Gladbeck. Gladbecks Friedhöfe, das sind Orte der Trauer, gleichzeitig dienen sie aber der Erholung im Quartier. Doch es gelten andere Regeln als im Park.

Thomas S. (Name der Redaktion bekannt) traute seinen Augen kaum und dachte, er sähe auf dem Friedhof in Brauck Geister – am helllichten Tag. Zwei halbnackte, kiffende Männer auf einer Bank! Ein Foto, dass er aufgenommen hat und das der Redaktion vorliegt, zeigt tatsächlich zwei Männer, die mindestens mit nacktem Oberkörper auf einer der Bänke sitzen. Auch wenn die Friedhöfe in Gladbeckals Parks fungieren: Gibt‘s denn da keine Benimm-Regeln? Aber sicher! Hier ein Überblick: Das ist auf den Gladbecker Anlagen erlaubt, und das geht gar nicht.

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Sich wie die Axt im Walde zu benehmen, wo käme man da denn hin? Schließlich ist eine Grab-Anlage nicht irgendein x-beliebiger Ort, das sollten sich Besucher in stets in Erinnerung rufen, meint Silke Kuckert-Brinkmann. Sie ist beim Zentralen Betriebshof Gladbeck (ZBG) verantwortlich für die Friedhofsunterhaltung und würde die Richtlinien auf den Punkt bringen: Alle haben sich der Würde des Ortes entsprechend zu verhalten.

In der Friedhofssatzung ist geregelt, was auf Gladbecker Friedhöfen erlaubt ist – und was nicht

Sagt doch eigentlich alles, oder? So steht es auch gleich zuoberst in der Friedhofssatzung der Stadt Gladbeck. Allerdings: Was manche Menschen als unpassend für diese parkähnlichen Anlagen, die der Bestattung und dem Gedenken an die Toten dienen, empfinden, stört andere vielleicht überhaupt nicht.

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Wie ist dann das Verhalten der kritisierten Männer zu bewerten, die es sich laut Zeugen mit nacktem Oberkörper auf dem Braucker Friedhof gemütlich gemacht haben? Und das nicht zum ersten Mal, so der Beobachter. „In Deutschland gibt es kein Gesetz, das es untersagt, sich auszuziehen“, sagt die Friedhofsverwalterin. Es sei denn, die Allgemeinheit werde belästigt; oder es handle sich um eine exhibitionistische Handlung, eine Straftat.

Wer Dealen beobachtet oder auch nur den Eindruck hat, da könnte gedealt werden, sollte unbedingt die 110 anrufen
Annette Achenbach - Sprecherin im Polizeipräsidium Recklinghausen

Ebenso nicht so ohne ist das Dealenmit Drogen; einerlei ob auf einem Friedhof oder anderswo. Das ist ein Fall für die Polizei. Annette Achenbach teilt auf Anfrage mit: „Von derartigen Vorkommnissen auf Friedhöfen in Gladbeck beziehungsweise speziell in Brauck haben wir keine Kenntnis.“ Die Sprecherin im Polizeipräsidium Recklinghausen ruft die rechtschaffene Bevölkerung dazu auf: „Wer Dealen beobachtet oder auch nur den Eindruck hat, da könnte gedealt werden, sollte unbedingt die 110 anrufen. Die Polizei kann den Hinweisen dann nachgehen.“

Der Cannabis-Konsum ist seit dem 1. April gesetzlich erlaubt

Rathaussprecher David Hennig sagt: „Es ist grundsätzlich durch die Friedhofssatzung nicht ausgeschlossen, auf den Gladbecker Friedhöfen zu rauchen (Cannabis seit dem 1. April gesetzlich erlaubt) oder auch Alkohol zu konsumieren.“ Erfahrungen über „halbnackte Kiffer und Dealer“ habe die Verwaltung bisher nicht gemacht. Es gebe dazu „keine Beschwerdelage oder eben Feststellungen durch den KOD, der nahezu täglich die Friedhöfe – auch den in Brauck – kontrolliert“.

Ansprechpartner auf den Friedhöfen sind ZBG-Geschäftigte

In Fällen einer Störung auf dem Friedhofsgelände wendeten sich die Bürger in der Regel direkt an ZBG-Beschäftigte, die „Hinweisen und Beschwerden dann umgehend nachgehen“. Das Personal achtet sehr genau auf Fehlverhalten und spreche die Betreffenden auch darauf an.

Der Kommunale Ordnungsdienst kann Platzverweise erteilen

Der Kommunale Ordnungsdienst könne Platzverweise erteilen und Buß-/Verwarngelder festsetzen. Im Jahr gebe es 15 bis 20 solcher Fälle.

Was nicht gesetzeswidrig ist, muss noch lange nicht auf einem Friedhof erlaubt sein. Silke Kuckert-Brinkmann unmissverständlich: „Sich halbnackt hinzusetzen, ist definitiv nicht der Würde des Ortes entsprechend. Das ist eine Friedhofsbank, keine Sonnenbank.“ Ein Gottesacker sei eben kein Ort, um die Hüllen fallen zu lassen. Das sei nun wahrlich nicht unter einem pietätvollen Benehmen zu verstehen – und deshalb untersagt.

Viele Menschen schätzen in Gladbeck die Friedhöfe als Oasen, die Natur mitten in der Stadt bieten. Ein Hingucker: eine blühende Wildblumenwiese auf der städtischen Anlage an der Feldhauser Straße.
Viele Menschen schätzen in Gladbeck die Friedhöfe als Oasen, die Natur mitten in der Stadt bieten. Ein Hingucker: eine blühende Wildblumenwiese auf der städtischen Anlage an der Feldhauser Straße. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Wer sich unter einem respektvollen Verhalten nichts vorstellen kann, der werfe einen Blick in die Gladbecker Friedshofsordnung. Dort ist gelistet, was die Achtung dieser besonderen Anlagen beeinträchtigt – und somit verboten ist.

Der Friedhof ist kein Spielplatz

Tobende Kinder, die über Gräber hüpfen und lautstark tollen: tabu! Mädchen und Jungen unter zehn Jahren dürfen die Friedhöfe „nur in Begleitung und unter der Verantwortung Erwachsener betreten“. In dieser Anweisung schwingen Erwartung und Hoffnung mit, dass sich „die Großen“ zu benehmen wissen. Lärmen und Spielen, dafür ist ein Friedhof nicht der rechte Platz.

Seien Sie sensibel mit Parkanlagen, die Friedhöfe sind!
Silke Kuckert-Brinkmann - Friedhofsverwalterin beim Zentralen Betriebshof Gladbeck (ZBG)

Die Gladbecker Friedhöfe sind als grüne Oasen der Stadt angelegt, da könnten doch Erholungssuchende die Picknickdecke auslegen und den Fresskorb auspacken. Oder etwa nicht? Von wegen! Zeugt solch ein Freizeitverhalten etwa von Respekt gegenüber den Toten? Wohl kaum. Klipp und klar heißt es in der Ordnung, dass „lagern und die elektroakustische Tonwiedergabegeräte zu benutzen“ verboten sind.

Ausnahmen und Sondergenehmigungen sind möglich

Doch keine Regel ohne Ausnahme: „Aus religiösen Gründen“ könne es Sonderfälle geben. „Bei Jesiden ist es üblich, gemeinsam bei den Toten zu essen“, weiß Silke Kuckert-Brinkmann. Diese Ausnahmen müssten allerdings angemeldet werden. Sondergenehmigungen erteile der ZBG ebenfalls, wenn zum Beispiel an Ostern beim Kreuzweg zwei, drei Station auf dem Gottesacker geplant seien.

Und ein Friedhof ist auch keineswegs eine Rennbahn. Silke Kuckert-Brinkmann weiß zu berichten: Radler, die über Friedhofswege rasen, sind Angehörigen und anderen Besuchern immer wieder ein Dorn im Auge. Dabei ist das Fahrradfahren in diesen Anlagen verboten.

Wie generell gilt: Fahrzeuge aller Art müssen draußen bleiben. Es sei denn, es handelt sich um Kinderwagen und Rollstühle. Oder: „Man hat eine Sondergenehmigung, wie sie für Schwerbehinderte möglich ist.“

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In der Ordnung ist zu lesen, dass „an Sonn- und Feiertagen oder in der Nähe einer Bestattung“ keine Arbeiten ausgeführt werden“ dürfen. Dabei denkt der ZBG-Profi beispielsweise an das Setzen von Grabsteinen.

Verwunderung mag der Abschnitt hervorrufen, in dem es da heißt, dass „der Verkauf von Waren aller Art und das Anbieten von Dienstleistungen“ auf einem Gladbecker Friedhof unzulässig sind. „Mit Sicherheit gab es einen Anlass dafür, dass diese Regelung aufgenommen wurde“, meint Silke Kuckert-Brinkmann. Vielleicht wurden früher einmal an Allerheiligen oder sonstigen Feiertagen Artikel wie Blumen auf dem Gottesacker feilgeboten. Was auch immer in der Vergangenheit war: Heutzutage geht‘s nicht mehr.

„Insbesondere Verstöße gegen Anleinpflicht von Hunden und Beseitigungspflicht von Hundekot sowie gegen das Radfahrverbot auf Friedhöfen sind immer wieder ein Thema
David Hennig - Gladbecker Stadtsprecher

Für all jene, die eine gute Kinderstube genossen haben, dürften folgende Vorschriften selbstverständlich sein. Bei der Grabpflege anfallenden Abfälle wandern ordnungsgemäß in dafür vorgesehene Behälter – und nicht etwa auf dem Nachbargrab oder im Gebüsch.

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No-Gos sind Beschmutzungen und Beschädigungen, wie es erst kürzlich wieder passiert ist, sowie das Übersteigen von Einfriedungen und Hecken. Ganz zu schweigen vom unbefugten Betreten der Grabstellen.

Nicht entsorgte Hundehaufen empören viele Gladbecker – erst recht, wenn die Nachlassenschaften der Vierbeiner auf einem Friedhof liegen.
Nicht entsorgte Hundehaufen empören viele Gladbecker – erst recht, wenn die Nachlassenschaften der Vierbeiner auf einem Friedhof liegen. © Dietmar Wäsche / WAZ Fotopool | Dietmar Wäsche

Ein ewiges Ärgernis: freilaufende Vierbeiner und Hundekot. Darüber beschweren sich immer und immer wieder Menschen. Aber auch dazu existiert eine klare Ansage: „Hunde dürfen nur an kurzer Leine (maximal 1,50 Meter Länge) geführt werden. Hundekot ist vom Hundeführer sofort zu beseitigen.“ Und letzteres ordnungsgemäß. Silke Kuckert-Brinkmann weist darauf hin: „Überall sind Kottüten erhältlich“ – die nach Gebrauch in einen Abfalleimer zu werfen sind.

Auf den Friedhöfen gilt das Radfahrverbot

Hennig bestätigt: „Insbesondere Verstöße gegen Anleinpflicht von Hunden und Beseitigungspflicht von Hundekot sowie gegen das Radfahrverbot auf Friedhöfen sind immer wieder ein Thema.“

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Langfinger erregen wie Dreck und Vandalismus, Ignoranz und Rücksichtlosigkeit die Gemüter. Ob Blumen geklaut werden oder herzige Dekorationsartikel: Da scheinen die Täter vergessen zu haben, wo sie sich befinden.

Silke Kuckert-Brinkmann meint: „Vor zehn Jahren war noch den meisten Menschen klar, was ein Friedhof ist. Dass die oberste Priorität der Bestattung der Toten zukommt.“ Im Laufe der Zeit scheine das in Vergessenheit geraten zu sein. Daher der Appell: „Seien Sie sensibel mit Parkanlagen, die Friedhöfe sind!“ Verwaltung und ZBG wenden sich an alle, sich rücksichtsvoll und respektvoll gegenüber Trauernden zu verhalten.