Die Woche im Rathaus

Dass Auftritte vor studentischem Publikum auch für grüne Politiker keine Selbstläufer mehr sind, diese Erfahrung mussten die GAL-Abgeordneten Heike Opitz und Farid Müller beim Polit-Talk in der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) machen. Sie wurden vom Publikum wegen windelweicher Aussagen in die Zange genommen. Tatsächlich hatten beide das Forum nicht genutzt, um in klaren Worten darüber Auskunft zu geben, was eigentlich anders wird an Hamburgs Hochschulen, wenn die Grünen mitregieren. Das Misstrauen so mancher eher links eingestellter Kommilitonen - die Veranstaltung wurde mit Kameras live ins Internet übertragen, Höhepunkte unter www.abendblatt.de/finkenau - war aus einem Grund von vornherein groß: Die GAL gilt nun erstmals in ihrer Geschichte als potenzieller Koalitionspartner der regierenden CDU - und Müller wie Opitz vermieden es zunächst tunlichst, sich übertrieben abzugrenzen.

Schwer verhandelbares Kernanliegen

Müller, medienpolitischer Sprecher der GAL, wollte den Studenten stattdessen wortreich weismachen, es sei das Allerwichtigste, nach der Wahl einen zusätzlichen Staatsrat für Medienpolitik in der Senatskanzlei zu verankern. Auch das war nicht dazu angetan, die kritischen Studi- Gemüter zu besänftigen. Zu offensichtlich schien, dass Müller dabei speziell sich selbst als geeignete Besetzung im Blick hatte, womöglich gar in einer Koalition mit der CDU − und praktischerweise in der Schaltzentrale der Macht.

"Sie kennen unsere Probleme doch gar nicht!", reagierte eine Zuhörerin entnervt. Opitz gelang es schließlich, Boden gutzumachen, indem sie versprach, die Abschaffung der von der CDU eingeführten Studiengebühren sei ein "Kernanliegen" der GAL, das in Koalitionsverhandlungen nur schwer verhandelbar sei. Fazit: Die Debatte über Schwarz-Grün in Hamburg scheint den Wahlkampf der GAL nur bedingt zu beflügeln, sondern schafft vielmehr Probleme, die die Partei bisher nicht hatte. Das Saalpublikum bei den Christdemokraten nimmt das neue Farbenspiel bisher entspannter hin. Trotzdem kann die noch lahmende Kampagne der CDU Auftrieb vertragen, erschöpfte sie sich bisher schließlich im Aufstellen vergleichsweise blasser Kandidaten- Konterfeis an den Straßenrändern. Deshalb sollen jetzt die Senatoren mit publikumsträchtigen Auftritten an der Basis gute Stimmung verbreiten. Jeder Kreisverband, so lautete zuvor die Ansage der Zentrale am Leinpfad, dürfe bis zu vier Senatoren- Termine buchen.

Die "Wunschliste" der Kreisverbände

Daraufhin hagelte es Anfragen nach Innensenator Udo Nagel (parteilos) und Michael Freytag (Finanzen, CDU), während Termine mit Karin von Welck (Kultur, parteilos) und Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) alles andere als weggingen wie warme Semmeln. Im oberen Mittelfeld der geheim gehaltenen "Wunschliste" landeten dem Vernehmen nach Bausenator Axel Gedaschko (CDU), Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) und Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU). Fest steht: Die Parteilosigkeit der − in diesem Fall − Mauerblümchen Dräger und von Welck scheidet als Grund für deren überschaubare Buchungssituation aus. Schließlich hat auch Nagel nie als Mitglied bei der CDU angeheuert, was seiner Beliebtheit aber keinen Abbruch tat. "Er ist dennoch einer von uns", begründet ein CDU-Ortschef, warum er den Exil-Bayern als Wahlkampfredner haben will. Schulsenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) entwickelt sich indes zum heimlichen "Exportschlager": In ihrem Büro stapeln sich Einladungen aus anderen Bundesländern. In Berlin sprach sie vor 150 Gästen über das Zwei- Säulen-Modell aus Gymnasien und Stadtteilschulen, das in Hamburg die Zersplitterung der Schullandschaft beenden soll. Inzwischen liegen ihr sogar Einladungen aus dem fernen Baden-Württemberg vor.