Hagen. Abgelegen, mitten im Wald, liegt der 90 Meter hohe Fernmeldeturm auf dem Riegerberg in Hagen. Aber was genau ist heute eigentlich seine Funktion?
Wir sind mitten im Wald, auf den Selbecker Höhen. An einem Ort, der nur zu Fuß über den Eilper Hangstieg und eine Wegabzweigung erreichbar ist. Es nieselt. Kein Betrieb. Nur Reporterin, Fotograf, die verlassenen Wege und die Ruhe des Waldes. Und dann ist er plötzlich da. 90 Meter hoch ragt der Stahlbeton-Koloss aus dem Wald in die Luft, schießt zwischen den Bäumen empor, wie ein Eigengewächs, das eigentlich nicht hier hingehört: der Fernmeldeturm.
Er thront über den grünen Hügeln der Stadt auf dem Riegerberg. Durch seine exponierte Lage ist er von vielen Stellen in der Innenstadt aus sichtbar. Weil er so zum Stadtbild dazugehört, nehmen viele ihn vielleicht bewusst gar nicht mehr wahr. Viele wissen vermutlich auch nicht, was heute seine Funktion ist. Oder waren gar einmal an diesem einsamen Ort. Eine Spurensuche auf dem Riegerberg.
„Er ist einer der wichtigste Funkstandort in der Region - und das schon seit fast 50 Jahren“
Nein, er ist nicht etwa vergleichbar mit dem Berliner Fernsehturm, dem Europaturm in Frankfurt oder dem Heinrich-Hertz-Turm in Hamburg. Trotzdem ist der Turm am Riegerberg in Hagen „einer der wichtigste Funkstandort in der Region - und das schon seit fast 50 Jahren. Früher hat er analoge Ferngespräche weitervermittelt, heute ist er wichtig für modernen 5G-Mobilfunk und in Zukunft wird er neue Technologien unterstützen“, sagt Benedikt Albers vom Unternehmen „Deutsche Funkturm“, die den Standort betreut. Der Fernmeldeturm ist, kann man sagen, ein „altes Schätzchen“. „Er wurde 1975 im Auftrag der damaligen Deutschen Bundespost gebaut“, so Albers.
Die Sommerserie „Schätze am Wegesrand“
In der großen Sommerserie der Hagener Stadtredaktion erzählen wir die Geschichten von außergewöhnlichen Häusern und Landmarken: Viele haben sie vielleicht schon einmal am Wegesrand entdeckt, wissen aber nicht, was sich dahinter verbirgt. Folgende Teile sind bereits erschienen:
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Türme untereinander verbunden
In den 60er- und 70er-Jahren hatte die Bundespost in Deutschland ein dichtes Netz von Fernmeldetürmen aufgebaut, die untereinander über Richtfunk verbunden waren. So habe man Signale (zum Beispiel Ferngespräche, Fernsehsignale) „von Turm zu Turm“ durch ganz Deutschland senden können. „Dabei wurden vor allem in den Metropolen individuelle Sondertürme gebaut (zum Beispiel Fernsehtürme in Berlin, Dortmund, Köln), die allermeisten Türme wurden aber eher schlicht und funktional gebaut – so auch unser Turm in Hagen“, erklärt der Unternehmenssprecher. Insgesamt gebe es etwa 300 Fernmeldetürme, die über ganz Deutschland verteilt sind, außerdem beispielsweise auch Dach-Stationen. Erst in Lüdenscheid steht von Hagen aus der nächste baugleiche Turm.
Rundfunkantennen in der Turmspitze
Der Bau am Riegerberg ist insgesamt 90 Meter hoch, davon die ersten 75 Meter als massive Stahlbetonkonstruktion. „In der Spitze des Turms (15 Meter hoch) sind die Rundfunkantennen untergebracht. Der Durchmesser des Turmschafts beträgt im unteren Bereich 5,6 Meter, die unteren beiden Antennenplattformen haben einen Durchmesser von jeweils 10,4 Meter“, so Albers mit Blick auf die technischen Daten.
Die oberste Antennenplattform hat dann nur noch einen Durchmesser von knapp 4,6 Metern - außerdem wird der Turm nach oben hin deutlich „schlanker“. In 75 Metern Höhe misst er nur noch einen Durchmesser von 2,6 Metern. „Der erste Umlauf, auf dem man den Turm verlassen kann (wie ein Balkon), befindet sich auf 42 Metern. Die Antennenplattformen liegen auf 60 und 67,5 Metern Höhe. Die letzte Plattform und das Ende des eigentlichen Turms liegen bei 75 Metern, dann folgt die Antenne“, erklärt Albers den Aufbau.
„Der Fernmeldeturm ist so robust und solide konstruiert, dass wir ihn nur in großen Abständen warten müssen. “
Über die Außenleitern kann man die Bereiche am Turm erreichen. Die Antennen und Funktechnik seien sehr wartungsarm, „das heißt, hier muss nur sehr selten jemand vor Ort an den Anlagen arbeiten“, so Albers. Ähnlich verhalte es sich mit dem Bauwerk. „Der Fernmeldeturm ist so robust und solide konstruiert, dass wir ihn nur in großen Abständen warten müssen. Ähnlich wie der TÜV beim Auto prüfen wir etwa alle zwei Jahre die Außenhaut, ob der Beton noch wind- und wetterfest ist.“ Das Gelände ist umzäunt und videoüberwacht.
Handygespräche und Radioprogramme
Auch heute senden noch viele verschiedene Antennen unterschiedliche Funkdienste vom Fernmeldeturm aus. „Dazu zählen unter anderem verschiedene Radioprogramme, Mobilfunk für die Telekom und Telefónica, Funkruf beispielsweise für Rettungsdienste, Richtfunk und weitere Funkdienste für Behörden und Ämter“, erklärt Albers. Der Turm habe somit die Funktion eines Richtfunksammlers für den Mobilfunk. „Das bedeutet, dass er über Richtfunk mit anderen Mobilfunkmasten in Verbindung steht, die viele Kilometer weit entfernt sein können. Der Fernmeldeturm am Riegerberg sammelt die Gespräche dieser Mobilfunkmasten ein und leitet sie ins Telefonnetz weiter. Es kann also gut sein, dass Ihr Handygespräch über den Turm läuft, selbst wenn Sie nicht mal in der Nähe sind.“
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Das Unternehmen „Deutsche Funkturm“ stellt den Ausbau der Infrastrukturen für die deutschen Mobilfunkanbieter, Rundfunksender, Betreiber von Richtfunkstrecken sowie für die Funknetze von Behörden und weiteren Institutionen sicher, erklärt das Unternehmen seine Aufgaben. Es wurde 2002 als Tochter der Deutschen Telekom gegründet und hat seit 2023 die amerikanische „DigitalBridge“ und die kanadische „Brookfield“ als zusätzliche Eigentümer. Mit einem Portfolio von rund 35.200 Antennenstandorten ist das Unternehmen der größte Betreiber von Funk-Infrastruktur im Land.