Es ist eine Rückkehr auf die politische Bühne nach Jahren der Abstinenz, aber gewissermaßen auf leisen Sohlen: Wenn alles glattläuft, woran niemand...

Es ist eine Rückkehr auf die politische Bühne nach Jahren der Abstinenz, aber gewissermaßen auf leisen Sohlen: Wenn alles glattläuft, woran niemand zweifelt, dann wird die langjährige Schulsenatorin Rosemarie Raab am kommenden Dienstag zur Vorsitzenden der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Bildung (AfB) gewählt.

Es ist das erste politische Amt Raabs, seit sie das Senatorenbüro in der Schulbehörde an der Hamburger Straße Ende März 2000 nach fast 13 Amtsjahren verlassen hat.

Nun ist der Posten einer AfB-Vorsitzenden zunächst einmal von so geringem politischen Gewicht, dass es sich verbietet, von einem ernsthaften Comeback der inzwischen 62 Jahre alten Vertreterin des linken Flügels zu sprechen. Bedeutung erhält die Personalie jedoch mit Blick auf die innerparteiliche Lage der Hamburger SPD in der Schulpolitik. Raabs Engagement kann zu einer neuen Austarierung des Kräfteverhältnisses in der bildungspolitischen Kardinalfrage führen, die die Partei in zwei Lager getrennt hat: Was will die SPD - eine Schule für alle oder das Zwei-Säulen-Modell aus Stadtteilschule und Gymnasium, das der schwarz-grüne Senat zum Schuljahr 2010/11 einführen will?

Auf dem geduldigen Papier des SPD-Parteiprogramms ist die Sache eindeutig: Kurzfristig unterstützt die SPD das Zwei-Säulen-Modell, aber langfristig will die Partei die "Schule für alle". Nur wann das der Fall sein soll und wie der Weg dahin führt, steht da nicht.

Im politischen Alltag der Oppositionspartei SPD ist die große Vision der Schule für alle derzeit ziemlich in Vergessenheit geraten. Vielen, die damit ohnehin nicht allzu viel anfangen können, ist das nur recht. Die SPD attackiert in der Bürgerschaft lieber ein ums andere Mal die überstürzte Einführung der sechsjährigen Primarschule von Schwarz-Grün. Der schulpolitische Sprecher der SPD, Ties Rabe, hat CDU und GAL schon aufgefordert, die Reform insgesamt zu stoppen. Da steht Rabe Seite an Seite mit Walter Scheuerl und dessen Volksinitiative "Wir wollen lernen", die genau dies zum Ziel hat: alles so zu belassen, wie es ist. Überspitzt formuliert: In der Schulpolitik hat die SPD die CDU längst rechts überholt.

Das ist mit der großen Reformgeschichte der Hamburger SPD - Stichwort Gesamtschule - kaum vereinbar. Hier tritt die AfB auf den Plan, die sich als Hort einer linken Schulpolitik versteht. Die kleine AfB hatte sich im Bürgerschafts-wahlkampf schon mächtig unbeliebt gemacht, weil ihr Vorstand keck die Unterstützung der Volksinitiative "Eine Schule für alle" beschlossen hatte. Es bedurfte eines Machtworts des Parteichefs Ingo Egloff, der es allen SPD-Gliederungen und -Institutionen untersagte, sich an der Initiative zu beteiligen. Egloff wollte sich im Wahlkampf nicht von der Union vorwerfen lassen, die SPD sei für die Abschaffung der Gymnasien.

Die Befürworter der "Schule für alle" kommen in der SPD derzeit nicht recht zu Wort. Der Gesamtschulleiter Gerhard Lein sitzt zwar in der Bürgerschaft, aber Rabe und nicht Lein gibt die SPD-Linie vor. Die letzte AfB-Vorsitzende Christiane Albrecht und die frühere Abgeordnete Sabine Boeddinghaus sind sogar ausgetreten.

Mit Rosemarie Raab wollen die Linken dem Reformprojekt nun wieder Stimme und Schwung verleihen. Tatsächlich hatte die Ex-Senatorin die inzwischen gescheiterte Initiative "Schule für alle" unterstützt. Trotzdem trauen auch die Struktur-Konservativen Raab zu, den internen Konflikt zu moderieren. "Damals war sie frei schwebende Künstlerin. Sie weiß, dass sie als AfB-Vorsitzende alle einbinden muss", sagt ein Insider.

Doch: Zähigkeit und Ausdauer im Verfolgen eigener Ziele hat Raab schon während ihrer Senatorin-Zeit bewiesen. Davon weiß der damalige Bürgermeister Henning Voscherau noch heute ein Lied zu singen. Und Raab hatte übrigens 2006, als der SPD-Schulstreit hochkochte, schon einen Kompromissvorschlag gemacht: die sechsjährige Grundschule, heute Primarschule genannt.

Das nennt man eine Steilvorlage für Schwarz-Grün.