Sie richteten sich sprichwörtlich ein. Lernten ihre Behördenapparate kennen, installierten Personen ihres Vertrauens. Die Woche nach Pfingsten war für die meisten der neuen Hamburger Senatoren und Staatsräte noch eine Phase der Ruhe vor dem Sturm. Während sich der Bürgermeister auf Sylt von den Anstrengungen der Senatsbildung erholte, hängten die neuen Teammitglieder noch Bilder an die Bürowände und schlugen eher vorsichtig erste inhaltliche Pflöcke ein.

Goetsch hat's eilig

Eine Ausnahme war Hamburgs PR-erfahrene neue Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) mit ihrer viel beachteten Ankündigung, bereits ab August keine neuen siebten Klassen mehr an den Hauptschulen einzurichten. Die Spitzenkandidatin der GAL profitiert davon, dass sie im Grunde seit Jahren auf den Tag X der Machtübernahme hingearbeitet hat: egal, ob in einer Koalition mit CDU oder SPD. Die Politikerin kam mit einem sorgfältig ausgearbeiteten Masterplan in die Behörde an der Hamburger Straße. Den setzt sie jetzt Punkt für Punkt und - Beispiel Hauptschulen - durchaus eilig um. Die Gründung der Stadtteilschulen und der Primarschulen, an denen Hamburgs Schüler ab 2009 sechs Jahre lang gemeinsam lernen sollen, ist auch kommunikationsstrategisch eine Herausforderung.

Engagiert hat die GAL-Politikerin dafür eine Frau, die in der Hamburger Medienszene keine Unbekannte ist: Annegret Witt-Barthel, langjährige Landesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbands, soll die Herkulesaufgabe bewältigen.

Witt-Barthel spricht von einer "tollen Herausforderung", die sie nicht ablehnen konnte. Nach gerade mal dreieinhalb Monaten hat sie dafür ihren Job als Sprecherin der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr wieder aufgegeben.

Vorher die Schlacht

Mit der Ruhe, die Witt-Barthel in ihrem Büro auf dem Jenfelder Hochschulgelände genießen konnte, wird es jetzt vorbei sein. Denn Goetsch will zwar den "Bildungsfrieden" für Hamburg. Aber davor kommt die Schlacht. Eine Volksinitiative zur Beibehaltung der vierjährigen Grundschule wurde bereits gestartet. Und selbst die Chefs der Jugendorganisationen des Koalitionspartners CDU überlegen gerade, ob sie da mit an Bord kommen. Kein Wunder - durften die Mitglieder der Jungen Union und der Schüler Union doch im Wahlkampf fleißig Aufkleber à la "Ich kämpfe für meine Schule" oder Postkarten mit Sprüchen wie "Wir lassen uns unser Gymnasium nicht weichspülen" verteilen, um der CDU-Kampagne gegen die unter der SPD angeblich drohende Einheitsschule Flügel zu verleihen. Die Leiter der humanistischen Gymnasien, die Wert darauf legen, ihre Schüler ab der fünften Klasse mit anspruchsvollen Themenkomplexen vertraut zu machen, sind genauso wenig begeistert und machen ihrem Ärger bereits öffentlich Luft.

Ein paar Hausnummern entfernt, ebenfalls an der Hamburger Straße, hat am Dienstag erstmals die neue Sozial-Staatsrätin Angelika Kempfert ihren Dienst angetreten. Mit der Berufung der 62-Jährigen ist Ole von Beust ein Überraschungscoup gelungen, der in der CDU sogleich Neider auf den Plan rief. Grundsätzlich kein Wunder, denn die promovierte Blankeneser Diplompädagogin war gerade mal seit November Mitglied der Bürgerschaft und zuvor lediglich auf Bezirksebene engagiert.

Der Coup Kempfert

Kempfert hat es zwar offensichtlich nicht geschadet, dass sie aus dem parteiintern mächtigen Kreisverband Altona kommt. Aber klar ist auch: Fachfrauen wie sie findet man in der CDU-Fraktion nicht viele. So war Kempfert denn auch die Wunschbesetzung des neuen Sozialsenators Dietrich Wersich (CDU), der sich durchaus davon beeindrucken ließ, wie es der Familientherapeutin und zweifachen Mutter gelang, das Pensum in ihrer eigenen Praxis mit den Aufgaben als Bundesvorsitzende der Deutschen Gesellschaft gegen Kindesmisshandlung und -vernachlässigung zu vereinbaren. Als Ole von Beust sie anrief, um ihr die neue Aufgabe vorzuschlagen, brauchte Kempfert nicht lange zu überlegen, obwohl sie dafür ihre Praxis schließen muss. "Es tut mir weh, meine Patienten abzugeben, aber es geht nicht anders", sagt Kempfert.

Blumen von der Präsidentin

Alles neu macht der Mai - dieses Motto gilt auch in der Wissenschaftsbehörde, der dritten, die im schmucklosen Einkaufszentrum an der Hamburger Straße ihre Heimstatt hat. Dort zogen mit der früheren Umwelt-Staatsrätin Herlind Gundelach ein durchsetzungsstarkes, aber unprätentiöses CDU-Kaliber ein, mit Ex-CDU-Fraktionschef Bernd Reinert als Staatsrat an der Seite. Ihre Hauptaufgabe sehen beide zunächst darin, sich ein Bild der Hinterlassenschaften von Amtsvorgänger Jörg Dräger (parteilos) zu verschaffen. Dafür steht als Erstes ein Gesprächsmarathon mit allen Hochschulpräsidenten sowie mit Studenten an. Am runden Tisch, danach in Einzelgesprächen. "Ich habe in 30 Jahren Politik keine einsamen Entscheidungen getroffen. Daran wird sich nichts ändern", verspricht Gundelach. Von Uni-Präsidentin Monika Auweter-Kurtz, die mit Dräger in der Vergangenheit manchen Strauß ausgefochten hat, gab es als Willkommensgruß - Blumen.