Der Vorwurf war offensichtlich, doch ihr Gesicht verriet nichts: Am vergangenen Dienstag ließ sich GAL-Landeschefin Katharina Fegebank am...

Der Vorwurf war offensichtlich, doch ihr Gesicht verriet nichts: Am vergangenen Dienstag ließ sich GAL-Landeschefin Katharina Fegebank am Rathausmarkt vor einem Wahlplakat ihrer Partei ("Kohle von Beust") fotografieren. Protestler hatten es aufgestellt, um die Grünen an ihre Versprechen zu erinnern, das Kraftwerk in Moorburg nicht zu genehmigen. "Ziemlich gelassen" sehe sie diese möglicherweise aus den eigenen Reihen stammende Aktion, betonte Fegebank. Dabei lächelte sie, professionell genug, um die Probleme dieser Welt zumindest für einen Augenblick einfach zu verdecken. Details der Stimmungslage innerhalb der Partei gab sie nicht preis.

Aber wer hätte anderes erwartet? Was immer Fegebank wirklich denkt: Ein offenherziges "Tja, da haben wir damals den Mund wohl zu vollgenommen." wird weder von ihr noch von anderen Spitzenpolitikern jemals zu hören sein. Politik ist ein Spiel mit Informationen.

Abriegelnde Sammelantwort zur Elbphilharmonie Doch welche Auskünfte darf die Regierung einer Stadt aus machtstrategischen Gründen zurückhalten? "Der Senat ist verschlossener als zu tiefsten Schill-Zeiten", schimpfte kürzlich der für notorische Nachfragen bekannt-berüchtigte SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Thomas Böwer. Klingt bitter für die GAL, hegt sie doch wie keine andere Partei den hehren Anspruch politischer Transparenz. Doch wenn politische Entscheidungen mit ihrer Beteiligung durchschaubar sein sollen wie Plexiglas, kann derzeit höchstens von Milchglas die Rede sein. Jüngstes Beispiel: Auf eine Kleine Anfrage der SPD anlässlich des geplatzten Elbphilharmonie-Krisengipfels mit der städtischen Realisierungsgesellschaft und der Baufirma Hochtief gab es eine abriegelnde Sammelantwort: "Zu laufenden Verhandlungen nimmt der Senat zur Wahrung der eigenen Verhandlungspositionen nicht Stellung", hieß es. Dabei war lediglich gefragt worden, wer zu dem Gespräch eingeladen hatte und wer teilnehmen sollte - eher harmlose Informationen zum derzeit von Disharmonien geschüttelten Edel-Opernhausprojekt. Erbost dozierte Thomas Böwer, er sehe seine Rechte als Abgeordneter verletzt und droht nun mit einer Klage vor dem Verfassungsgericht, um den Senat in Sachen Informationspflicht wieder auf Spur zu bringen. Tatsächlich gilt die Kleine Anfrage als eines der schärfsten Schwerter der Opposition, rechtlich kommt ihr eine entsprechend starke Position zu. "Kleine Anfragen sind vom Senat binnen acht Tagen schriftlich zu beantworten", heißt es unmissverständlich in Artikel 25 der Hamburger Verfassung.

Doch jeder Wechsel der Regierung zeigt: Die oppositionelle Waffe droht immer wieder stumpf zu werden. Egal, welche Partei an der Macht ist. Regelmäßig werden unbeantwortete Anfragen zum Politikum zwischen Bürgerschaft und Senat. Und mit einer gegen sie gerichteten Verfassungsklage wären CDU und GAL in prominenter Gesellschaft: Im Juli 1977 musste sich der SPD-Senat vor Gericht verantworten. Auslöser war eine 13-punktige Anfrage zum Thema "Förderung des Leistungssportes" in Hamburg. Anstelle von Antworten verwies der Senat damals auf einen noch "in Arbeit" befindlichen Rahmenplan, der beizeiten erscheinen werde. Die Folge war eine "Ohrfeige" für die Regierung der Hansestadt, wie der Kläger und spätere Verfassungsrichter Martin Willich (CDU) damals sagte. Per Gerichtsurteil wurde der Senat verdonnert, die Fragen zu beantworten. Der Senat, hieß es, verletzt seine Pflicht, wenn die Antwort verweigert oder nur formell und damit inhaltsleer erteilt werde, urteilten die Richter. Aber: Im Einzelfall habe der Senat nach "pflichtgemäßem Ermessen" zu prüfen, ob er davon absehen darf, eine Frage zu beantworten. Bei Tatsachen ist dies in der Regel nicht möglich, dafür umso mehr bei Fragen, "die auf politische Wertung und Willensbildung" zielen. Heißt im Klartext: Fakten muss der Senat liefern, bei Absichten und Plänen sind Nebelkerzen lediglich ein Kavaliersdelikt. Aber nicht immer hat die Regierung etwas zu verbergen. Einige Anfragen sind einfach nur lästig. In diesen Fällen kann das demokratische Schwert zur Schikane werden oder die Verwaltung lähmen.

1008-Punkte-Anfrage vor den Weihnachtsferien So schickte die SPD im Jahr 2005 den CDU-Senat mit einer 1008-punktigen Anfrage in die Weihnachtsferien: Die einfallsreichste lautete: "Wie viele 1-, 2-, 3-, 4- und Mehr-als-4-Personen-Haushalte gibt es in Duvenstedt?" Damit nicht genug: "Und wie war diesbezüglich die Entwicklung in den vergangenen 30 Jahren?" Man stelle sich den Gesichtsausdruck eines Bezirksangestellten vor, dem diese Frage auf den Schreibtisch fällt. Mit dem Zusatz: "Es kommen noch 1007 weitere." Und Thomas Böwer, also der potenzielle Kläger höchstpersönlich, fragte einmal die Zahl der Nachhilfestunden an 76 Schulen ab. Eine Antwort war nicht möglich, niemand führt darüber Liste. Dennoch, der Verwaltungsaufwand betrug 40 660 Blatt Papier. Das entspricht einer Länge von 12 km. Wahrheit in der Politik? In der Bibel steht: Meine Rede sei ja, ja und nein, nein." Von zwölf Kilometer langen Antworten ist dort nicht die Rede.