Die Woche im Rathaus

Offiziell tun es Hamburgs Parteispitzen überhaupt nicht. Inoffiziell treffen sie sich dazu in Hinterzimmern und vereinbaren danach eisernes Stillschweigen. Es geht um Spiele. Gedankenspiele zwar nur, aber die haben es in sich. Im Mittelpunkt steht die Frage, wer auf welchem Posten dem nächsten Senat angehören könnte. Wer ist "senatorabel" - und in welcher Behörde? Das Thema ist ein Minenfeld. Öffentlich darüber zu sprechen hieße zum einen, die angepeilten und immer wieder verkündeten Mehrheiten auch mal infrage zu stellen, zum anderen, manchen altgedienten Parteirecken (und Wahlkämpfern) aus den eigenen Reihen vor den Kopf stoßen zu müssen. Beides will man in der heißen Wahlkampfphase um jeden Preis vermeiden. Hier nun ein paar zurzeit laufende Planspiele im Schnelldurchlauf.

Im Falle einer Großen Koalition ist höchst fraglich, ob Ole von Beust weiterhin als Bürgermeister zur Verfügung stehen würde. Als erster Chef eines schwarz-grünen Senats würde von Beust bundesweit Beachtung finden, außerdem hat er oft genug betont, dass ihm das Regieren mit den frischen Grünen rein gefühlsmäßig mehr liegen würde als mit der SPD. Und auch Michael Naumann ist als Junior-Partner auf der Senatsbank kaum vorstellbar.

Kultursenatorin von Welck gilt als unantastbar

Sollten sich beide aus der hamburgischen Tagespolitik zurückziehen, würde CDULandeschef Michael Freytag voraussichtlich das Bürgermeisteramt übernehmen. Mit Ingo Egloff als Wirtschaftsund Michael Neumann als Innensenator könnte er möglicherweise leben. Dass die SPD nach dem Sozialressort greift, ist logisch, und auch über andere "feindliche Übernahmen" ließe sich verhandeln, zum Beispiel das Wissenschaftsressort. Als weitgehend unantastbar gilt bei einer Großen Koalition eigentlich nur die parteilose Kultursenatorin Karin vonWelck, die sich über die Parteigrenzen hinaus einen guten Namen gemacht hat. Dass Michael Naumann dem nicht viel entgegenzusetzen hat, zeigte sich am vergangenen Dienstag, als er den einstigen Thalia-Intendanten Jürgen Flimm als "Berater in Kulturfragen" im Rahmen seines Kompetenzteams offiziell vorstellte. Flimm ist zwar Kenner der Hamburger Kulturszene, steht als Senator aber gar nicht zur Verfügung, weil ihn sein Arbeitsvertrag an Salzburg bindet.

Haupt-Knackpunkte bleiben bei so ziemlich allen Konstellationen die Schlüsselressorts Finanzen und Schule. Die CDU wird sich die Hoheit über Hamburgs Kassen nicht aus der Hand nehmen lassen, und mit der Bildungshoheit sieht es ähnlich aus. Die Differenzen in der Schulpolitik ließen sich aus Sicht der CDU mit der SPD allerdings noch eher regeln als mit der GAL. Offiziell setzt sich die SPD bekanntlich auch für die Einheitsschule ein, anders als die GAL peilt SPD-Schattenschulsenatorin Britta Ernst diese aber als Fernziel an − und Fernreisen können bekanntlich manchmal lange dauern. Fraglich, ob Carsten Lüdemann bei einer Großen Koalition Justizsenator bliebe. Wäre das Amt vakant, könnte nach Einschätzung von Insidern Innenstaatsrat Christoph Ahlhaus (CDU) Ambitionen anmelden, während bei Rot- Grün GALier Till Steffen gute Karten hätte.

GAL-Landeschefin Anja Hajduk hat Interesse am Finanzressort

Egal ob Rot-Grün oder Schwarz-Grün: GAL-Landeschefin Anja Hajduk hat dem Vernehmen nach Interesse am Finanzressort, außerdem fordert die GAL wieder eine eigenständige Umweltbehörde. Als möglicher Umweltsenator wird Fraktionsvize Christian Maaß gehandelt, der auch umweltpolitischer Sprecher ist. Aber: Am Freitag präsentierte Michael Naumann Ver.di-Landeschef Wolfgang Rose als möglichen Arbeitssenator. Fraglich, ob neben einem solchen zusätzlichen Senatorenamt unter Rot-Grün überhaupt noch ein Umweltsenator durchsetzbar wäre. Sollte es die SPD, wie gemunkelt wird, bei einem Umweltstaatsrat belassen wollen, wäre das sicherlich Konfliktpotenzial für anstehende Koalitionsverhandlungen.

Sollte es für Schwarz-Gelb reichen, ließe sich die FDP diesmal nicht mit nur einem Senatorenposten abspeisen. Je nach Wahlergebnis und "good will" der CDU könnten drei Posten drin sein. Traditionell greifen die Liberalen gerne nach den Ressorts Justiz und Wirtschaft, von der Schulpolitik werden sie nach den leidvollen Erfahrungen nach 2001 mit Sicherheit die Finger lassen. Spitzenkandidat Hinnerk Fock ist als Kultursenator vorstellbar, Burkhardt Müller-Sönksen wird sich für Justiz empfehlen. Auch gut vorstellbar, dass die FDP wieder einmal einen "großen Namen" von außerhalb aus dem Hut zaubert. Dass Ole von Beust nach derWahl von 2003 gleich vier Parteilose von auswärts zu Senatoren gemacht hatte, war bei den Wählern gut angekommen. Der frühere BDI-Chef Olaf Henkel hat schon abgewinkt. Aber das tun vorher ja so ziemlich alle.