Doch Gespräche mit der SPD und der Linkspartei über ein mögliches Bündnis lehnten die Mitglieder am späten Donnerstagabend ab.
Einen solchen Andrang hat es lange nicht gegeben bei einer Mitgliederversammlung der Hamburger Grünen. Die Aula der Max-Brauer-Schule in Altona platzte aus allen Nähten, als die GAL gestern Abend zur Diskussion um mögliche Sondierungsgespräche mit der CDU lud. Neben rund 300 stimmberechtigten Mitgliedern waren Medienvertreter aus der ganzen Republik angereist. Kein Wunder, gilt doch das erste schwarz-grüne Bündnis, das es in Hamburg geben könnte, als möglicher Prototyp für bundesweite Koalitionen dieser Art.
Der GAL-Landesvorstand ging mit einem denkbar knapp formulierten Antrag ins Rennen, in dem er um Zustimmung bat, die Einladung der CDU zu Sondierungsgesprächen anzunehmen. "Wenn wir uns diesen Gesprächen nicht stellen, wäre das ein Ausdruck von Schwäche", sagte GAL-Landeschefin Anja Hajduk. Die grüne Spitzenkandidatin Christa Goetsch forderte, sich bei der Diskussion "nicht gegenseitig Verrat oder Betrug oder dergleichen" vorzuwerfen. Es werde an diesem Abend nicht über die grüne Identität entschieden, sondern nur darüber, ein Gesprächsangebot anzunehmen. In der Aussprache, bei der sich mehr als 30 Mitglieder zu Wort meldeten, blieb der Ton unaufgeregt. Wenngleich viele Redner ihre Skepsis gegenüber einem Bündnis mit der CDU deutlich machten, wurde nur von wenigen gefordert, die Sondierungsgespräche abzusagen.
"Das CDU-Gesellschaftsmodell steht unserem Gesellschaftsmodell diametral entgegen", sagte ein Vertreter der grünen Jugend. Zentrale grüne Forderungen wie die Abschaffung der Studiengebühren, der Verzicht auf das Kohlekraftwerk Moorburg oder die Einführung der Gemeinschaftsschule nach dem Modell "9 macht klug" seien mit der CDU nicht umzusetzen. Bei den Sondierungsgesprächen müssten alle diese Inhalte auf den Tisch. Die Bürgerschaftsabgeordnete Christiane Blömeke wies darauf hin, dass die GAL, wenn es zu einer Großen Koalition käme, zusammen mit den Linken nicht einmal genug Stimmen für Minderheitenrechte wie die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen zusammenbekäme. Dadurch wäre die Oppositionsarbeit massiv erschwert, so Blömeke, die sich für eine Sondierung mit der CDU aussprach. Die frühere Zweite Bürgermeisterin Krista Sager verteidigte den vor der Wahl gefassten Entschluss, notfalls auch mit der CDU zu verhandeln. Nur dadurch sei die GAL in der jetzigen Situation handlungsfähig. "Wir sollten mit Mut und Selbstbewusstsein in diese Gespräche gehen", so Sager unter Applaus. "Ja, das Leben ist gefährlich, auch für Grüne. Eines aber werden die Menschen nicht honorieren: Leute, die aus Prävention schon mal weglaufen."
Am späten Abend dann sprach sich die Mitgliederversammlung mit großer Mehrheit für die Aufnahme von Sondierungsgesprächen mit der CDU aus. Anträge, die auch die Gesprächsaufnahme mit der Linkspartei und der SPD über ein mögliches Linksbündnis forderten, wurden abgelehnt.