Die Woche im Rathaus

Es läuft nicht rund bei der GAL. Die Umfragewerte zur Bürgerschaftswahl kennen seit Wochen nur eine Richtung: abwärts. Lagen die Hamburger Grünen im vergangenen Mai noch bei 16 Prozent, ergab die Umfrage vor einer Woche gerade noch zehn Prozent. Schon droht die prozentuale Einstelligkeit. Das gab es für die Ex-Sponti-Partei zuletzt im Februar 2002 - und würde den Verlust von etlichen Bürgerschaftsmandaten bedeuten. Dabei sind urgrüne Themen wie der Klimaschutz durchaus "in". Nur die Grünen, die sich den Umweltschutz seit Jahrzehnten auf die Fahnen geschrieben, politisch geradezu erfunden haben, scheinen im dichten Nebel der allgemeinen CO2- Diskussion nicht sichtbar.

Spätestens seit den Wahlen in Hessen und Niedersachsen schickt sich die Linke an, bundesweit dritte Kraft zu werden. Und auch in der Hansestadt handelt man die Nachfolger der PDS schon als potenziell drittstärkste Fraktion im Rathaus. Darüber sind sich selbst viele GAL-Abgeordnete längst im Klaren. Inoffiziell geht die Angst um vor dem Absturz auf Platz vier.

Haben die Grünen ihren Wahlkampf verschlafen?

Da drängt sich die Frage auf: Haben die Hamburger Grünen ihren eigenen Wahlkampf verschlafen? Aus der Landeszentralewill man davon nichts hören. "Aus unserer Sicht läuft der Wahlkampf gut", sagt Sprecherin Silke Lipphardt. Es sei ja nicht der Fehler der Partei, dass die Medien "lieber über Farbenspiele" berichteten als über Inhalte.

Vor allem eine Farb-Diskussion dürfte der GAL nachhaltig geschadet haben: die Debatte über Schwarz-Grün. Die Hamburger werden wohl nie erfahren, ob Bürgermeister Ole von Beust (CDU) mit seinen Spekulationen genau das erreichen wollte. Geholfen hat es der GAL auf keinen Fall. Zu groß war die Verunsicherung der potenziellen Wähler, die sich schon fragten: "Ist eine Stimme für Christa Goetsch gleich einer Stimme für Ole von Beust?"

Was lange fehlte, war die klare Antwort auf diese Frage. Als die Diskussion nicht abebbte, reagierte die grüne Spitzenkandidatin Christa Goetsch auf Nachfragen zunehmend gereizt. "Diese Farbenspielerei interessiert die Leute doch gar nicht", sagte sie genervt in einem Interview.

Falsch. Genau diese Farbspekulationen interessieren die Leute − und verunsichern sie. Dies musste schließlich auch die GAL einsehen und hat − viel zu spät, wie einige Parteimitglieder hinter vorgehaltener Hand sagen − die Notbremse gezogen. In dieser Woche schloss der Landesvorstand eine schwarz-grüne Koalition faktisch aus. Ob dies das Ruder herumreißen wird, bleibt offen. Zumal dieses Nein zu Schwarz- Grün der GAL auch als Beleg für einen koalitionspolitischen Schlingerkurs ausgelegt werden könnte. Neben diesen Spekulationen dürften auch die Wahlkampfinhalte eine Rolle spielen. Anders als in Hessen gibt es in Hamburg nicht das eine, alles beherrschende Wahlkampfthema. Vieles dreht sich um die Frage nach dem Bürgermeister − ein Personenwahlkampf eben. Außerdem die Sorge vor der neuen Kraft von links. Zwar setzt die GAL auf ihren Plakaten auf Themenaussagen und diskutiert vor Ort mit Hunderten Bürgern über grüne Inhalte. Was aber fehlt, ist die Zuspitzung einiger zentraler Themen und deren öffentlichkeitswirksame Verbreitung über die Medien. Deutlicher: Wenn keine klaren Themen im Hamburger Wahlkampf laufen, hat es die GAL versäumt, eigene Themen zu setzen. Gelegenheit hätte es dazu gegeben. Die Schuldebatte wurde in Hamburg − auch über die Medien − hinreichend diskutiert. Es sei die Angst vor den grünen Gymnasialeltern gewesen, die die Partei davon abgehalten habe, richtig mit einzusteigen, heißt es aus den eigenen Reihen. Man habe auch nicht als Gymnasiums-Abschaffer dastehen wollen. Stattdessen hängt sich die GAL an das SPD-Thema der sozialen Spaltung, das auch noch von der Linken besetzt wird.

Die letzte Chance, Wähler zu mobilisieren

Auch die große Chance der Generaldebatte in der letzten Sitzung der Bürgerschaft vor der Wahl haben die Grünen ungenutzt verstreichen lassen. Anstatt mit CDU und SPD über deren generelle Politik abzurechnen, blieb die GAL kleinteilig, redete ausschließlich über Energiepolitik − und überließ das Feld den anderen.

Es heißt, Landtagswahlen werden erst kurz vor der Wahl entschieden. Die letzte Chance also für die GAL, Wähler zu mobilisieren und Themen zu setzen. Am Freitag versuchten sie es mit dem Kraftwerk Moorburg. "Wir legen uns fest. Mit uns wird keine Erlaubnis für das Kraftwerk erteilt werden", sagte Christa Goetsch. Ob das reicht, wird sich zeigen. Die Hoffnung stirbt zuletzt − und die ist ja bekanntlich grün.