Hattingen. Inferno im August 1868 in Hattingen: Angefacht durch starken Wind breiten sich die Flammen übers Stadtgebiet aus. Eine Feuerwehr gibt es nicht.

Was für ein Inferno: Am 7. August 1868 brechen fast gleichzeitig an drei Stellen in der Stadt Feuer aus. Keine Chance: Die Bürgerinnen und Bürger Hattingens sind überfordert – denn eine Feuerwehr gibt es noch nicht.

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Die Kornbrennerei Weygand ist seit Beginn des 19. Jahrhunderts eine Marke in Hattingen. Hier wird Feuerwasser hergestellt, das die Bürgerinnen und Bürger beseelt, das die Arbeiter der Henrichshütte nach einer anstrengenden Schicht munter macht.

Scheune der Kornbrennerei Weygand gerät in Brand

Doch an diesem Freitag passiert ein Unglück: Die Weygand’sche Scheune gerät in Brand, der sich rasend schnell ausbreitet. Massiver Wassermangel erschwert diese Situation und so gelingt es nicht, das Feuer unter Kontrolle zu bringen. Am Graben entsteht ein weiterer Brand. Die Löscharbeiten, völlig unkoordiniert, versinken im Chaos. Und das Feuer bei Weygand dehnt sich immer weiter aus.

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Hilfe kommt aus dem Umland, Wasserspritzen aus Blankenstein, von der Henrichshütte, aus Holthausen, Winz und Linden werden herbeigeschafft – alles vergeblich. Denn den Menschen fehlen die grundlegenden Kenntnisse, wie so ein ausufernder Großbrand am besten zu löschen ist.

Als an einer dritten Stelle Feuer ausbricht und der Wind immer stärker bläst, wissen die Bürger nicht mehr, wie ihnen geschieht – die Behörden fürchten, dass die ganze Stadt in Schutt und Asche fällt. Sie fordern telegrafisch Hilfe von den Feuerwehren in Bochum und Witten an. Am Nachmittag trifft die Verstärkung endlich ein – und etliche Stunden nach dem Ausbruch wird das Flammenmeer endlich unter Kontrolle gebracht.

Die verheerende Bilanz des 7. August 1868

Die verheerende Bilanz dieses 7. August 1868: zehn mehr oder weniger komplett zerstörte Häuser, Geschäfte, Ställe und Weygand’sche Werkstätten – nur das Gutshaus bleibt robust und ohne Schaden. Zwölf weitere Häuser in der Stadt werden zerstört.

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Ja, dass es um den Brandschutz in Hattingen nicht gut bestellt ist, berichtet ein Chronist bereits 1822: Als die Flammen große Teile der Stadt bedrohen, sind alle städtischen Wasserspritzen defekt und müssen vor einem möglichen Einsatz erst einmal repariert werden.

Versuch zur Gründung einer Feuerwehr im Jahr 1864

Einen ersten Versuch zur Gründung einer Feuerwehr startet die Stadt dann im Jahr 1864: Weil sich aber nur 28 Freiwillige melden und darüber hinaus auch keine Feuerversicherungsgesellschaft bereit ist, finanzielle Unterstützung zuzusagen, lässt der Elan schnell nach. Zur Gründung der Feuerwehr kommt es (noch) nicht.

Feuerwehr heute

Aus dem einen Löschzug der Hattinger Feuerwehr im Jahr 1868 sind heute sieben frei­willige Löschzüge geworden. Rund 200 aktive Feuerwehrfrauen und -männer leisten ehrenamtlich ihren Dienst für die Bürger der Stadt Hattingen. Zudem ist die hauptamtliche Wache am Wildhagen 24 Stunden mit jeweils zehn Beamten besetzt.

Um das Jahr 1880 gibt es durchschnittlich fünf bis sechs Einsätze pro Jahr – mittlerweile sind es mehr als 10.000. Es sind aber auch verschiedene Aufgaben hinzugekommen, einen Großteil machen beispielsweise die Einsätze des Rettungsdienstes aus.

Doch die Erlebnisse der drei zeitgleichen Feuersbrünste schrecken die Menschen in Hattingen auf: Die Stadt hat zu diesem Zeitpunkt rund 5500 Einwohner und von ihnen treten 160 Männer spontan als aktives Mitglied der Wehr bei – sie kann sofort ihre Arbeit aufnehmen. Am 26. September 1868 wird die „Freiwillige Feuerwehr der Stadt Hattingen“ gegründet­ – der heutige Löschzug Mitte.

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