Mülheim. Verena Wettmann leitet die Schule an Mülheims Hexbachtal. Soziale Aspekte und die Schulsanierung sind ihr wichtig. Vor diesen Aufgaben steht sie.
Na klar, die Arbeit an einer Hauptschule ist herausfordernd. Doch wer mit der neuen Leiterin der Schule am Hexbachtal spricht, hört kein Klagen, kein Stöhnen. „Ich bin gerade sehr optimistisch“, sagt Verena Wettmann. Ihr Fokus liegt auf „Beziehungsarbeit“, und da werde an der Mülheimer Schule schon viel richtig gemacht. Große Pläne für die Standorte Borbecker Straße und Gathestraße gibt’s dennoch.
Die Schüler und Schülerinnen sollen sich an Mülheims einziger Hauptschule willkommen fühlen, ähnlich positiv angenommen wie Wettmann selbst, als sie Anfang August mit einem Mal Chefin dort war. Die 46-Jährige hatte nicht damit gerechnet, so schnell an der Spitze einer Schule zu stehen. Die Fortbildung bei der Bezirksregierung war noch nicht beendet, da fragte die Schulrätin schon an wegen der Nachfolge von Barbara Kromer am Hexbachtal. Wettmann griff zu. „Es war ein Vorschlag, der sich gut anfühlte.“
Am Anfang stand ein besonderes Buch: Wie die Mülheimerin zur Sonderpädagogik fand
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„Sich für Schüler einzusetzen, die es schwer im Schulsystem haben“, das war von Anfang an die Triebfeder. Lehrerin wollte Wettmann werden, und zwar Sonderpädagogin. Ein Buch über Heilpädagogik, das ihr als Abiturientin in die Finger gefallen war, gab den Ausschlag. Und wie es der Zufall wollte: Die allererste Vorlesung an der Uni Köln hielt just jener Professor, dessen Buch sie so beeindruckt hatte. Seine Ausführungen waren „inspirierend“.
Nach dem Studium sammelte die gebürtige Duisburgerin Erfahrung an Förder- und Grundschulen, arbeitete unter anderem für zwölf Jahre an einer Förderschule in Kamp-Linfort mit den Schwerpunkten Lernen sowie emotionale und soziale Entwicklung. An verschiedenen Regelschulen stand sie Kindern mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf zur Seite. 2020 dann gab’s eine erste Leitungsfunktion: als Konrektorin an einer Oberhausener Grundschule. Corona hielt Einzug; „es war eine Herausforderung, das zu organisieren, aber ich hatte Freude daran“.
Schule hat guten Ruf: Vor allem wegen der vielen Maßnahmen zur Berufsorientierung
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Seit 15 Jahren lebt Wettmann in Mülheim, sie hat eine Tochter und einen Stiefsohn, ihr Mann betreibt das Auktionshaus an der Ruhr. Aktuell gilt ihr Augenmerk dem System Hauptschule. Noch sind da viele Fragen. Aber auch schon Momente, in denen sie spürt: Hier gehöre ich hin. Dass die Schule „einen guten Ruf hat wegen der pädagogischen Arbeit und der umfangreichen Maßnahmen zur Berufsorientierung“, das hatte sie einst schon von Grundschuleltern in Oberhausen gehört. „Die haben bedauert, dass sie ihre Kinder nicht bei uns anmelden konnten.“
Wettmann erlebt nun unmittelbar, was die Schule ausmacht. Erst kürzlich fanden der Berufe-Parcours für Siebtklässler und die Eltern-Schüler-Akademie für Neunt- und Zehntklässler statt. Die oft sozial benachteiligten Jugendlichen lernten Praktiker hautnah kennen, konnten Berührungsängste abbauen, erste Netzwerke knüpfen.
„Besonders schwierig ist es, mit neu zusammengestellten Klassen zurechtzukommen“
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Und noch etwas gefällt ihr: „Wir haben engagierte Kollegen, die die Schüler im Blick haben.“ Nach den ersten Wochen in Mülheim ist sie überzeugt: „Die Basis stimmt.“ Das helfe bei den Aufgaben, die nach zweieinhalb Jahren Corona nicht eben kleiner geworden sind. „Besonders schwierig ist es, mit neu zusammengestellten Klassen zurechtzukommen“, so Wettmann. Man habe allein in diesem Schuljahr rund 35 Schüler und Schülerinnen zugewiesen bekommen, die an anderen Schulen nicht zurechtkamen. Außerdem seien knapp ein Dutzend Zugezogene kürzlich am Hexbachtal angekommen.
„Wer anderswo eher schlechte Erfahrung mit Schule gemacht hat, der muss erst integriert werden. Und auch wir müssen erst mit ihm klarkommen.“ Die Lehrkräfte achteten „bewusst auf Zeit für die Beziehungsarbeit“. Hilfreich seien Projekte, die mit Mitteln des Bundesprogramms Aufholen nach Corona finanziert werden. Doch selbst, wenn das Soziale großen Raum einnimmt – „auch bei uns an der Hauptschule steht das Fachliche im Fokus“, betont Wettmann. Es gebe einen Lehrplan, der abzuarbeiten sei, und Lernzielkontrollen, die Auskunft geben über den schulischen Erfolg.
Eine Forderung: Das Hauptgebäude samt Sporthalle muss endlich ertüchtigt werden
Wenn die Schulleiterin nach vorne schaut, gibt es noch andere Ziele: Das Gebäude an der Borbecker Straße samt Sporthalle muss endlich ertüchtigt, die marode Fassade überarbeitet werden. „Und es muss schneller vorangehen mit der Digitalisierung.“ Ein erstes Projekt, das sie mit angestoßen hat, ist das Digitale Klassenbuch. Da noch kein WLAN da ist, gehen die Lehrer via Hotspot mit Tablets ins Netz und können zu jeder Zeit Einträge vornehmen, Infos abrufen. „Das wird eine große Arbeitserleichterung sein“, sagt Wettmann und hofft auf zügige Umsetzung.
Was Schüler wissen sollten: Das Virtuelle Klassenbuch dient auch der Disziplin am Hexbachtal. Die Lehrkräfte haben jederzeit einen Überblick über Schulschwänzer. „Jeder kann die Abwesenheit feststellen. Wir können eher reagieren – und notfalls auch die Eltern einschalten.“
Stichwort Lehrermangel: Hauptschule sucht zwei neue Kollegen
385 Kinder und Jugendliche besuchen die Schule am Hexbachtal zurzeit. Insgesamt 33 Lehrkräfte sind im Hauptgebäude an der Borbecker Straße und der Dependance an der Gathestraße beschäftigt.
Das Thema Lehrermangel ist auch an der Hauptschule angekommen: Aktuell hofft Schulleiterin Verena Wettmann auf Bewerbungen für zwei jüngst ausgeschriebene Stellen. Gesucht werden ein Hauptschullehrer bzw. -lehrerin sowie ein Sonderpädagoge bzw. -pädagogin. Die Stellen sind laut Wettmann auch für den Seiteneinstieg geöffnet. „Ich drücke uns die Daumen.“