Essen. . Mit „Essen 51“ entsteht ein neuer Hightech-Stadtteil. Über die Bebauung des Flughafens wird gestritten und in Rüttenscheid herrscht Bauboom.
Diese Bauprojekte bewegen Essen: Mit „Essen 51“ entsteht ein komplett neuer Stadtteil, über die Nachnutzung des Flughafengeländes wird heftig gestritten, in Rüttenscheid herrscht Bauboom und zahlreiche Neubauprojekte sorgen für hitzige Diskussionen. Zugleich fragt die Stadt Essen Bürger: Wo wollt ihr wohnen? Und laut einer Erhebung von Immowelt ist der Kaufpreis für Eigentumswohnungen und Häuser in Essen innerhalb von einem Jahr um sechs Prozent gestiegen: Kostete der Quadratmeter im Jahr 2017 noch durchschnittlich 1550 Euro, lag der Preis im Jahr 2018 bei 1650 Euro.
In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf drei Aspekte:
- Teil I: Essen 51 – ein Stadtteil der Zukunft
- Teil II: Was wird aus dem Geländes des Flughafens Essen/Mülheim?
- Teil III: Bauboom in Rüttenscheid und hitzige Diskussionen
Teil I: Essen 51 – ein Stadtteil der Zukunft
Bagger arbeiten sich auf dem riesigen Gelände zwischen Pferdebahnstraße, Berthold-Beitz-Boulevard und Bottroper Straße vorwärts. Sie arbeiten am Fundament eines neuen Stadtteils: „Essen 51“. Aktuell laufen auf dem Areal Tiefbauarbeiten, erklärt Christoph Thelen, geschäftsführender Gesellschafter der Thelen-Gruppe, die das rund 52 Hektar große Gelände im nördlichen Teil des Krupp-Gürtels von Thyssenkrupp erworben hat. An allen Ecken wird derzeit gearbeitet: Kanalarbeiten, sechsspuriger Ausbau der Bottroper Straße, Gewässerbau und vieles mehr.
Mit „Essen 51“ soll ein neuer Stadtteil, ein Zukunfts-Quartier, entstehen. Rund eine Milliarde Euro investiert das Unternehmen in das Projekt.
Der erste Mieter soll in den nächsten Monaten bekanntgeben werden. Ebenfalls in den kommenden Monaten sollen die ersten Ergebnisse des städtebaulichen Wettbewerbs veröffentlicht werden. Dabei gehe es besonders um den südlichen Bereich des Geländes und die dort geplanten Wohnungen, so Thelen.
Um die 30 Prozent des Wohnraums soll öffentlich gefördert werden. Außerdem soll es um die 20 Prozent Eigentumswohnungen entstehen. Bis diese vermarktet werden können, werden allerdings noch zwei, drei Jahre vergeben.
Bis zu 1800 Wohnungen könnten auf dem ehemaligen Industrieareal zwischen Pferdebahnstraße, Berthold-Beitz-Boulevard und Bottroper Straße entstehen.
Auch Büros und Gewerbeimmobilien sollen entstehen
Ein Werbevideo für „Essen 51“ blickt in eine wohl noch weit entfernte Zukunft: Taxi-Drohnen schweben durch die Luft, Liefer-Roboter bringen Einkäufe nach Hause, Wohnungen sind komplett mit Smart-Home-Technologie ausgestattet.
Außerdem sollen Büros und Gewerbeimmobilien, Kita und Schule, Geschäfte und Gastronomie entstehen. Die Projektentwickler kündigen ein Mobilitätskonzept fürs Viertel an, unter anderem mit Carsharing und E-Bikes. Im Stadtteil soll es viel Grün – insgesamt elf Hektar sind geplant – und fünf künstliche Teiche geben.
Das Quartier soll mit modernster Technik ausgestattet und dabei klimafreundlich sein: So soll Grubenwasser zur Wärmeversorgung dienen. „Ziel der Thelen-Gruppe ist es, Essen 51 als weitgehend selbstversorgendes Quartier zu entwickeln“, so das Unternehmen.
Einst standen auf dem Gelände die Kruppschen Fabriken
Man verspricht sich, dass „Essen 51“ über das Quartier hinaus in die umliegenden Viertel strahlen wird. Das gigantische Projekt soll zugleich der Schlussstein des neuen Krupp-Gürtels sein, der im Westviertel zwischen Altendorf und Innenstadt liegt. Auf dem rund 230 Hektar großen Gebiet standen einst die Kruppschen Fabriken (in dieser Bildergalerie finden Sie unter anderem Luftbilder des Areals aus dem Jahre 1926) – anschließend lag ein großer Teil jahrzehntelang brach. Heute gibt es hier unter anderem das Thyssenkrupp-Hauptquartier, den Krupp-Park und eine Sportanlage, das Quartier West. Die Thelen-Gruppe baut zudem rund 500 Wohnungen im Projekt „Wohnen am Krupp-Park“.
Bis „Essen 51“ komplett entwickelt ist, werden noch Jahre vergehen.
Teil II: Was wird aus dem Gelände des Flughafens Essen/Mülheim?
Wie soll das 140 Hektar große Areal des Flughafens Essen/Mülheim künftig genutzt werden? Im Gegensatz zu „Essen 51“ gibt es beim Flughafen noch wenig Konkretes und dafür jede Menge offene Fragen. Die Räte beider Städte haben den Ausstieg aus dem Flugbetrieb längst beschlossen, 2024 soll Schluss für die gewerbliche Fliegerei und 2034 für den privaten Flugverkehr sein. Doch was danach genau auf dem Flughafen-Gelände gebaut wird, steht noch nicht endgültig fest.
In Workshops haben Stadtplaner, Politiker, Wirtschaftsförderer und Umweltexperten Punkte festgelegt, die Bestandteil eines städtebaulichen Ideenwettbewerbs sein könnten. Insgesamt drei Konzepte wurden erarbeitet - alle sehen eine Mischung aus Gewerbe, Wohnen und Flächen für Natur- und Artenschutz vor. Die Konzepte unterscheiden in der Frage, wo Gewerbe, Wohnungen und Freiflächen ihren Platz auf dem Areal haben. Außerdem gibt es beispielsweise unterschiedliche Vorstellungen, wie viel Fläche es fürs Gewerbe geben soll. So schwankt die Zahl der Menschen, die auf dem Gebiet wohnen könnten, zwischen 3000 und 8500, die Zahl der Arbeitsplätze zwischen 1500 und 2500.
Flughafen-Gelände ist wichtig für Kalt- und Frischluftversorgung
Mehrere Gutachten zum Stadtklima, zur Entwässerung und zur verkehrlichen Erschließung sollen Hinweise zur Entwicklung des Geländes geben und sie sollen als Grundlage für eine Machbarkeitsstudie und für einen städtebaulichen Wettbewerb dienen. Das Klima-Gutachten wurde im vergangenen Oktober vorgelegt und kommt zu dem Ergebnis: Das Flughafen-Gelände ist wichtig für die Kalt- und Frischluftversorgung angrenzender Gebiete. So warnten die Klimaexperten davor, durch eine Bebauung des nordöstlichen Flughafen-Areals die Kaltluftzufuhr für das Rumbachtal abzuschneiden.
Ursprünglich sollte es bis Ende 2018 einen groben Fahrplan für die Entwicklung des Flughafen-Geländes geben. Doch es stehen noch weitere Gutachten aus.
Naturschützer sehen eine Bebauung äußerst kritisch
Naturschützer sehen eine Bebauung des Flughafen-Areals äußerst kritisch. Der Erhalt der Freifläche, auf der sich eine der letzten lokalen Populationen von Feldlerchen im westlichen Ruhrgebiet befindet, sei von „herausragender Bedeutung für den Natur- und Artenschutz“, erklärte Nabu-Regionalverband für Essen und Mülheim: „Die Pläne zu einer Bebauung der Flächen werden von den Naturschutzverbänden entschieden abgelehnt.“
Und erst vor wenigen Tagen hat Mülheims Planungsdezernent Peter Vermeulen die Erwartungen gebremst: Eine üppige Bebauung auf dem Flughafen-Gelände sei wohl eher unrealistisch.
Teil III: Bauboom in Rüttenscheid und hitzige Diskussionen
In Sachen Wohnen ist Rüttenscheid einer der gefragtesten Stadtteile in Essen. An zahlreichen Stellen im Stadtteil wird gebaut und zum Teil es gibt hitzige Diskussionen um geplante Bauprojekte. Vier Beispiele:
So erhitzt die geplante Bebauung auf dem Messeparkplatz an der Rüttenscheider Brücke die Gemüter. Die Immobilienentwicklungs-Gesellschaft Hopf plant dort vier neue Gebäude – rund 15.500 Quadratmeter sind für Wohnungen vorgesehen. Das Projekt ist noch weit von der Umsetzung entfernt und stößt auf heftige Kritik: Mit einer Online-Petition wollen Bürger eine Bebauung des Messeparkplatzes verhindert. Bislang sind über 600 Stimmen zusammengekommen.
Mit dem Parc Dunant ist im vergangenen Jahr eines der größten Bauprojekte in Rüttenscheid gestartet: Bis 2020 sollen 300 Eigentums- und Mietwohnungen entstehen. Ein Quadratmeter kostet dort 4100 Euro. 30 Prozent der Wohnungen sind sozial gebunden.
Auch das Bauprojekt an der Henri-Dunant-Straße sorgt für Kritik: So haben sich Anwohner zur Bürgerinitiative Henri 2020 zusammengeschlossen. Sie fürchten nach der Fertigstellung des Parc Dunant einen enormen Verkehrsdruck. Auf der Gelände stand einst die Pädagogische Hochschule, die 2005 leergezogen wurde und anschließend zu einer Geister-Uni verkam.
An der Gummertstraße sind im vergangenen Dezember die ehemaligen Krupp-Bungalows abgerissen worden – dort entsteht das Neubauprojekt Rü-Bogen. Der Immobilienentwickler BPD will 100 Eigentumswohnungen schaffen – die Zwei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen sollen zwischen 249.000 und 509.000 Euro kosten. Die früheren Bewohner sind aus den ehemaligen Krupp-Häusern ausgezogen und wurden finanziell entschädigt (hier berichten zwei Ur-Rüttenscheider, wie sich die Entwurzelung für sie anfühlte).
Ein weiteres Wohnprojekt in Rüttenscheid: Parc du Sud auf dem Gelände der früheren Spedition Paas & Cie an der Manfredstraße. 2016 startete das Bebauungsverfahren. Die Vorgabe: Auf der 12.000 Quadratmeter großen Fläche sollen rund 18.000 Quadratmeter Wohnfläche geschaffen werden.
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Der Entwurf sieht rund 180 Wohnungen vor. Neben frei finanzierten und öffentlich geförderten Mietwohnungen können auch Eigentumswohnungen realisiert werden. Baustart ist voraussichtlich im Jahr 2020.
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