Duisburg-Beeckerwerth. Die Duisburger leben gerne in Beeckerwerth, schätzen Gemeinschaft und Natur. Dennoch sind Senioren geradezu aufgeschmissen. Das hat viele Gründe.

Im kleinen Beeckerwerth leben die Duisburger gerne. Das zeigt der Stadtteil-Check, bei dem die Teilnehmer ihrem Zuhause eine Gesamtnote von Zwei minus (2,48) gegeben haben, die Bestnote der örtlichen Befragung. Sie liegt über dem gesamtstädtischen Mittelwert und nicht weit weg von den Spitzenreitern Röttgersbach, Alt-Walsum und Wehofen. Doch der tatsächlich errechnete Durchschnittswert aller Kategorien spricht eine ganz andere Sprache: Mit Ausreichend plus (3,71) gehört er in Duisburg zum unteren Drittel, wenn auch die schlechten Ergebnisse von Marxloh oder Bruckhausen noch weit entfernt sind.

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„Wir sind froh, dass wir in Beeckerwerth wohnen“, sagt Sandra Sommer, die dort aufgewachsen ist und besonders den dörflichen Charakter sehr schätzt. Die Mittdreißigerin heißt eigentlich anders, möchte aber über den Stadtteil-Check ganz offen sprechen und daher ihren echten Namen lieber nicht in der Zeitung lesen. Sie diskutiert über die Ergebnisse ihrer Heimat mit Oliver Wolters (52), der ebenfalls dort aufgewachsen ist und sich genauso als Lokalpatriot versteht.

Beeckerwerth ist eine große Gemeinschaft, in der alle gegenseitig aufeinander achten

„Beeckerwerth ist eine große Gemeinschaft, jeder passt auf jeden auf. Wir achten gegenseitig aufeinander“, erklärt sich Sandra Sommer die gute Note beim Sicherheitsgefühl (2,62). Sie selbst habe auch keine Angst, wenn sie mal nachts im Dunkeln durch die Straßen laufe, und auch Trickbetrüger hätten es schwer. Sobald etwa falsche Handwerker auftauchen, spreche sich das in Windeseile rum, auch dank sozialer Medien. „Die Buschtrommeln funktionieren gut“, lautet das Fazit der jungen Frau.

Der Hochbunker zählt zu den markantesten Gebäuden im kleinen Duisburg-Beeckerwerth.
Der Hochbunker zählt zu den markantesten Gebäuden im kleinen Duisburg-Beeckerwerth. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Besser funktionieren könnten dagegen die Rettungswege für die Feuerwehr, wenn sie zu einem Brand ausrücken, weist Wolters auf viele enge, beidseitig zugeparkte Straßen (Parkplätze: 3,43) hin. Allerdings sei deswegen noch kein Unglück passiert. Zudem ärgert sich Sommer über Autos und Busse, die durch den Ort heizen. Dieses Verhalten nehme sie zusammen mit andere Eltern als Gefahr für Kinder und Jugendliche wahr, die draußen spielen.

Einen großen Vorteil ihrer Heimat sehen die beiden Beeckerwerther grundsätzlich im Zusammengehörigkeitsgefühl, weshalb für sie die Gemeinschaft mit 3,03 auch zu schlecht bewertet sei. Man kenne seine Nachbarn und grüße sich. Ohnehin gebe es viele Eigentumshäuser und dadurch nur wenig Fluktuation in den Wohnvierteln.

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Diesen Dorfcharakter mit wachsamen Nachbarn müsse man allerdings mögen, betont Sommer. Sie hält den Stadtteil aber auch deshalb für relativ sauber (3,52): „Man kann eigentlich seinen Müll kaum illegal abladen, irgendwer sieht das immer.“ Zudem gibt es örtliche Initiativen für saubere Nachbarschaften, die etwa das Rheinufer von Abfall säubern.

Anwohner behaupten: „Kindern kann hier gar nicht langweilig werden“

Viel zu gut weg kommen aber aus Sicht der jungen Mutter, die einen Grundschüler zuhause hat, die Angebote für Kinder (2,94). „Für Kinder gibt es hier fast gar nichts mehr“, kritisiert sie und meint damit öffentliche Spielmöglichkeiten, abseits der Kindergärten, wie den „veralteten Bolzplatz in der Nähe der Kirche“ oder „das alte Klettergerüst“ auf dem Schulhof der Grundschule. Spielplätze von Wohnungsbaugesellschaften wurden zweckentfremdet und daher habe es, gerade abends, „immer wieder Palaver“ gegeben. „Dabei hat Beeckerwerth viele junge Familien mit Kindern“, so Sommer.

Der Schwalbenplatz mit Geschäften, Gastronomie und der ehemaligen katholischen Kirche ist das Herzstück von Duisburg-Beeckerwerth.
Der Schwalbenplatz mit Geschäften, Gastronomie und der ehemaligen katholischen Kirche ist das Herzstück von Duisburg-Beeckerwerth. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

„Kindern kann hier aber gar nicht langweilig werden“, behauptet Oliver Wolters und macht dafür vor allem ein lebendiges Vereinsleben verantwortlich (Freizeit: 3,48), das er selbst im Karnevalsverein mitgestaltet. „Hier bist du einfach in einem Verein, und da sind auch deine Freunde.“ Besonders die zahlreichen Angebote der Sportclubs für Jung und Alt gefallen auch Sandra Sommer, ob Fußball, Schwimmen, Leichtathletik, Tanz, Tennis oder Kanu. Tatsächlich müssen sich die Clubs intensiv um Mitglieder kümmern, weiß Wolters, denn „es gibt viel Konkurrenz“ im nahen Laar, Ruhrort oder Homberg.

„Das grünste Fleckchen im ganzen Duisburger Norden“

In der Corona-Zeit hat sich jedoch der Trend verstärkt, seine Freizeit zuhause zu verbringen. Zumal viele Anwohner in der Pandemie ihre Gärten und großen Balkone schätzen gelernt haben, und im Sommer viele Familien den eigenen Pool nutzen.

Besonders mögen die Beeckerwerther aber die Natur vor der Haustür, wie Oliver Wolters stolz hervorhebt: „Wir sind das grünste Fleckchen im ganzen Duisburger Norden.“ Besonders beliebt ist das Rheinufer, das für Familien, Jogger, Fahrradfahrer und Hundehalter gleichermaßen attraktiv ist.

Der Stadtteil ist für Senioren nicht geeignet

So toll auch Spaziergänge am Rhein sind, „für Senioren ist es hier überhaupt nicht schön“, sagt der 52-jährige Lokalpatriot und findet die Note 3,72 noch zu gut. Der Grund: „Ohne Führerschein hängt man hier tot überm Zaun.“ Denn der Nahverkehr (4,49) sei „richtig schlecht“, die zwei verbleibenden Buslinien kein Vergleich zu früher. Die gekappte Direktverbindung nach Meiderich ärgere viele Leute – und treffe besonders die Alten. Hinzu kommt: Die Kirchen sind geschlossen, der Wochenmarkt ist aufgegeben und der Sparkassenbus hat die Filiale ersetzt.

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„Um Mittagessen zu kochen, haben wir alles hier“, will Sandra Sommer trotzdem Positives nicht unerwähnt lassen. Durch den Lebensmitteldiscounter, die Trinkhalle, den Getränkemarkt und den Bäcker habe man alles für die Grundversorgung, obwohl der Stadtteil in den letzten Jahren viele Fachgeschäfte verloren hat (Einkaufen: 4,61).

Leckere Pizza lässt das nur kleine gastronomische Angebot vergessen

Zwar ist das gastronomische Angebot (4,61) ebenfalls nur klein: zwei Vereinskneipen, eine Eisdiele und eine Pizzeria. Doch „der Pizzabäcker ist weltberühmt“, schwärmt Sommer von ihrem italienischen Lieblingsrestaurant. Es liegt nahe des Schwalbenplatzes, dem Herzstück des Stadtteils, wo sich Nachbarn, Bekannte und Freunde treffen und sich darüber austauschen, was in ihrem schönen Dorf am Rhein so alles los ist. Und die Menschen dort haben ein schönes Leben, weiß Sandra Sommer: „Einmal Beeckerwerther, immer Beeckerwerther.“

>> LOB FÜR DIE MEDIZINISCHE VERSORGUNG IM STADTTEIL

• Über die medizinische Versorgung (3,50) mit Apotheken und Ärzten kann man sich nicht beschweren, findet Oliver Wolters und schließt natürlich auch die Rhein-Klinik ein: „Es ist alles da.“

• Von der Politik (4,53) fühlen sich die Beeckerwerther inzwischen oft vergessen. „An unserer Laterne hängt im Wahlkampf immer irgendein Kopp, den sehe ich dann immer vom Schlafzimmer aus“, sagt Sandra Sommer, aber außer OB Sören Link und dem Laarer Ratsherrn Manfred Kaiser seien die meisten Lokalpolitiker im Stadtteil unbekannt.

• Der Stadtteil-Check ist eine Umfrage aus dem Jahr 2020, die vor der Corona-Pandemie durchgeführt wurde. Die Ergebnisse wertet die Redaktion seither mit Einwohnern, nach und nach, für alle 46 Duisburger Stadtteile aus.