Duisburg-Meiderich. Anwohner beklagen Probleme mit der Trinkerszene am Meidericher Bahnhof. Wie Polizei und Stadt Duisburg die Lage einschätzen. Ein Ortsbesuch.

Für Alkoholiker ist der Meidericher Bahnhof ein beliebter Treffpunkt, damit haben sich auch die Nachbarn längst abgefunden. Dennoch beklagen sie jetzt zunehmend Probleme mit der Trinkerszene vor ihrer Haustür. „Sie saufen von morgens bis abends, grölen, streiten und prügeln sich untereinander“, sagt Anwohnerin Heike Hahn und fordert eine Lösung von der Polizei oder der Stadt Duisburg. Die 66-Jährige heißt eigentlich anders, will aber ganz offen über die „unerträgliche Situation“ sprechen und deshalb ihren echten Namen nicht in der Zeitung lesen.

So schlimm wie noch im Sommer 2020 sei es zwar nicht mehr, so die Meidericherin, aber mit der Ruhe, die später durch den Corona-Lockdown, durch Ausgangssperren und verstärkte Kontrollen eintrat, sei es vorbei. Zumal aktuell die „Snack Station“, der türkische Bahnhofsimbiss mit Trinkhalle, eine beliebte Anlaufstelle der Szene ist.

Pendler äußern Verständnis für die von der Trinkerszene genervten Anwohner

So auch am vergangenen Freitag. Berufspendlerin Andrea Schmitz aus Obermeiderich kauft sich spätnachmittags an der Snack Station einen Kaffee und lässt sich einen Döner einpacken. Sie hat Verständnis für die Anwohner, die von den Alkoholikern genervt sind. Auch sie fühle sich als Fahrgast gestört, wenn die Trinker sich lauthals zanken oder Passanten bepöbeln. Das komme häufig vor.

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Gerade ist es aber ruhig, und Andrea Schmitz hätte es sich gerne am Stehimbiss mit ihrem Kaffee gemütlich gemacht. Aber alle Stehtische und die nahen Bahnhofssitzbänke sind belegt. Dort sitzen jedoch nicht nur Alkoholkranke aus der Trinkerszene, auch Dietmar Gleibs, der auf dem Heimweg nach Röttgersbach sein Feierabendbier genießt. „Früher war es hier viel schlimmer“, sagt der 61-Jährige, jetzt gebe es nur noch ab und zu „ein bisschen Palaver“ und „die Unruhestifter sind ziemlich unter sich“. Jedoch vermutet er, dass „die Gestalten hier am Bahnhof“ gerade auf Frauen gefährlich wirken.

An der „Snack Station“, einem türkischen Imbiss mit Trinkhalle, kaufen nicht nur Pendler oder Schüler ihre Getränke oder Döner ein. Die Trinkerszene schätzt dieses Angebot am Meidericher Bahnhof ebenfalls.
An der „Snack Station“, einem türkischen Imbiss mit Trinkhalle, kaufen nicht nur Pendler oder Schüler ihre Getränke oder Döner ein. Die Trinkerszene schätzt dieses Angebot am Meidericher Bahnhof ebenfalls. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

„Ich hatte hier noch nie ein schlechtes Gefühl“, widerspricht die 15-jährige Katharina Höhn. Fast täglich sei sie am Bahnhof und beobachte nicht, dass die Situation wegen Trinkern – oder gar wegen Drogendealern – schlimmer geworden sei. „Es ist hier immer gleich schlimm“, findet die Jugendliche und erzählt, dass sie auch schon Schlägereien mitbekommen hat. „Ich fühle mich sicher“, sagt sie entschieden und steigt in ihren Bus.

Polizei Duisburg patrouilliert verstärkt am Meidericher Bahnhof

Dennoch hat die Polizei Duisburg ihre Präsenz am Meidericher Bahnhof und in den Nebenstraßen erhöht, behandelt die Gegend derzeit als „polizeilichen Schwerpunkt“ und will das Sicherheitsgefühl erhöhen. So gab es zuletzt vermehrt Patrouillen zu Fuß und per Streifenwagen. „Wir haben festgestellt, dass wir dort präsent sein müssen“, sagt Polizeisprecher Jonas Tepe. Seit Jahresbeginn gab es demnach rund 100 Einsätze, die sowohl auf Anrufe zurückgehen als auch auf diese Patrouillen. Ruhestörung durch die Trinkerszene habe jedoch nur zwei Einsätze ausgelöst.

„Die Situation ist nicht vergleichbar mit anderen Großstadtbahnhöfen im Ruhrgebiet“, betont Jonas Tepe. Zudem seien Probleme mit Trinkern, Dealern oder Junkies im Kantpark und Böninger Park deutlich größer. Ebenso sei andernorts die Ruhestörung gravierender, etwa wenn sich die Raserszene in Hamborn auf der L1, der alten B8, illegale Rennen liefert.

Dass Meiderich vergleichsweise harmlos ist, zeigen auch die diesjährigen Einsätze. So unterstützten Polizisten „sehr, sehr häufig“ die Duisburger Verkehrsgesellschaft und den städtischen Sicherheitsdienst Octeo bei Fahrscheinkontrollen, wenn Personalien festgestellt werden sollen. Dass Ruhestörung ein wachsendes Problem ist, wie Heike Hahn und auch ihre Nachbarn beklagen, kann Jonas Tepe nicht bestätigen. Zudem habe es entsprechende Anrufe oder Hinweise seit über einem Monat nicht mehr gegeben.

Polizeistreifen sind keine dauerhafte Lösung für die Probleme

Neben der Polizei und Octeo ist auch der städtische Außendienst mehrfach in der Woche am Bahnhof, um die Lage zu überprüfen. „Sobald uniformierte Kräfte gesichtet werden, werden allerdings grundsätzlich meistens keine Ordnungswidrigkeiten begangen“, räumt Stadtsprecherin Gabi Priem ein und verweist auf vereinzelte Beschwerden beim Ordnungsamt über „subjektiv empfundenes Unwohlsein“ wegen der Trinkerszene. „Von Übergriffen oder Pöbeleien gegenüber Dritten ist nichts bekannt.“

Die lärmgeplagte Heike Hahn wünscht sich dennoch, dass Polizei und Stadt sich noch stärker bemühen, das alltägliche „Palaver und Gegröle der Säuferclique“ einzudämmen. „Wir können nur für einen Moment für Ruhe sorgen“, will Polizeisprecher Jonas Tepe keine falschen Hoffnungen wecken. „Eine dauerhafte Lösung ist die Polizei dafür nicht.“

>> BEI PÖBELEIEN, GESCHREI ODER WILDPINKELN DAS ORDNUNGSAMT ANRUFEN

Da sich der Treffpunkt der Trinkerszene vom Taxistand am Bahnhofsvorplatz zur „Snack Station“ verlagert hat, glaubt Heike Hahn, dass es die Situation entspannen würde, wenn die Stadt dem Betreiber den Alkoholverkauf verbietet. Dabei ist bereits, wie bei vielen Trinkhallen, „der Verzehr alkoholischer Getränke vor dem Kiosk (…) amtlich nicht gestattet“, wie ein Aushang informiert.

Einem Verkaufsverbot erteilt die Stadt eine klare Absage. Es sind im Rathaus keine Rechtsverstöße des Gastrobetriebs bekannt. Beschwerden über die Snack Station gibt es auch nicht. Daher sei es rechtlich nicht möglich, den Alkoholverkauf zu verbieten.

● Grundsätzlich rät Stadt allen, die Anpöbeln von Passanten, lautes Geschrei oder Wildpinkeln am Bahnhof beobachten, das Ordnungsamt anzurufen: 0203 283-3900. Aber Stadtsprecherin Gabi Priem betont: „Der Aufenthalt bestimmter Personen(-gruppen) an dieser Örtlichkeit stellt allerdings keine Ordnungswidrigkeit dar.“