Die Woche im Rathaus

Johannes Kahrs ist schon immer ein Mann der lauten Töne - in dieser Woche aber übertraf der Bundestagsabgeordnete der SPD Mitte sich selbst. Er legte sich innerhalb von nur drei Tagen mit den Spitzenkräften der Handelskammer, mit dem Bundespräsidenten und schließlich ungewollt mit seinem eigenen Kanzler an. Am Montag kritisierte er das Handelskammer-Zeremoniell der "Morgensprache", bei der die Kaufmannselite sich stundenlang in roten Trachten zeigt. Wenn alte Herren "Kostümierungsgelüsten nachgehen" wollten, sollten sie das bitte nicht im Namen der Kammer und auf Kosten ihrer Zwangsmitglieder tun, so Kahrs.

Am Mittwoch war es Kahrs, der bei der sozialdemokratischen Bundespräsidentenschelte am derbsten von allen Genossen loskeilte. Horst Köhler sei seinen Aufgaben nicht gewachsen und führe eine "Schmierenkomödie der billigsten Art" auf, so der SPD-Reserveoffizier, der sich früher gern als Prätorianer des Kanzlers bezeichnete - mit Bezug auf die römischen Kaiserbeschützer. Schröder aber gefiel gar nicht, was sein Leibgardist vom parteirechten Seeheimer Kreis von sich gab. "Unerträglich" sei diese Präsidentenkritik, ereiferte sich der Kanzler. Intern gab Kahrs zu, sich verschätzt zu haben - und wollte sich fortan nicht mehr zum Bundespräsidenten äußern: "Ich halte mich an das, was mein Chef sagt."

Daß er gelegentlich aus neuen Informationen lernt, hatte Kahrs bereits an anderer Stelle gezeigt. Seit einer Weile will er nicht mehr als Kanzler-Prätorianer bezeichnet werden. Grund: Ein Blick in die Geschichtsbücher hat dem Chef des SPD-Kreises Mitte gezeigt, was die Prätorianer im späten Rom gelegentlich so taten. Sie ermordeten die Kaiser, die sie angeblich beschützen wollten.

Ole von Beust outete sich angesichts der WM-Vorbereitungen als großer Fan des Sports, bei dem das Runde ins Eckige getreten werden muss. Der Bürgermeister sehe sich alle Fußball-Länderspiele an, ließ der bisweilen gut informierte Senatssprecher Lutz Mohaupt wissen. Von Beust gab zu, auch selbst gerne gespielt zu haben. "Ich war aber nur im Tor gut", gestand er. "Wenn ein Torwart gebraucht wurde, wurde ich als erster gewählt - wenn es schon einen gab, als letzter. Denn im Feld war ich eine Katastrophe."

Die Spitzen-Grünen Krista Sager, Anja Hajduk und Christa Goetsch haben sich am Donnerstag zu einem Strategiegespräch getroffen - bei Fraktionschefin Goetsch in Ottensen. Wie üblich servierte die ungekrönte Parfait-Königin Goetsch den Gästen auch diesmal eine eigene Kreation des halbgefrorenen Früchteeises - und tischte ein frisches Erdbeer-Parfait auf. Zum Nobelnachtisch berieten die grünen Frontfrauen, wie sie es auch diesmal schaffen sollen, zwei GALierinnen in den Bundestag zu schicken.

Bei der Bundestagswahl 2002 holte die GAL sensationelle 16,2 Prozent. Nach Hajduk rutschte auch die auf Platz zwei gesetzte Sager noch in den Bundestag - und wurde prompt Fraktionschefin. Diesmal will Sager auf eins antreten und Hajduk auf Platz zwei. Damit beide wieder nach Berlin gehen können, will die GAL Hajduk bekannter machen. Dazu sollen Plakate mit einem Foto von Sager und Hajduk gedruckt werden. Slogan: "Zwei Frauen für Berlin". Daß die Kampagne erfolgreich sein könnte, liegt vor allem an den anderen Parteien. Bei der SPD ist noch nicht entschieden, ob überhaupt eine Frau antritt - und die CDU schickt bislang nur eine Direktkandidatin in den Wahlkampf.

Walter Wellinghausen, einstiger Staatsrat Ronald Schills, kämpft noch immer mit den negativen Folgen seines kurzen Ausflugs in die Politik. Nur 21 Monate war der Rechtsanwalt als Beamter tätig - dann entließ Bürgermeister Ole von Beust ihn 2003 wegen umstrittener Nebentätigkeiten. Einfach in seine Kanzlei zurückkehren konnte Wellinghausen aber nicht. Denn die Anwaltsordnung legt fest, daß jemand, der als Beamter tätig war, am selben Ort für fünf Jahre nicht als Anwalt zugelassen werden darf. Dagegen wehrt sich der Ex-Staatsrat, der seine Kanzlei zwangsweise nach Norderstedt verlegen mußte, nun vor dem Anwaltsgerichtshof. Die Anwaltskammer bekräftigte diese Woche, daß sie Wellinghausen nicht wieder zulassen wolle. Nun muß das Gericht entscheiden. "Es ist doch absurd, daß Ex-Senator Rehaag gleich wieder zugelassen wurde und ich nicht", sagt Wellinghausen. "Nur weil ich als Staatsrat Beamter war."