Mülheim. Skifreizeiten sind ein kontroverses Thema. Der Sport ist toll – aber kann man sich ihn noch leisten? Wie Mülheims Schulen die Sache sehen.

Sie ist an einigen Mülheimer Schulen gesetzt, an anderen längst gestrichen: die Skifreizeit. Früher gehörte die vergnügliche Winterreise für viele fest zum Schulprogramm, heute fahren nur noch wenige in die Berge. Regelmäßig gibt’s Diskussionen um die Kosten. Und auch ökologische Argumente gewinnen an Boden. Ein Überblick.

Luisenschule

An Mülheims einzigem Gymnasium, das sich NRW-Sportschule nennen darf, findet jährlich für den siebten Jahrgang ein Ski-Kompaktkurs an wechselnden Orten statt. Die Freizeit ist seit zehn Jahren fester Bestandteil des Schulprogramms, berichtet Leiterin Heike Quednau. Seither seien 600 Anfängern die Grundlagen des Sports nähergebracht worden. „Und auch die über 800 Fortgeschrittenen kamen auf ihre Kosten“, so Quednau.

Den meisten Schülerinnen und Schülern bleibe die Freizeit positiv in Erinnerung: mit besonderen Momenten in der majestätischen und winterlichen Bergwelt und in der Herberge. Die Lehrkräfte, die die Fahrt begleiten, haben alle nötigen Qualifikationen, betont die Leiterin der Luisenschule. In den Ferien gebe es für das Kollegium regelmäßig Fortbildungen zum „Schneesport an Schulen“.

Siebtklässler der Luisenschule Mülheim waren erst jüngst für eine Woche zum Skifahren in Südtirol.
Siebtklässler der Luisenschule Mülheim waren erst jüngst für eine Woche zum Skifahren in Südtirol. © Luisenschule

Gymnasium Broich

Mülheims einziges Gymnasium links der Ruhr denkt bei dem Thema anders: „In Abstimmung mit Lehrern, Eltern und Schülern“ wird dort keine Skifreizeit mehr angeboten. Die Reise sei zu kostspielig und würde zu viel eigenes Personal in Beschlag nehmen, da externe Kräfte zu teuer sind, so die stellvertretende Schulleiterin Tanja Weymann. Man halte die Fahrt auch nicht für abwechslungsreich, sondern „monothematisch, weil jeden Tag nur Ski gefahren wird. Skifahren ist ein Individualsport und weniger ein Gruppenerlebnis“.

Auch aufgrund des Umweltschutzes finden keine Ski-Exkursionen am Gymnasium Broich mehr statt. Von Mülheim gut erreichbare Skigebiete seien meist nur noch mit Kunstschnee befahrbar, der aber verbraucht viel Wasser und Energie, ist nicht gut für die CO2-Bilanz. Die Fahrt zu Skigebieten, die ausreichend natürlichen Schnee hätten, sei auch keine Option, so Weymann, da die Anreise viel Zeit beanspruche und so weniger Stunden für alle zusammen vor Ort übrig blieben.

Otto-Pankok-Schule

Das OP hat aktuell keine Exkursionen in die Berge auf der Agenda. Allerdings befinde sich die Schule gerade dabei, ein neues Konzept für Schulfahrten zu erstellen, das auf G 9 – also neun Jahre bis zum Abitur – angepasst sei, so Schulleiter Jens Schuhknecht. Möglicherweise verändere sich dadurch einiges.

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Gymnasium Heißen

Das Heißener Gymnasium berichtet zweierlei: Im laufenden Schuljahr findet keine Skifreizeit für die Jugendlichen statt; im kommenden Jahr aber wird die Jahrgangsstufe 7 laut Schulleiter Patrick Rodeck wohl wieder losziehen. Für 2024 seien fünf bis sechs Skitage vorgesehen. Für Schüler, die nicht auf die Bretter wollen, soll dann eine Städtereise möglich sein.

Karl-Ziegler-Schule

Eine gravierende Änderung gab es zum vergangenen Schuljahr an der Karl-Ziegler Schule: Nach vielen Jahren mit verpflichtender Skifreizeit ist man umgestiegen auf eine frei wählbare Reise. Laut Schulleiterin Ute Gibbels gab es zuvor Diskussionen, wie mit dem Thema in Zukunft umzugehen ist. War die Freizeit in den G 8-er Jahrgänge noch die verbindliche Jahrgangsfahrt im 8. Schuljahr, so ist sie nun – da G 9 wieder gilt – nicht mehr verbindlich. Schüler können seither frei entscheiden, ob sie – wie in den vergangenen 35 Jahren üblich – in die Herberge „Oben am Berg“ ins Kleinwalsertal fahren möchten oder eben nicht. Vorgeschrieben ist laut Gibbels nur noch die Abschlussfahrt in der Jahrgangsstufe 10 mit der „soziale Schwerpunkte“ gesetzt werden sollen.

Weitere Schulthemen aus Mülheim:

Gesamtschule Saarn

Die Saarner Schule führt seit Jahren Ski-Trainings durch. Sie gehören fest zum Lernplan der Sportleistungskurse. In den vergangenen zwei Jahren hätten die Reisen coronabedingt und aus Vorsichtsgründen ausfallen müssen, dieses Jahr aber sollen die Kurse der Q2 wieder zum traditionellen Training nach Tirol fahren, so Schulleiterin Claudia Büllesbach. Es handele sich um ein Training, also um „Schule nach Lernplan“, und nicht um eine Freizeit, betont sie. Die Schüler freuten sich, endlich wieder aufbrechen zu können.

Willy-Brandt-Schule

An der Styrumer Schule finden keine Skifreizeiten im üblichen Sinne statt, die Schule bietet stattdessen eine Ski/Inliner-AG an. Diese ist für die Jahrgangsstufen acht bis zehn, in diesem Jahr ist zum Beispiel Winterberg das Ziel. Dort solle das Erlernte praktisch eingeübt werden, erklärt Schulleiterin Karin Rinn. Die AG sei ein „kleines, kostengünstiges und praktisches Format“, findet sie.

Gustav-Heinemann-Schule

An Mülheims größter Schule wird ein Wintersport-Praktikum für die Schüler und Schülerinnen des Sport-Leistungskurses angeboten. Frühere Jahrgänge waren in Südtirol; diesmal sind 25 Jugendliche mit dem Zug nach Oberstdorf gereist, begleitet von Lehrern mit Skilehrer-Schein. Am Wochenende werden sie zurückkommen. Die Reise sei etwas anderes als eine vor allem auf Vergnügen ausgerichtete Skifreizeit für jüngere Jahrgänge, sagt Schulleiter Thomas Ratz. „Das Skifahren ist im Lehrplan des Faches Sport verankert.“ Es gehe darum, motorische Fähigkeiten aus dem Bereich Rollen/Gleiten/Fahren zu erwerben. Und um das soziale Miteinander, um ein Naturerlebnis mit Abenteueraspekt. Man thematisiere die Reise vorab in Fächern wie Geografie. „Und natürlich muss man in der heutigen Zeit auch über Nachhaltigkeit sprechen, ökologische und touristische Aspekte spielen eine Rolle.“ Wer am Wintersport-Praktikum teilnimmt, fährt übrigens nicht mehr auf eine andere Abschlussfahrt.

Realschule Broich

Die Skifreizeit in Jahrgangsstufe sieben nach Hochficht in Österreich ist fest im Schulprogramm der Realschule Broich verankert. Und dabei soll’s bleiben. „Wir werden daran nur etwas ändern, wenn das zu teuer wird“, sagt Sandra Komm, zweite Konrektorin der Schule. Noch aber schaffe man es, die jährliche Reise „relativ günstig“ durchzuführen. „Wir sind immer in der gleichen Gruppen-Unterkunft und die Kollegen, die mitfahren, sind selbst als Skilehrer tätig.“ An der Tradition, im Januar Zeit im Schnee zu verbringen, wolle man schon allein deswegen festhalten, „weil sich so alle in der Stufe mal richtig kennenlernen“. Weit über 100 Schüler und Schülerinnen seien Jahr für Jahr dabei, Anfänger wie Fortgeschrittene. Es gebe aber keine Pflicht zur Teilnahme.

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Realschule Stadtmitte

An der Realschule Stadtmitte finden seit Jahren keine Skifreizeiten mehr statt. Die Sportfachschaft überlegt, langfristig eine Ski-AG anzubieten. „Unklar ist aber noch, ob es überhaupt eine große Nachfrage geben würde“, so Schulleiterin Sabine Dilbat.

Realschule an der Mellinghofer Straße

Auch die „Melli“ fährt nicht auf Skifreizeit. „Ganz früher haben wir das mal gemacht, aber im Moment sind wir einfach nicht an diesem Punkt“, so Schulleiterin Grit Freiberg-Scheidt, die einst selbst Reisen in den Schnee begleitet hat. „Der Wunsch flammt an der Schule aber immer mal wieder auf. Und das kann ich gut verstehen: Das ist ein toller Sport, die Bewegung in der Natur macht Spaß.“ Man gestatte sich deshalb immer wieder mal Überlegungen zu dem Thema, thematisiere aber auch Bedenken hinsichtlich Kosten und Nachhaltigkeit.

Schule am Hexbachtal

„Bei uns gibt’s bislang keine Skifreizeiten“, sagt auch Verena Wettmann, Leiterin von Mülheims einziger Hauptschule. „Es kann aber sein, dass wir uns das noch mal überlegen.“ Aktuell habe ein neuer Sportlehrer angefangen – mit ihm könnte sich einiges ändern.