Mülheim. Jens Schuhknecht löst nach elf Jahren Ulrich Stockem als Schulleiter der Otto-Pankok-Schule ab. Was der 51-Jährige auf seiner Agenda stehen hat.
Die Otto-Pankok-Schule hat einen neuen Chef: Jens Schuhknecht startet am Mittwoch als neuer Schulleiter an dem Innenstadt-Gymnasium. Dabei ist dem 51-Jährigen wichtig, dass die Schulgemeinde ihn nicht als „Bestimmer“ sieht. Vielmehr möchte er Schule als „Team“ erleben, Schüler und Eltern stärker in die Schularbeit einbeziehen.
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Jens Schuhknecht ist zwar erst seit einigen Tagen in seinem neuen Büro an der Von-Bock-Straße angekommen, fühlt sich aber jetzt schon wohl. „Es gibt hier eine tolle und engagierte Schülerschaft und ein großartiges Kollegium.“ Und das ist bereits ein Punkt, der dem Erdkunde- und Sport-Lehrer aus Essen auf den Nägeln brennt: „Ein Ziel ist es, Schüler und Eltern als Experten zu beteiligen und sie etwa in pädagogische Tage einzubinden.“
Neben dem Studium als Ratsherr für die SPD im Essener Stadtrat aktiv
Das klingt stark nach Bürgerbeteiligung, wie man sie aus der Politik kennt. . . „Für mich ist das selbstverständlich“, sagt Schuhknecht, denn während seines Studiums an der Uni Essen arbeitete er viele Jahre ehrenamtlich in der Politik, war als Ratsherr für die SPD im Essener Stadtrat aktiv – mit den Schwerpunkten Schul- und Jugendpolitik. Aus dieser Erfahrung wisse er, wie wichtig es ist, die Menschen an Entwicklungs- und Entscheidungsprozessen teilhaben zu lassen. Und: „Wie wichtig die Verknüpfung von Jugendarbeit und Schule ist.“
Am Karl-Ziegler-Gymnasium, wo er die vergangenen 15 Jahre tätig war, zuletzt als kommissarischer Vize-Schulleiter, gründete er vor etwa fünf Jahren den Kinder- und Jugendtreff Café Ziegler – gemeinsam mit Georg Jöres von der Caritas und dem damaligen Schuldezernenten Ulrich Ernst. „Eine Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe.“
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Schulsozialarbeit mit Angeboten für Familien an die Schule holen
Solche sozialen Projekte möchte Schuhknecht auch am Otto-Pankok etablieren, die Familien mehr in den Fokus nehmen. „Es ist mir ein Herzensanliegen, die Schulsozialarbeit an diese Schule zu holen.“ Und: „Um Kindern mit Defiziten individuell helfen zu können, brauchen wir eine Familienberatung.“ Daher würde er zudem gerne soziale Verbände als Partner ins Boot holen, auch Netzwerke mit Sportvereinen ausbauen. Immerhin ist er seit 20 Jahren Vorsitzender der Sportjugend in Essen. Wie solche Projekte finanziert werden können? „Da werden sich Wege finden“, ist er überzeugt.
Ein weiterer Punkt, der ihm auf den Nägeln brennt, ist die Weiterentwicklung der Digitalisierung. „Nicht nur, was die Ausstattung angeht, sondern wie wir digitale Möglichkeiten nutzen, moderne Formen des Unterrichts entwickeln können.“ Corona sei da Triebfeder gewesen.
Sanierungen und Corona-Maßnahmen beeinflussen den Schulalltag weiter
Ein Thema, das den Schulalltag weiterhin stark beeinflussen wird, ist natürlich Corona: „Es sind Defizite entstanden, die wir dringend anpacken müssen und die durch Ferienangebote alleine nicht aufgefangen werden können.“ Nicht nur im Lehrstoff, sondern vor allem im psychosozialen Bereich.
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Eine Auflistung von Schülern, die die Lehrer besonders im Blick haben, gebe es bereits, genau wie Evaluierungen aus den Ferienprogrammen. Lernstandserhebungen in allen Jahrgängen seien wichtig, um individuelle Förderangebote für die Schüler zu schaffen, ist Schuhknecht überzeugt. „Dafür wünschen wir uns externe, einheitliche Vorgaben vom Land.“
Nach den Ferien geht es wie vor den Ferien weiter: Testen, lüften, Masken tragen
Ebenfalls Wunsch des OP-Teams: „Luftfilter.“ Allein zwölf Klassenräume seien zur Baustelle hin ausgerichtet und können nicht ohne Lärm und Staub belüftet werden. Doch, ob diese genehmigt werden, sei noch offen. Genau wie viele weitere Fragen rund um Corona: Wie wird in Zukunft mit geimpften und ungeimpften Schülern verfahren und was ist mit denen unter zwölf Jahren, die sich noch nicht impfen lassen dürfen? „Nach den Ferien geht es erst einmal wie vor den Ferien weiter: Maskenpflicht im Gebäude, Schnelltests zweimal pro Woche, regelmäßig Lüften“, so der Schulleiter.
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Auch die Bauarbeiten werden Lehrer und Schüler weiter belasten. Diese haben bereits 2014 begonnen und sollen noch weitere vier Jahre andauern. „Diese kosten viel Energie und Kraft, daher wollen wir die Sanierung so hinbekommen, dass Unterricht gut gelingen kann“, sagt Schuhknecht.
Ulrich Stockem verabschiedet sich in den Ruhestand
Wer sich von Ulrich Stockem verabschieden möchte, muss sich hinten anstellen. An diesem letzten Schultag vor den Sommerferien warten Schüler und Lehrer vor seinem Büro im Sekretariat. Einige wollen ihm „Tschüss“ und noch einmal „Danke“ sagen. Elf Jahre lang leitete er das „OP“ – nun verabschiedet er sich in den Ruhestand.
Als er und sein Stellvertreter Ulrich Bender die Schule als Leitungsteam 2010 übernahmen, stand das OP kurz vor der Aus. Die Anmeldezahlen sackten ab, in der Politik wurde darüber diskutiert, ob Mülheim ein fünftes Gymnasium noch brauche.
Programm zur Umgestaltung rettete das Otto-Pankok-Gymnasium
Hinzu kam, dass die Luisenschule und das Karl-Ziegler-Gymnasium als starke Konkurrenz bereits mit Millionenaufwand saniert wurden – das OP nicht. Doch Stockem wollte nicht „der Abwickler“ sein. Er wurde zum Retter: „Damals haben wir analysiert, was es für Möglichkeiten gibt, damit die Schule weiter existieren darf.“ Dieses Programm zur Umgestaltung stellte Stockem vor, entwickelte neue Lernstrategien, schloss eine Kooperation mit der benachbarten Realschule und öffnete die Schule für die ganze Gesellschaft, „im Sinne unseres Namenspatrons“. Das Konzept überzeugte viele Eltern, die ihre Kinder schließlich wieder zahlreich am OP anmeldeten.
Seine „berufliche Lust, mit jungen Menschen zu arbeiten“ habe ihn stets motiviert. „Das hat sich bis zur letzten Sekunde durchgesetzt“, sagt er rückblickend und ist überzeugt: „Bildung hat nicht alleine was mit Schulfächern zu tun, es geht um den Mensch als Ganzes: Wo liegen seine Begabungen, wie kann man sie individuell fördern?“ So habe er eine Schulkultur geschaffen, die Lernen und Menschlichkeit verbindet.
In Pension die Hobbys „Tai Chi und Qi Gong“ weiter vertiefen
In seinen letzten Tagen an der Schule habe er noch einmal viel Wertschätzung erfahren, was ihn sehr berührt habe. Zumal die vergangenen zwei Corona-Jahre eine echte Herausforderung waren. „Es mussten viele Dilemma-Entscheidungen getroffen werden.“
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Nun freut sich Ulrich Stockem, dass er mehr Zeit mit seiner Frau hat, die ebenfalls bald in Pension geht, mehr mit seinen beiden Enkelkindern spielen und sein Hobby vertiefen kann: Tai Chi und Qi Gong. „Ich habe einen kleinen Blog, auf dem ich nun Trainingsmaterial veröffentlichen möchte.“ Außerdem will er die innere Einkehr wagen und „den Pilgerweg nach Santiago gehen“, verrät der Gladbecker.
Geschicke der Schule weiter verfolgen, aber als stiller Beobachter
Die Geschicke „seiner“ Schule wird er zwar weiter verfolgen, doch sich nicht mehr aktiv einmischen. Schließlich habe er im Laufe seiner Karriere eine Transformation erfahren: Vom anfänglichen „weißen Hai“, bekannt für seine „Disziplin und Strenge, gepaart mit einem großen Herzen“, gefolgt vom „Eisbären“, der Ruhe und Gelassenheit ausstrahlt. Und am Ende? „Bin ich wie ein Albatros, der frei ist und über den Dingen schwebt.“