"Die anderen sind jetzt alle janz kirre hier in Hamburg", freute sich Linkspartei-Chef Gregor Gysi am Mittwoch in der Altoaner Fabrik, "die drehen ja alle am Rad, und det finden wir jut. Det woll'n wir so."

Tatsächlich hat das Thema "Die Linke" den Hamburger Wahlkampf in der vergangenen Woche so stark durcheinander gewirbelt, wie in der ganzen Zeit davor wohl kein anderes Thema. Vor allem die Vorstellung, dass demnächst Kommunisten in die Bürgerschaft oder in einzelne Bezirksparlamente einziehen könnten, brachte reihum die Vertreter aller anderen Hamburger Parteien in Rage.

Kaum ein Lokalmatador oder Redner aus der Bundespolitik, der nicht auf das Thema zu sprechen kam. "Die Kommunisten gehören für mich ins Geschichtsbuch und nicht in die Parlamente", wetterte Niedersachsens Christian Wulff am Donnerstag im CCH. Es gelte, "diese Leute zu stoppen, die Menschen- und Freiheitsrechte verachten und die Stasi wieder gründen wollen", rief Guido Westerwelle am Donnerstag, und CDU-Landeschef Michael Freytag mahnte: "Völker hört die Signale, in Berlin liegt die SPD ja auch schon mit den Kommunisten im Bett."

Zu den Fakten: Olaf Harms, Landeschef der Hamburger DKP, steht auf der Landesliste der Linken auf Platz zehn. Bei einem Wahlergebnis von sieben bis acht Prozent der Stimmen für die Linke könnte er ein Bürgerschaftsmandat erreichen. DKP-Mitglieder kandidieren bei den Bezirkslisten unter anderem in Harburg und Wandsbek. Welche Politiker sind ihre Vorgänger? Welche Rolle spielte die DKP früher in Hamburgs Politik? Hier einige Schlaglichter aus der Stadtgeschichte:

Bei der ersten freien Bürgerschaftswahl im Oktober 1946 hatte die KPD in Hamburg 10,4 Prozent und vier Mandate errungen, Mit Friedrich (Fiete) Dettmann (Gesundheit) und Franz Heitgres (Wiedergutmachung und Flüchtlingshilfe) stellte sie zwei Senatoren. Im Wahlkampf hatten sich die Kommunisten unter anderem für eine schärfere Entnazifizierung und eine Bodereform eingesetzt. Dettmann, der vor allem als Vertrauensmann kommunistischer Hafenarbeiter galt, in Moskau geschult war, und stets mit "Thälmann-Mütze" herumlief, war ein Kommunist alter Prägung. 1948 wurde er als vorletzter KPD-Minister über ein Misstrauensvotum aus dem Senat gekippt, weil er sich nicht gegen die russische Blockade West-Berlins stellen wollte. Die SPD ließ ihm damals mitteilen, wer den "politischen und geistigen Ostzonen-Terror" billige, unterstütze oder durch Schweigen decke, verwirke sein Recht auf Teilnahme an der Regierung im demokratischen Staat". Eine interessante Parallele zu der aktuellen Diskussion um Politiker, die Stasi-Terror und Mauerbau verharmlosen - über die Zustände im Osten aber sicherlich besser informiert sind als einst Dettmann.

Der kommentierte seinen Rausschmiss trotzig - die Not sei an der Elbe ebenso groß, wenn nicht größer als in Berlin. Franz Heitgres zeigte sich einsichtiger - und verlor sein Amt damit ebenfalls. Er wurde wegen seiner Kritik am Zonenregime aus der KPD ausgeschlossen und trat in die SPD ein.

1949 sank der KPD-Stimmenanteil bei der Bürgerschaftswahl auf 7,4 Prozent. Im selben Jahr votierten 97 Abgeordnete der Bürgerschaft für das neue Grundgesetz der Bundesrepublik, nur die damals drei KPD-Abgeordneten stimmten dagegen.1953 schied die KPD mit einem Ergebnis von nur noch 3,2 Prozent aus der Bürgerschaft aus, drei Jahre später wurde sie in Westdeutschland verboten.

Entstanden war die Hamburger kommunistische Partei 1918 aus Teilen der USPD, den Linksradikalen und anderen kleineren Gruppen. Sie lehnte die Weimarer Republik ab und versuchte, sie unter anderem durch Generalstreiks und bewaffnete Aufstände zu stürzen. Spitzenergebnisse erzielte sie bei den Wahlen 1928 (16,65%) und 1931 (21,8 %).

Den Widerstand gegen die Nationalsozialisten bezahlten viele KPDler mit dem Leben, andere fielen als Emigranten oder Spanienkämpfer den Säuberungsaktionen Stalins zum Opfer.

Am Mittwoch in der Fabrik wurde - wie passend - ein Flugblatt verteilt, in dem die Parlamente als "Tribüne zur Propagierung antikapitalistischer Alternativen" bezeichnet werden. Distanzierung von der DDR? Fehlanzeige.

Oskar Lafontaine hatte in seiner Rede in der Fabrik (die im Unterschied zu denen anderer Bundesprominenz erstaunlicher Weise völlig störungsfrei blieb) versucht, seinen Gegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem er den Ball an sie zurück spielte. Unter anderem ahmte er mit klagendem Tonfall Reinhard Bütikofer, Chef von Bündnis 90 / Die Grünen nach, der eindringlich vor Kommunisten in den Länderparlamenten gewarnt hatte. "Ach Gott, ach Gott, der Herr Bütikofer", höhnte Lafontaine, "der war doch selbst mal in `ner K-Gruppe." Das ist nun aber fast 30 Jahre her, und Politiker können ihre innere Haltung ja wohl überdenken und ändern. Lafontaine war ja schließlich auch mal in der SPD.