Die Woche im Rathaus

Trägheit kann man ihm jedenfalls nicht nachsagen. SPD-Bürgermeisterkandidat Michael Naumann hat in dieser Woche die Schlagzahl auf der Wahlkampfgaleere deutlich erhöht - und dazu eine ganze Schar prominenter Bundesgenossen an Bord geholt. Am Montag diskutierte er in Eimsbüttel mit Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse, am Dienstag präsentierte er mit Umweltminister Sigmar Gabriel das Konzept einer "ökologischen Industriepolitik", Mittwoch fachsimpelte er mit Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit über moderne Großstadtpolitik - und am Donnerstag stellte er sein "Regierungsprogramm" vor.

Dieser Auftritt allerdings verlief, um es vorsichtig zu formulieren, suboptimal. Denn Naumann und SPD-Chef Ingo Egloff versprachen den Hamburgern zwar millionenschwere Wohltaten. Auf die Fragen nach deren Finanzierung aber wollten sie partout keine Antworten geben. Alles sei seriös gegengerechnet, da solle man ihm einfach mal vertrauen, forderte Naumann von den verdutzten Journalisten.

Dabei konnte das sozialdemokratische Spitzenduo noch nicht einmal sagen, was die Streichung von Büchergeld, Kita- und Uni-Gebühren, die versprochenen neuen Bücherhallen und all die anderen Wahlkampfbonbons insgesamt kosten würden. Stattdessen vertat sich Naumann auch noch bei einer der wenigen Zahlen, die er nannte. Die CDU habe nach Recherchen der SPD "sechs Millionen Euro" des Haushalts in dem des Vorjahres versteckt, um nun so zu tun, als nehme man keine Schulden auf, erläuterte der Kandidat. Nicht sechs, 600 Millionen, musste ihn Parteichef Egloff korrigieren.

Der Auftritt sei eine "Katastrophe" gewesen, hieß es nachher hinter vorgehaltener Hand bei den Genossen - eine völlig unnötige zudem. Denn bei den letzten Haushaltsberatungen hatte die SPD etwa durch ihren Finanzexperten Walter Zuckerer bewiesen, dass sie ihre politischen Forderungen sehr wohl seriös zu finanzieren weiß. Warum sich Naumann vor einem so wichtigen Auftritt nicht schlaugemacht hat, bleibt sein Geheimnis. Immerhin: Am morgigen Sonntag wird er es wieder einfacher haben. Dann plaudert der Kandidat in Lokstedt mit Bremens Ex-Bürgermeister Henning Scherf beim Frühschoppen über soziale Spaltung und die Zukunft der Gesellschaft. Zahlen sind schließlich auch nicht alles.


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Auch CDU-Bürgermeisterin Birgit Schnieber-Jastram macht derzeit keine so glückliche Figur. Beim Thema Jugendgewalt ist sie schlicht abgetaucht. Seit bekannt wurde, dass Jugendliche, die vom Familieninterventionsteam betreut wurden, zur gleichen Zeit 1186 Gewalttaten begingen, hat die CDU-Politikerin sich strikt geweigert, Interviews zu geben. Auch Hamburg-1-Moderator Herbert Schalthoff, der sich Dienstag (20.15 Uhr) mit dem Thema befassen wird, gab sie einen Korb. Nun soll Innensenator Udo Nagel kommen. "Wegducken ist nicht", findet SPD-Mann Thomas Böwer und fordert Schnieber-Jastram zum Wortduell. Bei Ort und Zeit habe die Senatorin freie Auswahl, so Böwer großmütig.


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Die SPD ist derweil dabei, ihr eigenes Konzept gegen die wachsende Jugendgewalt weiterzuentwickeln. Damit will sie auch der Tatsache Rechnung tragen, dass die Zahl junger Einwanderer unter den Tätern überproportional hoch ist. Um die Ursachen zu beleuchten und gemeinsam Gegenmaßnahmen zu entwickeln, hat Fraktionschef Michael Neumann für kommenden Mittwoch Vertreter von Migrantenverbänden ins Rathaus zum Gespräch geladen.


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Bürgermeister Ole von Beust (CDU) wird derweil im Internet verulkt. Auf Youtube kursieren einige Anti-Beust-Videos - von denen die SPD behauptet, sie stammten nicht von ihr. In einem wackelt eine Kamera durch einen Intercity, der nach Sylt unterwegs ist. Man sieht erst grüne Wiesen unter blauem Himmel - dann einen Slogan: "Die Bahn bewegt. Von Nord nach Süd. Von Ost nach West. Von Beust nach Sylt! Gönnen wir von Beust den Urlaub. Und Hamburg auch. Gehen Sie wählen!"

Schwerer verständlich ist dagegen ein Youtube-Film von Michael Neumann. Darauf ist der SPD-Fraktionschef vor dem Bauplatz für das Kraftwerk Moorburg zu sehen, wie er versucht, uns etwas zu erklären. Es sieht sehr intelligent aus, wie der Mann da redet. Zu hören ist allerdings fast nichts - nur der Wind, der gegen das Mikro pustet.