Was für eine Woche! Weltweit wackelten die Börsen, in Hamburg gab es den großen Knall in Sachen Elbphilharmonie - und es zeichnete sich ab, dass die...

Was für eine Woche! Weltweit wackelten die Börsen, in Hamburg gab es den großen Knall in Sachen Elbphilharmonie - und es zeichnete sich ab, dass die Grünen das Kohlekraftwerk Moorburg wohl genehmigen müssen. Und die Bürgerschaft? Die diskutierte voll an den brennenden Fragen vorbei. Statt sich Konzerthaus oder Kraftwerk zu widmen, befassten sich die Abgeordneten zum x-ten Mal mit dem Chinahandel, dem Schwimmunterricht und dem Volksbegehren zur Schulpolitik. Verantwortlich für dieses Gewurstel im Abseitigen waren alle Fraktionen - mit Ausnahme der SPD. Die Linke beharrte auf ihrem Thema "Schule für alle" - und schickte alle ihre Abgeordneten ans Rednerpult.

Dabei war angesichts der Nachrichtenlage klar, dass die Schlagzeilen des nächsten Tages sich mit der Elbphilharmonie befassen würden - und nicht mit den auch noch vom sechsten Linken durchgekauten Argumenten für eine Gemeinschaftsschule. Es war wohl der politischen Naivität der linken Parlamentsneulinge geschuldet, dass sie dem Senat auf diese Weise eine unangenehme Debatte über das Debakel bei der Elbphilharmonie ersparten. Dieses Thema hatte die SPD nämlich für die Aktuelle Stunde angemeldet - schließlich aber reichte die Zeit nicht mehr, um es zu diskutieren. Dabei hatten die Linken es sogar verpennt, ihr Thema rechtzeitig bis Montagmittag anzumelden. Nur durch die großherzige Zustimmung der anderen Fraktionen hatten sie es noch auf die Tagesordnung geschafft - und nutzten die freundliche Geste weidlich aus.

"Filibustern" soll es nicht mehr geben, sagt die GAL Aber auch CDU und GAL verhinderten eine Diskussion über die Elbphilharmonie. Sie setzten nämlich mal wieder China auf die Agenda des Stadtparlaments - ein Thema, das den gemeinen Hamburger nach ihrer Vorstellung offenbar so brennend interessiert, dass man es monatlich längs und quer debattieren muss. SPD-Fraktionschef Michael Neumann warf Schwarz-Grün denn auch vor, "das lächerliche China-Thema in die Länge" gezogen zu haben - und will nun mit den anderen Fraktionschefs über eine Veränderung der Geschäftsordnung reden. Im Parlamentsjargon nennt man die Strategie der mehr oder weniger sinnleeren Dauerrede zur Verhinderung unangenehmer Debatten "Filibustern". Das solle es in Hamburg nicht mehr geben, sagte GAL-Fraktionschef Jens Kerstan am Freitag. Deswegen trete er dafür ein, wieder eine Fragestunde einzuführen - aber "eine, die diesen Namen auch verdient". Der SPD-Abgeordnete Thomas Böwer regte an, eine sitzungstägliche Stunde nach dem britischen Vorbild "Frag den Premierminister!" einzuführen. Dabei müsste der Bürgermeister zu Beginn jeder Sitzung Fragen beantworten. Die CDU findet diese Idee nicht so gut, schließlich habe man die Geschäftsordnung gerade erst geändert, so Fraktionschef Frank Schira.

Na gut: Diskutieren wir nächstes Mal eben wieder über die exzellente China-Politik des Senats (vielleicht fällt ja auch irgendwo der berühmte Sack Reis um). Bloß nicht über Themen reden, die die Bürger bewegen! Das gibt nur Ärger.

Ist der Bau 2011 nicht fertig, haftet die CDU beim Wähler Genug der Ironie: Den Ärger gibt es natürlich trotzdem - wenn auch nicht im Parlament. In Wahrheit war die Entlassung des für die Elbphilharmonie zuständigen Chefs der Realisierungsgesellschaft, Hartmut Wegener, nämlich eine lupenreine Bankrotterklärung des CDU-Senats. Dass man sich jetzt, nachdem von 200 Millionen Mehrkosten und jahrelangen Bauverzögerungen die Rede ist, "externen Sachverstand" in den Aufsichtsrat holt, heißt nur eines: Bisher gab es dort kaum welchen. Der Versuch, das Chaos beim Prestigebau allein dem gefeuerten Wegener anzulasten, ist durchsichtig und wird nicht ziehen. Denn schließlich hat der Aufsichtsrat offenbar nicht richtig Aufsicht geführt. Und wer leitete den Aufsichtsrat? Der Chef der Senatskanzlei, Volkmar Schön (CDU). Der mag Ahnung von Bauten haben. Aber vor allem von mittelalterlichen Mühlen in Haithabu. Darüber hat der Archäologe nämlich promoviert. Und die zweite Hauptverantwortliche, Kultursenatorin Karin von Welck? Die ist Ethnologin und hat ihre Doktorarbeit über den "Konservatismus der Pueblo-Indianer" geschrieben. Exzellente Qualifikationen für die Planung eines gigantischen Nobelbaus im Hafen!

Ungemütlich wird es aber auch für Bürgermeister Ole von Beust. Wenn der Bau noch teurer wird, bei der Wahl 2012 nicht fertig ist und die Genossen ihn womöglich mit einem Untersuchungsausschuss triezen, könnte er beim Wähler baden gehen. Wenn das Konzerthaus aber im Herbst 2011 öffnet, werden die Hamburger jubeln und die Kosten vergessen. Daher dürfte von Beust nur noch ein Ziel haben: In der Elbphilharmonie muss ab 2011 gegeigt werden. Koste es, was es wolle.