Stell' dir vor, es ist PUA - und kein Abgeordneter geht hin. Diejenigen, die wollen, können nicht oder dürfen nicht. Und diejenigen, die sollen,
Stell' dir vor, es ist PUA - und kein Abgeordneter geht hin. Diejenigen, die wollen, können nicht oder dürfen nicht. Und diejenigen, die sollen, wollen nicht. Das ist, etwas zugespitzt, die (Personal-)Lage bei CDU und SPD mit Blick auf den künftigen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Desaster der HSH Nordbank.
Dabei kann ein PUA ein Sprungbrett für politische Karrieren sein. Ende der 90er-Jahre machte ein junger Abgeordneter der CDU durch hartnäckiges und sachkundiges Nachfragen im "Filz"-Untersuchungsausschuss auf sich aufmerksam: Dietrich Wersich, später Staatsrat und heute Senator in der Sozialbehörde, deren personelle Verstrickungen mit der damaligen Regierungspartei SPD er einst im PUA untersucht hatte.
Eigentlich müssten die Abgeordneten also Schlange stehen, wenn es um die Besetzung von PUA-Posten geht. Dass das jetzt nicht der Fall ist, liegt an zwei zentralen Gründen: Erstens bedeutet jeder Untersuchungsausschuss einen immensen Zeitaufwand fürs Aktenstudium und die langen Sitzungen (bevorzugt am Freitagabend). Zweitens ist im Fall HSH Nordbank Fachwissen besonders gefragt. Am besten sind für den Job des parlamentarischen Aufklärers jetzt Banker oder Kaufleute geeignet. Diese Berufsgruppen sind aber rar gesät in der Bürgerschaft und haben in erster Linie vor allem eines: wenig Zeit.
Die CDU hat zusätzlich das Problem, dass ihre beiden angestammten Finanzexperten für den PUA ausfallen. Ralf Niedmers hat in dieser Woche den Vorsitz des Haushaltsausschusses niedergelegt, nachdem ihn Bürgerschaftspräsident Berndt Röder (CDU) wegen eines Verstoßes gegen das Abgeordnetengesetz gerügt hatte. Niedmers hatte im Ausschuss nicht von sich aus darauf hingewiesen, dass er Geschäftsführer einer Enkeltochterfirma der HSH Nordbank ist. Für den PUA, der sich mit seinem Ober-Arbeitgeber Nordbank beschäftigt, käme er also ohnehin nicht in Betracht.
Rüdiger Kruse, der haushaltspolitische Sprecher der Union, hat gute Chancen, im September den Sprung in den Bundestag zu schaffen. Auch Kruse wird absehbar nicht zur Verfügung stehen. Dabei muss die CDU zwei wichtige Posten im PUA besetzen: Einmal geht es um die Position des Obmanns der CDU-Abgeordneten, der den Ablauf der Sitzungen mit den anderen Obleuten koordiniert und als eine Art Sprecher fungiert. Zum anderen hat die CDU als stärkste Fraktion das Zugriffsrecht auf den Posten des PUA-Vorsitzenden.
Der eine oder andere CDU-Abgeordnete hat schon abgewinkt: Robert Heinemann zum Beispiel, Bank- und Diplomkaufmann. Derzeit läuft alles darauf hinaus, das Thies Goldberg den PUA-Vorsitz übernimmt und Thilo Kleibauer den Posten des CDU-Obmanns. Allerdings ist noch nicht geklärt, ob und wie der selbstständige Unternehmensberater Goldberg den PUA-Job zeitlich mit seinem Beruf vereinbaren kann. Mit Kleinbauer, der als Analyst bei der Warburg-Bank arbeitet, käme sogar ein Banken-Insider in den Ausschuss.
Bei der SPD gilt der Abgeordnete Thomas Völsch derzeit als Favorit für den Posten des Obmanns. Der Beamte Völsch arbeitet zwar in der bankfernen Schulbehörde, hat aber ein Vorleben beim Rechnungshof aufzuweisen und ist insofern zahlengeübt. Völsch gilt als ruhig und sachlich, während sein Abgeordneten-Kollege Thomas Böwer für seine Zuspitzungen und Polemiken bekannt und gefürchtet ist. Auf einen solchen Unruheherd, zudem PUA-erfahren, kann eine Fraktion eigentlich nicht verzichten.
Böwer soll jedoch Interesse daran haben, den Obmann zu geben - eine Vorstellung, die nicht allen Sozialdemokraten gleichermaßen behagt, schließlich schießt Böwer auch manchmal übers Ziel hinaus. Der Kompromiss könnte darin liegen, Böwer als Offensivspieler der Abteilung Attacke in das SPD-PUA-Team einzubinden, nur eben nicht als Kapitän.
Für CDU und SPD hängt von der richtigen PUA-Besetzung am meisten ab. Für die Union geht es zunächst und vor allem um das Wohl und Wehe ihres angeschlagenen Finanzsenators Michael Freytag - eine Defensivaufgabe. Die SPD, die den PUA initiiert hat, muss beweisen, dass sich der Aufwand lohnt. Es gibt Oppositionspolitiker, die den Erfolg eines PUA danach bemessen, ob und zu wie vielen Rücktritten er führt.