Duisburg-Beeckerwerth. Hinterm Rheindeich in Beeckerwerth sollen bis zu 300 neue Wohnungen entstehen. Wie die Stadt Duisburg dort jetzt die Hochwassergefahr einschätzt.

Die Flutkatastrophe war noch nicht über das Ruhrgebiet, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hereingebrochen, als die Stadt Duisburg das geplante Wohnquartier Deichhöfe am 8. Juli erstmals öffentlich vorstellte. Nach dem Unwetter mit Todesopfern und unzähligen zerstörten Existenzen, ist das Großprojekt von Duisburgern sehr deutlich kritisiert worden, obwohl ihre Heimat verschont blieb. Denn durch diese Baumaßnahme sollen in den nächsten Jahren bis zu 300 neue Wohnungen hinterm Deich in Beeckerwerth entstehen, teilweise mit Rheinblick.

Die zuständige Stadtplanerin Merle Möhlenbeck aus dem Rathaus sieht in den Deichhöfen eine Aufwertung für Beeckerwerth und in dem „sehr schönen Wohnstandort“ einen Gewinn für Duisburg und gleichsam eine Chance für den Stadtteil, sich weiterzuentwickeln. Grundsätzlich begrüßt auch die Bezirksvertretung die Pläne und hat nur vereinzelte Bedenken, ob etwa durch die Nähe zum Rhein überhaupt die geplanten Tiefgaragen möglich sind, und dass die jahrelangen Bauarbeiten die Anwohner durch Lastwagen und Lärm ans Limit bringen könnten.

Duisburger üben deutliche Kritik an Wohnbauprojekt Deichhöfe

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Deutlicher sind jedoch die Leser dieser Zeitung mit ihrer Kritik an dem Großprojekt auf dem Gelände der Helios-Rheinklinik, die voraussichtlich im Jahr 2026 für Wohnhäuser abgerissen werden soll. So diskutieren sie unter anderem auf Facebook mit Blick in die Eifel: Der Rhein brauche „seine natürlichen Auslaufzonen bei Hochwasser“, die nicht zubetoniert werden sollten. Leser befürchten, dass die Deichhöfe bei Extrem-Hochwasser die ersten Häuser seien, „die als frische Neubauten unter Wasser stehen“.

Wenig Beachtung schenken diese Kritiker dagegen dem Hinweis eines anderen Lesers, der betont: „Die Neubauten und auch das alte Krankenhaus stehen nicht im Vorflutgelände, sondern hinter dem Deich.“ Sollte Hochwasser demnach den Deich überspülen, „steht halb Beeckerwerth im Wasser“.

Stadt Duisburg wird das neue Wohnquartier mit Rheinblick nicht beerdigen

Beerdigen will die Stadtverwaltung das Bauprojekt auch nach dem tragischen Unwetter nicht, bekräftigt allerdings, was Stadtplanerin Merle Möhlenbeck bereits Anfang Juli immer wieder unterstrich: dass es noch viele offene Fragen gibt, die erst noch durch Gutachten geklärt werden müssen.

Stadtplanerin Merle Möhlenbeck sieht in dem neuen Wohnquartier in Duisburg-Beeckerwerth einen Gewinn für den Stadtteil. Dennoch sind aktuell noch viele Fragen nicht abschließend geklärt. Dazu zählt auch der Hochwasserschutz der bis zu 300 neuen Wohnungen.
Stadtplanerin Merle Möhlenbeck sieht in dem neuen Wohnquartier in Duisburg-Beeckerwerth einen Gewinn für den Stadtteil. Dennoch sind aktuell noch viele Fragen nicht abschließend geklärt. Dazu zählt auch der Hochwasserschutz der bis zu 300 neuen Wohnungen. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

„Alle potenziellen Umweltbelange werden noch in den Blick genommen, dabei wird auch das Thema Hochwasser angesprochen“, ergänzt jetzt Stadtsprecherin Gabi Priem auf Nachfrage und verweist auf das „sehr frühe Stadium“ des Wohnbauprojekts, das noch ein „ergebnisoffenes Verfahren“ sei.

Nur „minimales Restrisiko“: Menschen und Gebäude sind sicher hinterm Rheindeich

Die Rheinklinik und die nahe gelegenen Häuser, die alle hinterm Rheindeich liegen, bewertet die Stadt Duisburg auch mit Blick auf die jüngste Hochwasser-Katastrophe aktuell als sicher. „Die Senke am Deich in Beeckerwerth wird ab einem Pegel von 10,40 Meter verstärkt, um eine ausreichende Aufbruchsicherheit zu gewährleisten“, erläutert Priem. In der Folge der schweren Regenfälle in der dritten Juli-Woche war der Rheinpegel in Duisburg bis auf 9,24 Meter gestiegen.

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Notfallpläne dienen in einem weiteren Schritt dazu, eine zweite Verteidigungslinie aufzubauen und zu evakuieren, sollte doch mit einem Deichversagen zu rechnen sein. „Dies wäre nach Sanierung des Deiches allerdings ein äußerst unwahrscheinlicher Fall“, betont Priem. Zudem müssen die Notfallpläne regelmäßig angepasst werden und auch in Duisburg sollen künftig Lehren aus der Flutkatastrophe in Bad Münstereifel und dem Ahrtal einfließen.

Die Deichsanierungen, etwa in Beeckerwerth und Laar, sollen demnach den Hochwasserschutz verbessern, indem sie die Standsicherheit der Bauwerke erhöhen, die teils noch aus der Nachkriegszeit stammen. Dadurch soll Duisburg sicher sein für den Fall eines H500, also eines Hochwassers, das statistisch nur alle 500 Jahre vorkommt.

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Doch auch solch modernisierte Deiche schaffen keine absolute Sicherheit für Menschen und Gebäude. „Grundsätzlich gibt es keinen hundertprozentigen Hochwasserschutz. Auch nach der Sanierung bleibt ein minimales Restrisiko“, stellt Stadtsprecherin Gabi Priem klar.

Wohnbauprojekt kommt geplanter Deichsanierung zuvor

Diese Modernisierungen der Rheindeiche sollen nach aktuellem Zeitplan bis 2030 erfolgen. Bis dahin soll das Wohnbauprojekt Deichhöfe jedoch schon beendet sein. Der Ruhrorter Investor, die Projekt Rheinblick GmbH, hat dem Rathaus den Beginn des ersten von sechs Bauabschnitten bereits für nächstes Jahr in Aussicht gestellt. Diesen Bauabschnitt muss die Fachverwaltung gestatten, sofern der Bauantrag nach dem Baugesetzbuch genehmigungsfähig ist. Und dies ist laut Stadtplanerin Merle Möhlenbeck sehr wahrscheinlich. Unlängst sagte sie: „Planungsrechtlich ist aktuell nichts zu beanstanden.“

>> ZEITPLAN FÜR DIE DEICHSANIERUNG IM NORDEN

● Im aktuellen Sanierungsplan für die Duisburger Deiche, der gut zehn Jahre umfasst, sind bislang erst zwei Bauabschnitte im Duisburger Süden beendet.

● Im Stadtnorden sollen in Beeckerwerth, Haus-Knipp-Straße bis Röhrdorfer Straße, die Rheinkilometer 783,3 bis 783,8 bis zum Jahr 2023 modernisiert werden. Der Abschnitt Beeckerwerth/Laar, hinter dem das Wohnquartier Deichhöfe gebaut werden soll (781 bis 783,5), wird laut der Stadt Duisburg voraussichtlich bis 2030 folgen.