Als Michael Neumann Ole von Beust einen “fairen Wahlkampf“ wünschte, beharrte von Beust darauf: Wahlkampf? Den werde es dieses Jahr nicht geben.

Zwei Szenen zum politischen Jahresbeginn: Als SPD-Fraktionschef Michael Neumann Bürgermeister Ole von Beust beim Rathaus-Neujahrsempfang einen "fairen Wahlkampf" wünschte, beharrte von Beust darauf: Wahlkampf? Den werde es dieses Jahr nicht geben. Später tauchte von Beust beim Alsterspaziergang dann am GAL-Infostand auf und genehmigte sich einen Berliner. Zwei Ereignisse mit Folgen. Alle wissen jetzt, dass der Wahlkampf anläuft. Und: Es wird wieder von Schwarz-Grün geredet. Warum eigentlich? Die Koalition aus Christdemokraten und Grünen - das war so eine Idee, die vor allem nach der letzten Bundestagswahl die Runde machte. Schwarz-Grün - diese Option findet vor allem bei jüngeren CDU-Parlamentariern großen Anklang, die nicht selten aus Altona oder Harburg stammen - eben denjenigen Bezirken, wo es eine solche Zusammenarbeit schon gibt. Doch welchen Stellenwert hat es für landespolitische Gedankenspiele wirklich, wenn in Altona gemeinsam über die Planungswerkstatt Stresemannstraße oder eine von der Abschiebung bedrohte Familie abgestimmt wird? Da wird den Grünen von CDUlern immer mal wieder eine "realitätsnahe" Wirtschaftspolitik attestiert. Allerdings scheint es, dass da so manche in der Bürgerschaft nur den Reden des CDU-"LieblingsGALiers" und Superrealos Willfried Maier lauschen.

Zwischen CDU und GAL liegen Welten

Was zum Beispiel Fraktionsvize Christian Maaß dagegen zu Elbvertiefung und Airbus- Landebahn zu sagen hat, hört sich doch schon ganz anders an. Und ein positives GAL-Votum für die Elbphilharmonie macht auch noch keinen schwarz-grünen Sommer. Fakt ist, dass die Programme von CDU und GAL nach jetzigem Zuschnitt zu höchstens fünf Prozent kompatibel sind. Egal, welches Thema man herausgreift − von der Innenüber die Schul- bis zur Stadtentwicklungspolitik −, zwischen den Parteien liegen Welten. Fakt ist auch, dass sich der Ton zwischen CDU und GAL in den vergangenen Monaten wieder deutlich verschärft hat − spätestens übrigens, seit eine Umfrage im Oktober erstmals seit Langem wieder eine rot-grüne Mehrheit ermittelte. Allerdings soll auch die von der CDU betriebene Wahlrechtsänderung manchem Grünen ein böses Erwachen bereitet haben. Dagegen sind die Eingaben und Anträge von SPD und GAL in der letzten Zeit überaus häufig deckungsgleich. Die Pressemitteilungen der beiden Fraktionen zur Innen- und Justizpolitik des Senats könnten von denselben Personen verfasst sein − und das sind nur zwei Beispiele.

Gespräche in privater "Pizza-Runde"

Wer sich trotzdem allen Ernstes vorstellen könnte, dass 2008 die Hochzeitsglocken für Schwarz-Grün läuten, sollte sich mal das synchrone Gebaren von SPD und GAL im Zusammenhang mit der Volksgesetzgebung und den beiden Parlamentarischen Untersuchungsausschüssen (PUA) Feuerbergstraße anschauen − da wird doch wohl (zumindest im Geiste) längst ein ganz anderer Ehebund geschmiedet. Hinter den Kulissen sorgen jüngere Parlamentarier wie Andreas Dressel, Carola Veit (beide SPD), Till Steffen und Farid Müller (beide GAL) dafür, dass die rot-grüne Liebe nicht kalt wird − ihre private "Pizza-Runde" trifft sich regelmäßig, und man redet bestimmt nicht nur vom Kochen. Auch GAL-Chefin Christa Goetsch ist kein Fan von Schwarz-Grün − nicht zuletzt, weil sie ihre Ambitionen auf das Amt der Schulsenatorin in einer solchen Koalition sofort begraben könnte. Nur ein knappes Drittel der 17 GALParlamentarier könnte sich eine Zusammenarbeit mit der CDU vorstellen. "Aber nur, wenn die CDU zu großen Zugeständnissen bereit ist", sagt einer von ihnen. Ansonsten will er sich, wie auch mancher Kollege, nicht weiter äußern. Klingt nach enttäuschter Liebe. Brautwerbung sieht jedenfalls anders aus.