederzulassen, richtig war.