Wenn man recherchiert, wann und wie diese bemerkenswerte politische Woche anfing, auf deren Höhepunkt die Bürgerschaft einem...

Wenn man recherchiert, wann und wie diese bemerkenswerte politische Woche anfing, auf deren Höhepunkt die Bürgerschaft einem 13-Milliarden-Euro-Rettungspaket für die HSH Nordbank ihren Segen gab, stößt man auf Quiche. Mit Speck und Zwiebeln. Daran stärkten sich am 26. März die Mitglieder des Haushaltsausschusses in der 19-Uhr-Pause. Es war der Moment, in dem erstmals SPD-Abgeordnete durchblicken ließen, wie sie im Parlament über diesen nicht nur für Feierabendpolitiker aberwitzigen Betrag abstimmen werden.

Ablehnen? Das ging jetzt ohne Gesichtsverlust kaum noch. Schließlich ergab die an diesem Abend laufende Auswertung einer Experten-Anhörung, dass selbst die von SPD und Linkspartei nominierten Sachverständigen das Rettungspaket als alternativlos ansahen. Enthalten? "Das ist doch schwuchtelig", meinte ein Mitglied der Fraktionsführung. Also zustimmen und CDU und GAL einen Blankoscheck ausstellen? Nein, das gehe ja auch nicht, hieß es. Der Ausweg, zwischen hastig geschlungenen Happen Quiche, erstmals formuliert: "Wir werden Bedingungen stellen." Intention: Gehen CDU und GAL darauf ein, stimmen wir ihrer Drucksache zu, verweigern sie sich, lassen wir sie mit der Milliardenentscheidung allein.

Am Wochenende standen die Bedingungen: Kein Cent dürfe bei dem US-Investor Flowers landen, langfristig müsse der Bund mit einsteigen, die Vorstandsgehälter sollten begrenzt und Bonuszahlungen ganz verboten werden, und Hamburgs Mindest-Anteil an der Bank müsse festgeschrieben werden. In der Fraktion wurde das Papier am Montag lebhaft diskutiert. Etlichen Genossen ging es nicht weit genug, sie wollten auch den Rücktritt von Finanzsenator Michael Freytag (CDU) fordern. Doch das passte weder den Finanzpolitikern noch Fraktionschef Michael Neumann ins Konzept. So einen "Showantrag" könne man als Regierungsalternative nicht vorlegen. Schließlich stimmte die Fraktion doch geschlossen dem Ursprungstext zu, der enthielt ja genug Zumutungen, vor allem für die CDU.

Doch was dann folgte, hatten die Genossen so nicht eingeplant. Bei der Präsentation im Büro von CDU-Fraktionschef Frank Schira stieß der Antrag keinesfalls auf Ablehnung. "Wir schauen uns das mal an", hieß es. Auch GAL-Fraktionschef Jens Kerstan war nicht abgeneigt. Nur von der ebenfalls anwesenden Fraktionschefin der Linkspartei, Dora Heyenn, gab es eine Absage.

Am Dienstagabend setzte reger E-Mail-Verkehr ein. Die CDU bot eine überarbeitete Form des Antrags an, die SPD verschärfte wieder. So ging es hin und her, wobei die Sozialdemokraten zur eigenen Überraschung immer öfter ein Okay als Antwort erhielten. Wie groß der Druck auf CDU und GAL war, die SPD mit an Bord des Milliarden-Bootes zu holen, zeigte sich am Mittwochmorgen. Nur Stunden vor der Bürgerschaft wurde der gemeinsame Antrag geknüpft. Bedenken von CDU-Finanzexperte Rüdiger Kruse gegen einzelne Punkte wischte Schira beiseite: "Lass mal, wir machen das so." Der freundliche Hinweis, sich doch bitte zu einigen, soll von weit oben aus dem Senat gekommen sein. Ein Spitzengenosse meinte hinterher scherzhaft: "Wir hätten denen auch die Abschaffung der Studiengebühren und den Verzicht auf die sechsjährige Primarschule abtrotzen können."

Die Frage, ob eine der beiden Seiten die andere über den Tisch gezogen hat, ist jedoch so eindeutig nicht zu beantworten. In der SPD-Fraktion wurde auch Unmut darüber laut, die eigene Zustimmung verkauft zu haben. Ein amüsierter Abgeordneter der Linken meinte: "So ist das mit der SPD. Einerseits will sie Opposition sein, andererseits staatstragend. Dann kommt so etwas heraus."

"Heraus" kam aber auch der Beschluss für einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA), und zwar nicht nur als Beruhigungspille für die HSH-Skeptiker in der SPD. Die Genossen sehen handfeste Anhaltspunkte, um vor allem den Finanzsenator weiter in Bedrängnis bringen zu können - und sie haben mehrere mit der Materie vertraute Experten. Die Flanke der CDU im PUA hingegen ist noch offen: Kruse dürfte im September in den Bundestag gewählt werden, und der zweite Haushaltsexperte Ralf Niedmers hält sich als Mitarbeiter einer HSH-Tochterfirma zurück, um dem Befangenheitsvorwurf vorzubeugen. Koalitionspartner GAL dürfte nur bedingt eine Hilfe sein, zumal noch unklar ist, wen die Grünen in den PUA entsenden. "Gute Frage", sagt ein Abgeordneter. Fraktionschef Kerstan werde wohl auch diesen Job machen müssen. Und wenn es für Freytag eng wird? "Auch eine gute Frage", sagt der GALier. "Aber wir werden uns sicher nicht schützend vor ihn schmeißen."