Gladbeck. Das Buchensterben schreitet massiv voran, der Wittringer Wald wird kahler. Der Förster erklärt, welche Baumarten künftig Buchen ersetzen könnten.
Sicher, Nadelholzwälder und Borkenkäferplage – wie beispielsweise im Sauerland – haben wir in Gladbeck nicht. Das heißt aber längst nicht, dass hier alles im grünen Bereich ist. Förster Marcus Herber zeichnet aktuell ein schockierendes Bild vom Baumbestand im Wittringer Wald. Dessen Aussehen hat sich bereits massiv zum Negativen verändert – aufgrund rasanten Buchensterbens. Der Experte weiß: „Es ist erschreckend für die Bürger, wenn der Wald so drastisch stirbt!“
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Die Buche ist das Gladbecker Sorgenkind des Försters. Er führte den Mitgliedern des Ausschusses für Sicherheit, Ordnung und Feuerwehr am Dienstag im Wittringer Wald unverblümt vor Augen, wo die Probleme stecken. Stichwort „Klimawandel“. Die Buchen leiden unter Trockenheitsstress.
Förster Marcus Herber: „Äste kommen aus dem Nichts herunter“
Hier haben wir es mit einem sandig-lehmigen Tonboden zu tun, in dem sich Niederschlag wie in einer Wanne sammle. Die fast 50 Meter hohen uralten Buchen wurzeln darin und ziehen daraus das notwendige Wasser. Nur: Ohne Regen kein Flüssigkeitsreservoir. Die Folge ist, dass „innerhalb von ein paar Monaten Bäume komplett absterben“. Was eben in Saft und Kraft grünend schien, ist ruckzuck hinüber. Herber: „So etwas ist noch nie dagewesen.“ Aber eine Ursache ist sonnenklar: „Die Badewanne ist leer.“
Aufgrund anhaltender – und mittlerweile Jahr für Jahr wiederkehrender – Hitze und Trockenheit werden die Bäume anfällig für Schädlinge und Pilze. Da wäre zum Beispiel der kleine Buchenborkenkäfer, der sich einnistet. „Der Saftstrom im Baum bricht ab, Äste kommen aus dem Nichts herunter“, beschrieb der Fachmann das enorme Gefahrenpotenzial für Menschen, die darunter spazieren. Laien können sogar ebenfalls mit bloßem Auge Anzeichen von Schäden entdecken: Pilze und abplatzende Rinde mit einer Größe zwischen 50 Zentimetern und einem Meter.
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Also muss aus Sicherheitsgründen die Reißleine gezogen beziehungsweise die Säge angeworfen werden. Herber zeigte den Ausschuss-Mitgliedern das Foto einer gefällten 200 bis 220 Jahre alten Buche mit einem Stamm-Durchmesser von etwa 1,60 Meter. Im Innern ist – nichts. Der Stamm ist hohl, zersetzt.
Übrigens gehen die Waldarbeiter mit schwerem Gerät vor. Rückepferde, wie sie früher einmal in Wittringen eingesetzt worden seien, bei diesen Maßen: undenkbar. Herber stellte die Frage: „Wer kann so einen Baum überhaupt noch bewegen?“ Derartige Riesen seien über den Nutzungszeitraum eh hinaus. Das kann sogar gedeihlich für die Natur sein: „Waldbesitzer bekommen eine Entschädigung, wenn sie Alt- und Totholz für Insekten und andere Tiere liegenlassen.“
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Doch mit dem Fällen, an manchen Stellen in Wittringen ein wahrer Kahlschlag, ist das Problem der kranken Bäume beileibe nicht aus der Welt. Die letzten „Standhaften“ sind ohne Schatten ihrer bisherigen Nachbarn der Gefahr eines Sonnenbrands ausgesetzt, der wiederum Schädigungen wie beschrieben nach sich zieht – ein Teufelskreis.
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Dem Himmel sei Dank, es stehen in Gladbeck ja nicht nur (geschädigte) Buchen, auch wenn sie neben der Eiche das Gros des Bestands ausmachen. Marcus Herber geht davon aus, dass Letztere „uns noch lange begleiten werden“. Pappel, Ahorn, Kirsche sind schnellwachsend und damit zur raschen Aufforstung geeignet. Als ideal bezeichnete der Förster die natürliche Verjüngung, denn „wir sind froh über junge Bäume, die den Waldboden beschatten. Hier fängt sich die Feuchtigkeit.“
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Herber erläuterte: „Wir arbeiten mit wenigstens vier Baumarten, falls uns eine wegbricht.“ Soll heißen: Wenn eine Sorte, ähnlich wie selbst bei stämmigen Buchen gesehen, geschädigt einknickt und von der Bildfläche verschwinden muss. Für die Aufforstung „sucht man Bäume aus, die wärmeresistent sind“. Dabei bemühen sich Fachleute, möglichst heimische Arten wie eben Ahorn und Kirsche zu pflanzen. Es sei jedoch nicht auszuschließen, dass irgendwann auch einmal Mammutbäume in Gladbeck Wurzeln schlagen werden. Die Heimat dieser Art ist eigentlich Kalifornien. Förster Herber räumt ein: „Vielleicht greifen wir demnächst zur Slawonischen Eiche statt zu unserer Stieleiche.“
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Das ist allerdings leichter gesagt als getan. „Woher kommt das Saatgut?“ Das stehe nämlich nicht zur Verfügung. Herber: „Die Lager sind leer. Die ganze Welt schreit nach Pflanzen.“ Noch ein Problem mehr, das zum Erhalt des Wittringer Waldes zu stemmen ist.