Duisburg-Nord. Der Duisburger Norden soll wachsen. Hier entstehen viele Häuser und Wohnungen in Walsum, Hamborn und Meiderich/Beeck – nicht immer ohne Konflikt.
Der Duisburger Norden soll wachsen, und viele Wohnbauvorhaben, die sich vor allem an junge Familien richten, haben im auslaufenden Jahr Schlagzeilen gemacht. Meistens begrüßten die Stadt Duisburg und ihre Einwohnerinnen und Einwohner diese Bauvorhaben. Doch es gab durchaus Kritik an Wohnbauprojekten. Es folgt eine Auswahl.
Klimaschutzsiedlung in Duisburg-Walsum
Die „Vierlinden-Höfe“ sind Duisburgs erste Klimaschutzsiedlung. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gebag hat das Neubauviertel auf dem Gelände der früheren Fridtjof-Nansen-Realschule errichtet. Bis März 2022 soll die Siedlung an der Goerdelerstraße und Beckstraße bezogen sein. Zu ihr gehören insgesamt 98 Wohnungen zwischen 57 und 110 Quadratmetern. Mehr als die Hälfte sind Sozialwohnungen.
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Um die Kriterien einer Klimaschutzsiedlung zu erfüllen, werden etwa die Dächer begrünt und mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet. Auf Autos mit Verbrennungsmotoren soll weitestgehend verzichtet werden, zum Konzept gehören Elektro-Autos, Carsharing und ein Fahrradverleih. Weitere solcher Quartiere sollen künftig folgen.
„Neumühl-Quartier“ mit dem früheren St.-Barbara-Hospital als Mittelpunkt
Nach Jahren der Planung sollte eigentlich 2021 der Bau des „Neumühl-Quartiers“ beginnen. Rund um das ehemalige St.-Barbara-Hospital soll ein Vorzeigeviertel auf knapp 60.000 Quadratmetern entstehen, mit rund 400 Wohnungen, Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen, Kultur- und Freizeitangeboten, Gastronomie und mehr. Einen gültigen Bebauungsplan gibt es seit 2018, doch der Investor, Jörg Lemberg von der Berliner IPK, hatte auf Verzögerungen beim Planfeststellungs- und Baugenehmigungsverfahren verwiesen und so begründet, dass die Bauarbeiten noch nicht begonnen haben.
Nach Feuer in St. Barbara – Anwohner werden ungeduldigIm November brannte der Dachstuhl aus, die Polizei nimmt Brandstiftung an. Kurz darauf löschte die Feuerwehr einen erneuten Brand in der Klinik. Seither kritisieren die Anwohner, dass das Projekt nicht vorankommt, und berichten von Vandalismus in dem leerstehenden Krankenhaus. Der Baubeginn ist laut Investor inzwischen für Anfang 2022 vorgesehen, die Stadt hat bereits erste Baugenehmigungen erteilt.
Bahnbrache wird zum Neubaugebiet „Am Weißen Stein“
Auf einer Bahnbrache in Vierlinden hat die Stadt ein Neubaugebiet mit rund 40 Wohneinheiten genehmigt, die als individuelle Einfamilienhäuser, Doppelhaushälften, Reihenhäusern und Mehrfamilienhäuser entstehen sollen. Auf dem 18.500 Quadratmeter großen Areal an der Straße „Am Weißen Stein“ sind laut dem zuständigen Maklerbüro CCC-Immogrund bereits alle Einzelgrundstücke verkauft.
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Die ersten Bagger rollen bereits, um Keller anzulegen. Die Fachleute im Rathaus versprechen sich von dem Bauprojekt „einen großen Gewinn für den Stadtteil“ und erhoffen sich „positive Impulse für ganz Walsum“.
„Deichhöfe“: Neues Quartier mit 300 Wohnungen und Rheinblick
Ein neues, großes Wohnquartier soll am Rheinufer entstehen. Dieses Vorhaben könnte das kleine Beeckerwerth nachhaltig verändern. Dafür will der Investor, die Projekt Rheinblick GmbH aus Ruhrort, die Rheinklinik abreißen. Auf dem fünf Hektar großen Klinikgelände sollen bis zum Jahr 2030 in sechs Bauabschnitten 300 Wohnungen gebaut werden. Das geht aus Unterlagen der Stadt Duisburg und des vom Investor beauftragten Planungsbüros ISR hervor.
Rheinklinik in Duisburg wird abgerissen- Der ZeitplanDemnach soll die Helios-Fachklinik für geriatrische Rehabilitation im dritten Bauabschnitt (2026) weichen, das achtstöckige ehemalige Schwesternheim hingegen saniert werden. Dennoch will Helios die Reha-Klinik mit ihren 150 Mitarbeitern samt Leistungsspektrum erhalten. Zunächst läuft der Betrieb ohnehin weiter, doch das Gesundheitsunternehmen sucht bereits einen neuen Standort außerhalb von Beeckerwerth.
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Die ersten zwei neuen Häuser an der Ahrstraße sieht das Großprojekt bereits im Jahr 2022 vor. Bei der öffentlichen Vorstellung im Juli war jedoch der Bauantrag noch nicht eingereicht, und es standen noch Gutachten aus.
Kurz nach Bekanntwerden des Bauvorhabens ereignete sich die Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pflanz, und viele Duisburgerinnen und Duisburger kritisierten anschließend das Bauprojekt hinterm Rheindeich scharf. „Alle potenziellen Umweltbelange werden noch in den Blick genommen, dabei wird auch das Thema Hochwasser angesprochen“, sagte damals Stadtsprecherin Gabi Priem und betonte, dass das Projekt ergebnisoffen sei. Grundsätzlich hält man im Rathaus aber an den Deichhöfen fest.
Schandfleck von Ratingsee weicht Mietwohnungen
Viele Jahre hatten die Meidericher darauf gewartet, und im Januar rückten endlich die Bagger an und rissen mit der Kirchenruine Maria Königin einen Schandfleck ab. Auf das Areal kommen bald 46 Mietwohnungen, sie sind zwischen 55 und 85 Quadratmeter groß und überwiegend Sozialwohnungen.
Abriss der früheren Kirche Maria Königin
Auf dem zuvor zugewucherten Brachgelände in Ratingsee an der Westender Straße plant der beauftragte Architekt Dieter Düster zudem betreutes Wohnen für behinderte Menschen; 16 Plätze sind geplant. Neuerdings gehört zu dem Wohnquartier auch eine künftige Kindertagesstätte mit vier Gruppen.
Der stählerne Kirchturm, das Wahrzeichen von Ratingsee, kann erhalten bleiben, wie Statiker im August ermittelten. Der Baubeginn ist für Anfang 2022 vorgesehen.
Neubauprojekt schafft 100 Einfamilienhäuser in Duisburg-Meiderich
Noch ist die Bahnbrache an der Steinstraße/Hoher Weg in Meiderich zugewuchert. Die Dornieden-Gruppe hat das Grundstück im Dezember 2020 gekauft, um dort rund 100 Einfamilienhäuser zu bauen. Junge Familien oder Paare sollen einziehen. „Das ist ein ganz wichtiges Projekt für den Duisburger Norden und für Meiderich“, ordnete der zuständige Stadtplaner Patrick Huhn im September ein. Die Eigenheime sollen diejenigen Meidericher im Stadtteil halten, die ein eigenes Haus bauen wollen.
Ohnehin findet der Stadtplaner das Wohngebiet ideal: Ein Supermarkt sichert die Grundversorgung, die Anbindung an den Nahverkehr ist durch Busse, U-Bahn und den fußläufig erreichbaren Meidericher Bahnhof hervorragend, die Einkaufsstraße ist ebenfalls nah, und der Fahrradweg „Grüner Pfad“ läuft durch das Gelände.
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Dass nördlich des Plangebiets, jenseits der Bahnschienen, die Vohwinkelstraße verläuft, die derzeit zur Umgehungsstraße ausgebaut wird, soll die Attraktivität des Quartiers nicht mindern. „Man kann in Ruhe auf der Terrasse sitzen, frühstücken und die Morgensonne genießen“, verspricht Huhn mit Blick auf den geplanten Lärmschutz.
Die Vista-Reihenhaus GmbH, eine Dornieden-Tochter, setzt bei den Eigenheimen auf „die bewährten Haustypen“, so ein Sprecher. Gefragt seien besonders zwei Typen: die Häuser vom Typ Vista-M haben eine Wohnfläche von 110 Quadratmetern, bis zu vier Zimmer inklusive einem Dachgeschoss sowie Küche, Bad und Gäste-WC. Der größere Haustyp Vista-L hat eine Wohnfläche von 129 Quadratmetern und zusätzlich ein potenzielles fünftes Zimmer. Weitere Details will Dornieden erst im nächsten Sommer nennen, sofern dann, wie erwartet, Baurecht herrscht.
Bauvorhaben mit 25 Eigenheimen bedroht Fortbestand eines Tennisclubs
Ein Wohnviertel mit 25 Einfamilienhäusern plant die Dornieden-Gruppe aus Mönchengladbach auf dem Grundstück des abgerissenen Meidericher Hallenbads. Ihre Vista Reihenhaus GmbH will zwischen der Borkhofer Straße, Tönniskamp und den Tennisplätzen des Meidericher Tennisclubs 03 zwei unterschiedliche Haustypen bauen: 17 Mal den Typ L und achtmal den kleineren Typ M. Wie auch schon beim Neubauvorhaben an der Steinstraße/Hoher Weg sollen in erster Linie junge Familien dort leben. Sie bekommen zwei Stellplätze pro Einfamilienhaus, außerdem gibt es 19 öffentliche Parkplätze.
Da durch das Bauvorhaben dennoch netto 40 Parkplätze wegfallen, bangt der benachbarte Tennisclub um seine Existenz, befürchtet einen erheblichen Mitgliederschwund und Umsatzeinbußen für seine Gaststätte. Zwar könnten auf dem Vereinsgelände, das der Stadt gehört, neue Parkbuchten entstehen. Dem Club fehlt nach eigenen Angaben dafür aber das nötige Geld. Ob die Stadt als Pächterin finanziell einspringt, ist ungeklärt.
„Diese Problematik wird im weiteren Verfahren ausführlich thematisiert und geprüft“, macht Stadtsprecher Falko Firlus Hoffnung auf eine Lösung. Diese hat noch Zeit, die ersten Bagger rollen frühstens im ersten Quartal 2023.
Pächter kämpfen um ihre Kleingärten und gegen neue Häuser in Duisburg-Beeck
Dass die Ruine des 2001 geschlossenen Hallenbads in Beeck abgerissen werden muss, ist unstrittig. Ein Investor will dort 43 Wohneinheiten bauen, elf als Mehrfamilienhäuser und die übrigen als Einfamilienhäuser, Doppelhaushälften, Reihen- und Kettenhäuser.
Für Aufregung sorgte jedoch im Frühjahr ein Plan der Stadt Duisburg, mit dem sie eine mögliche Isolation der neuen Siedlung verhindern will: Auf dem städtischen Gelände westlich vom Plangebiet sollen Kleingärten verschwinden, damit dort weitere Häuser entstehen können.
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Die betroffenen Pächter, die die Grundstücke teils seit den 1950ern in der dritten Generation nutzen, hatten davon aus der Zeitung erfahren und seither für den Erhalt ihrer Gärten gekämpft. Diese befinden sich auf sogenanntem Grabeland, dessen Pachtvertrag mit Monatsfrist gekündigt werden kann. Wie aus einem Infoschreiben der Stadt an die Betroffenen hervorgeht, sollte die Kündigung zu Herbst 2023 erfolgen.
Doch die Bezirksvertretung Meiderich/Beeck sprang den Pächtern zu Hilfe und beschloss, dass die Stadt dieses zusätzliche Bauvorhaben neben dem Hallenbad-Areal aufgeben soll. Die Beecker können ihre Gärten also zunächst behalten. Langfristig gerettet sind die Kleingärten aber erst, wenn die Stadtverwaltung das Grabeland an die Pächter verkauft – das lehnt sie bislang ab.
Müll, Drogen, Prostitution – Stadt Duisburg will Wohnbau auf Gelände der Frankenschule
Die leerstehende Frankenschule ist ein Ärgernis für die Menschen in Vierlinden.Sie berichten von Müll, illegaler Prostitution und Rauschgifthandel. Zudem hat es in dem Gebäude mehrfach gebrannt. Beim Feuer im Juli vermutet die Polizei Brandstiftung. „Eine dauerhafte Verbesserung der Situation vor Ort kann nach unserer Ansicht nur durch eine bauliche Neugestaltung des Geländes erreicht werden“, teilte die Stadt auf Nachfrage mit und will das Gelände verkaufen.
Müll, Drogen, Prostitution- Frankenschule in Walsum verkommtDas Unternehmen Vivawest hat daran großes Interesse und möchte auf dem Schulgelände neu bauen. Trotz monatelanger Gespräche mit dem Rathaus ließ sich aber keine Einigung über den städtebaulichen Entwurf finden. Daher kündigte die Stadt ein öffentliches Bieterverfahren an. Daran will sich Vivawest beteiligen, denn dortige Neubauten sollen das künftige Wohnquartier am Franz-Lenze-Platz ergänzen.
Das Areal gegenüber der Frankenschule gehört dem Gelsenkirchener Unternehmen bereits. Es plant darauf etwa 65 seniorengerechte Wohnungen. Zudem liegt bereits für fünf Einfamilienhäuser (Am Witrahm 6 bis 6d), die vorrangig für Familien gedacht sind, eine Baugenehmigung vor. Sie gilt noch bis Sommer 2024.