Die Woche im Rathaus
Es war geradezu eine Glückswoche für Bürgermeister Ole von Beust, in deren Verlauf er - allerdings unfreiwillig - auch noch den "großen Vorsitzenden" Mao tse Tung zitierte.
Am Donnerstag lief der mit Spannung erwartete Auftritt Ronald Schills vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) Feuerbergstraße wesentlich harmloser ab als von vielen vorausgesagt. Ole von Beust dürfte hinterher einmal tief durchgeatmet haben. Seinen Frieden habe er mit dem Koalitionskrach von Ende 2003 ("jetzt ist finito") gemacht, so der ehemalige "Richter Gnadenlos", und er sei auch nicht nach Hamburg gekommen, um mit "Ole" abzurechnen. Stattdessen attestierte er dem Senat sogar, in einigen Bereichen gute Arbeit geleistet zu haben. Kritik an Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram, ein paar Bemerkungen über steigende Kriminalität in Hamburg - das war's dann auch schon. Ach ja: Schill kündigte an, dass er sich in Brasilien sicherer fühle als in Hamburg und rasch dorthin zurückkehren wolle. Reisende soll man bekanntlich nicht aufhalten.
Schon die Verkündigung der Arbeitslosenzahlen am Dienstag hatte den Bürgermeister und seinen Senat in Feierlaune gebracht. Die Zahl der Arbeitslosen ist in der Hansestadt innerhalb eines Jahres um 13 580 gesunken und so niedrig wie seit fünf Jahren nicht mehr. Der Opposition und den Gewerkschaften war diesmal auch noch eines ihrer Hauptargumente gegen die Arbeismarktpolitik des Senats verloren gegangen: die über Jahre anhaltend hohe Zahl der Langzeitarbeitslosen. Die sank diesmal innerhalb eines Jahres nämlich um 12 914.
Eine Erfolgsbotschaft nach der anderen
DGB-Chef ErhardPumm(SPD) kritisierte zwar die hohe Zahl von Ein-Euro-Jobbern, sprach ansonsten aber von einem "prima Ergebnis". Ver.di-LandeschefWolfgang Rose kämpfte am selben Tag an einer anderen Front: Er stritt für die Volksinitiative "Schule für alle", die vom SPD-Landesvorstand, dem er selbst angehört, nicht unterstützt wird. Nur einen Tag später konnte der Bürgermeister der Öffentlichkeit stolz eine weitere Erfolgsbotschaft präsentieren. Erstmals seit 25 Jahren muss der Senat keine neuen Schulden machen. Viel Zeit verwandten Ole von Beust und Finanzsenator Michael Freytag dann darauf, das Ganze als Ergebnis ihrer konsequenten Sparpolitik darzustellen. Immerhin erwähnte der Bürgermeister auch die gemeinsame Kraftanstrengung aller Hamburger, die über Kita-, Schulbuch-, Studien und sonstige Gebühren kräftig zur Konsolidierung beitragen. Nun hätten von Beust und Freytag ruhig noch deutlicher herausstellen können, dass beide Ergebnisse − Abbau der Arbeitslosigkeit und Schuldenstopp − ganz wesentlich mit der guten Konjunkturlage zusammenhängen, von der Hamburg als Hafenstadt besonders profitiert. Seit der Wiedervereinigung kann Hamburg als Brücke auch in solche Regionen fungieren, die zuvor hinter dem Eisernen Vorhang lagen.
Ein Lob vom Bund der Steuerzahler
Der SPD-Haushaltspolitiker Walter Zuckerer beeilte sich dann auch mit dem Hinweis, dass der damalige rot-grüne Senat schon zwischen 1994 und 2001 rund 1,2 Milliarden Euro gespart habe. Diese Kraftanstrengung wird auch heute in der Finanzbehörde anerkannt. Fakt ist aber auch, dass Hamburg im Jahr 2001 ein Minus von 708 Millionen Euro im Betriebshaushalt hatte (bei gleichzeitiger Neuverschuldung von 823 Millionen Euro), während der Betriebshaushalt aktuell ein Plus von 430 Millionen Euro aufweist. Der Bund der Steuerzahler, der ja nun wirklich nicht in Verdacht steht, ständig mit der Senatspolitik konform zu gehen, lobte zudem die Entscheidung "die Steuermehreinnahmen in den Schuldenabbau und nicht in neue ausgabenwirksame Projekte zur Finanzierung von Wahlgeschenken zu stecken". Eher symbolisch wohl die Ankündigung des Finanzsenators Freytag zu verstehen, sofort eine Million Euro zum Abbau der 22 Milliarden Euro Schulden bereitzustellen. Darauf angesprochen, sagte Ole von Beust: "Konfuzius hat gesagt: ,Auch der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt.’" Nach einem Zwischenruf: "Das war Mao", gab er sich erschrocken: "Oh, dann nehme ich den Satz zurück." Michael Freytag setzte noch eins drauf: "Bei mir stammte das bislang immer von Lao-tse."