Hagen. Ein Ehepaar kümmert sich liebevoll um das Anwesen mitten im Grünen. Besuch an einem besonderen Ort, den auch Feriengäste schätzen:
Es ist ein besonderer Ort. So besonders und versteckt, dass viele womöglich noch nie hier gewesen sind, oder überhaupt hiervon wissen. Dieser Ort, der so besonders ist, liegt versteckt hinter einem Messingtor an der Tiefendorfer Straße in Hagen. Und er ist das Zuhause von Marion Weldon-Schewe, Thomas Weldon und Border Collie Milo: der Waldhof Tiefendorf.
Wer hier ankommt, der fühlt sich, als ob er zumindest für kurze Zeit in ein Märchen abgetaucht ist. Das alte Fachwerkhaus mit Ausblick auf die Wiesen und Felder, ein kleines Teehaus, eine Holzhütte zum Spielen für die Kinder, der plätschernde Bach und Grün so weit das Auge reicht. Hasen, Füchse, Dachse, Marder oder Rehe schleichen hier oft des Nachts oder am Tag vorbei. Das pure Leben. Und trotzdem so still, dass man oft nur den Bach vor sich hinplätschern hört. „Wir wissen es sehr zu schätzen, dass wir so leben dürfen“, sagt Marion Weldon-Schewe und lächelt. Leben, wo andere Urlaub machen. Und das sogar im wörtlichen Sinne. Aber dazu später mehr.
„Wir wissen es sehr zu schätzen, dass wir so leben dürfen“
Eine lange Geschichte
Thomas Weldon ist auf dem Hof aufgewachsen, sein Großvater hatte ihn in den 50er-Jahren gekauft. Das Haupthaus selbst gibt es schon weit länger - seit 1750, damals noch als kleiner Kotten. „Zumindest, soweit wir wissen. Davon steht allerdings nur noch eine Mauer“, blickt Thomas Weldon auf die historischen Aufzeichnungen, die sein Großvater über die Jahre gesammelt hat. 9600 Quadratmeter Gelände umfasst der Waldhof heute. Die beiden, also Thomas und seine Frau Marion, kümmern sich um alles. Mehrere Häuser, eine Scheune. Mit dem Aufsitzrasenmäher trimmen sie den Rasen, sie pflegen die Beete und Grünanlagen, sie verheizen eigenes Holz, seit die Energiekosten so angestiegen sind.
Marion Weldon-Schewe ist gelernte Dekorateurin, er arbeitet im Stahlsektor, hat ein Büro auf dem Hofgelände. Seit 2002 leben sie nun schon gemeinsam im Haupthaus, nachdem es umgebaut und modernisiert wurde. „Vorher haben wir aber auch schon auf dem Hof gelebt“, betont das Ehepaar. Damals übrigens, also in den Anfängen, sei die Post noch über Schwerte gekommen, das Telefon lief über Hohenlimburg. „Erst Anfang des letzten Jahrhunderts wurden Teile des alten Hauses abgerissen und neu aufgebaut.“ Ein Unternehmer aus Hagen erweiterte den Hof um 1919. Dann kaufte es Thomas Weldons Großvater um 1953 - und mit ihm wuchs der Waldhof Tiefendorf nach Plänen des Hohenlimburger Architekten Otto de Berger
Die Sommerserie „Schätze am Wegesrand“
In der großen Sommerserie der Hagener Stadtredaktion erzählen wir die Geschichten von außergewöhnlichen Häusern und Landmarken: Viele haben sie vielleicht schon einmal am Wegesrand entdeckt, wissen aber nicht, was sich dahinter verbirgt. Folgende Teile sind bereits erschienen:
- Bahnhof Hagen-Dahl: Wohnen, wo die Züge rollen
- Pavillon in der Hagener City - das Reisebüro schließt, und dann?
- Blau-Weißes Haus am Tücking: Dort wohnt gar kein Schalke-Fan
- Leben wie im Märchen: Ein Besuch auf dem Waldhof in Hagen-Tiefendorf
- Historisch: Ein Blick in die gelbe Villa in Hohenlimburg
- Das unerreichbare Haus: Es wurde bei der Eingemeindung vergessen
- Liebe auf den ersten Blick - und neues Leben im Haus der Ruhrkohle
- Wie aus Grimms Märchen: Das Haus Ruhreck - und seine Rettung
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- Wie eine Millionensumme eine Hagener Fabrik rettet
- Ein Besuch in der „Burg“ in Hohenlimburg an der Lenne
- Leben im grünen Paradies - neben dem Backhaus in Wehringhausen
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- Fachwerkhaus wird aus Dornröschenschlaf geweckt
- Wie eine Burg: Auf den Spuren der roten Cuno-Siedlung
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- Von vielen Stellen aus zu sehen: Der Funkturm auf dem Riegerberg
- Villa am Goldberg: Hier gibt es keine rechteckigen Zimmer
- Die Lust an der Einsamkeit: Familie lebt in Hagen im Forsthaus
- Juwel im Grünen: Die Geschichte einer Dahler Villa
- Eine Tour zu versteckten Ecken im Hagener Hohenhof
- Bordell in Hagen: Eine Peepshow und wie hier alles begann
- Die Insel im Hengsteysee: Der Mäuseturm und seine Geschichte
- Berchumer möchten vergessene Ruine neu beleben
Feriengäste aus vielen Ländern
In dem Teehäuschen, das Anfang der 60er errichtet wurde, sitzt Marion Weldon-Schewe gern mit einer Freundin zum Plauschen oder Lesen. Neben dem Haupthaus gibt es noch ein weiteres Wohnhaus - dort befindet sich eine kleine Ferienwohnung, im Obergeschoss noch das Büro von Thomas Weldon, die Wohnung im Erdgeschoss ist untervermietet.
„Man würde es gar nicht glauben. Aber wir haben Gäste aus Spanien, Holland, England oder Hamburg. Vieles sind Familienbesuche. Aber ein Pärchen aus Holland kommt immer wieder zum Wandern“, erzählt die Hagenerin und lächelt. Bereits seit fünf Jahren vermieten sie das Apartment über die Plattform Airbnb - rund 75 Quadratmeter, zwei Schlafzimmer, Küche, Wohnzimmer. „Hauptsächlich haben wir positive Erfahrungen gemacht. Es ist immer wieder toll, neue Leute kennenzulernen“, betonen beide.
Neben der Arbeit auf dem Hof hat Marion Weldon-Schewe noch eine weitere Leidenschaft: Kunst, Und dabei ist es egal, ob es um Musik oder Malerei geht. „Ich habe lange in einer Band gespielt, ich singe und würde gerne wieder hier auf dem Hof musizieren“, sagt die Hagenerin. In der alten Scheune gibt es schon seit vielen Jahren eine Bühne und entsprechendes Equipment. „Aktuell suche ich zum Beispiel nach einem oder einem Keyboarder bzw. einer Keyboarderin oder Cellisten. Die Proben könnten hier stattfinden.“
„Wir möchten das, was wir hier mit Leib und Seele tun, anderen zugänglich machen. Was hat man davon, wenn man Schönes nicht teilt?“
Denn: Die Scheune wird derzeit vorwiegend für private Feiern genutzt. In Zukunft würde das Ehepaar gerne regelmäßiger Konzerte oder Lesungen anbieten und eine kleine Galerie auf dem Hof einrichten. „Ich lebe Kunst und Musik. Wir möchten das, was wir hier mit Leib und Seele tun, anderen zugänglich machen. Was hat man davon, wenn man Schönes nicht teilt?“.
Und ja, ganz objektiv betrachtet muss man einräumen: Es ist schön, hier auf dem versteckten Waldhof in Tiefendorf. Der Bach plätschert, die Bäume rascheln im Wind. Ansonsten ist da nichts. Außer Hund Milo. Der für sein Leben gern Ball spielt. Platz dafür hat er hier jedenfalls genug.