Essen. . Für Peter Valerius ist Frillendorf – rechts und links der A 40 – der beste Ort zum Leben. Folge 31 unserer Stadtteil-Serie „60 Minuten in...“.
„Das ist doch mal ein Blick“, frohlockt Peter Valerius, „den hätten Sie Frillendorf nicht zugetraut, oder?!“ Wir stehen unweit des Wasserturmes und blicken Richtung Innenstadt. In der Ferne ist an diesem klaren Wintertag das Rathaus gut erkennbar, dahinter schimmert die neue Thyssen-Krupp Zentrale und rechts davon grüßt der Turm der Kreuzeskirche.
Recht hat er ja, der CDU-Stadtteilpolitiker Valerius: Frillendorf ist ein eher unbekannter und vielleicht auch unterschätzter Stadtteil, den die meisten Essener nur als Autobahnabfahrt der A40 wahrnehmen. Dabei, so Valerius, könne man hier wunderbar leben.
Heilige Schutzengelkirche ist ein Hingucker
„Wir nennen uns nicht umsonst Wohn- und Gartenstadt“, gibt er stolz zu Protokoll. Sein Lokalpatriotismus kommt nicht von ungefähr: Seit seiner Geburt wohnt der 60-Jährige ununterbrochen in Frillendorf. „Woanders geht gar nicht“, sagt er im besten Ruhrpott-Singsang, „das ist und bleibt einfach meine Heimat.“
Unseren Rundgang beginnen wir dort, wo Frillendorf (zur Bildergalerie) für Valerius am schönsten ist: Die Heilige Schutzengelkirche ist auf jeden Fall ein echter Hingucker. Essens berühmtester Baumeister Edmund Körner hat das katholische Gotteshaus entworfen, Weihnachten 1924 wurde hier die erste Messe gefeiert. Der Backsteinbau wirkt zwar trutzig von außen, aber innen präsentiert er sich hell, leicht und luftig. „Architekten aus ganz Deutschland haben unsere Kirche schon besichtigt“, weiß Valerius, der nicht nur in der Lokalpolitik mitmischt, sondern auch Vorsitzender der Kolpingfamilie ist.
Es fehlt eine klassische Ortsmitte
Rund um den Kirchplatz gibt es viel Grün, dazwischen ein- oder zweigeschossige Häuser mit gepflegten Gärten. „In Frillendorf haben wir mehr Einfamilienhäuser, als man denkt“, sagt Valerius, „und wer hier lebt, zieht so schnell nicht mehr weg.“ Aber man findet auch diese typische Bebauung, für die das Ruhrgebiet bekannt ist: Besonders an den beiden Hauptachsen, der Ernestinen- und der Hubertstraße, wechseln sich etwas heruntergekommene Gründerzeithäuser und gesichtslose 50er-Jahr-Bauten ab, und auf grünen Wiesen, wo das Fußballspielen immer noch verboten ist, stehen langgestreckte und langweilige Wohnriegel aus den 1960er Jahren.
Das Essen-Frillendorf
Dass Frillendorf über Jahrhunderte eine Bauernschaft war, ist heute nicht mehr sichtbar. Denn es fehlt auch eine für Dörfer klassische Ortsmitte. „Die hatten wir noch nie“, bedauert Valerius. Wenigstens gibt es zwei Discounter, einen Supermarkt, die Sparkasse, eine Post und ein, zwei Pizzabäcker.
Essens schönster Wasserturm
Inzwischen haben wir den höchsten Punkt Frillendorfs erreicht: Hier reckt sich der schönste Wasserturm Essens in die Höhe. Auch diesen unter Denkmalschutz stehenden Hochbehälter hat Edmund Körner entworfen. 2000 Kubikmeter Wasser fasst der zylinderförmige Klinkerbau, der dem Ziegelsteinexpressionismus der 1920er Jahre zugerechnet wird.
„Hören Sie genau hin“, sagt Valerius, als wir uns der A40 nähern, „Frillendorf wird ruhiger.“ Das liegt nicht nur an den neuen hohen Lärmschutzwänden, die die Bewohner der parallel zur Autobahn gelegenen Hucharder und der Hombrucher Straße besser schlafen lassen. Auch die Verlegung der Abfahrt hat geholfen, das Verkehrsaufkommen zu reduzieren.
Mittlerweile stehen wir auf der geschwungenen Fußgängerbrücke, die Frillendorf verbindet. Denn die Autobahn belastet nicht nur den Stadtteil, sie zerschneidet ihn auch. „Wir haben gelernt, damit zu leben“, so Valerius und erzählt, dass die Stadt allen Ernstes von einer „Sternstunde der Straßenplanung“ sprach, als sie 1970 die Autobahntrasse baute. „Für die Frillendorfer war das eher ein städtebauliches Fiasko.“ Und für den damals jungen Valerius die Initialzündung, sich politisch zu engagieren.
Frillendorf: Stadtteil-Statistik, Wappen, Zeche Königin Elisabeth
Das Frillendorfer Stadtteilwappen: Die alten Namen „Vrylincthorpe“ und „Vrintrope“ sind Bezeichnungen für das „Dorf der Freien“. Die Bauernschaft gehörte zum Damenstift Essen und wurde 1220 zum ersten Mal erwähnt. Nach der Auflösung des Stiftes kam Frillendorf erst zur Bürgermeisterei Altenessen, dann zu Stoppenberg. 1929 erfolgte die Eingemeindung nach Essen. Das von Kurt Schweder entworfene Wappen ist ein „redendes Wappen“ das Dorf wird durch die Anordnung der Häuser dargestellt. Die daraus entstandene, zwei Pfeilen ähnelnde Schildfläche soll ein Freiheitszeichen darstellen (zur Galerie mit allen Essener Stadtteilwappen).
Essener Stadtteilwappen und ihre Bedeutung
Kein Ende in Sachen Autobahnausbau: Der Ausbau der Autobahn ist ein immer wiederkehrendes Thema in Frillendorf: So wurde und wird weiterhin darüber diskutiert, ob die A52 Richtung A42 weiter ausgebaut werden soll. Die Trasse hätte durch den gesamten Essener Norden und auch durch Frillendorf geführt. Zwar hatte NRW-Minister Groschek das umstrittene Projekt begraben, doch nach den letzten Meldungen will das Bundesverkehrsministerium nun auf Initiative der Wirtschaft prüfen, ob das Teilstück doch in den neuen Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werden soll.
Das kreative Zentrum von Frillendorf: Früher wurde hier malocht, heute gilt die Zeche Königin Elisabeth als kreatives Zentrum von Frillendorf: Auf Schacht Emil haben sich eine Malschule und Kunstgalerie in der ehemaligen Maschinenhalle etabliert, die Eugen Bednarek seit über 15 Jahren gemeinsam mit seiner Frau leitet. „Ich bin überzeugt davon, dass jeder Mensch Malen und Zeichnen lernen kann“, lautet seine Devise. Jugendliche gehören ebenso zu den Schülern wie Senioren. Für Kinder wurde eine eigene, „Kleine Malschule“ eröffnet: Dort kümmert sich Wanda Korfanty-Bednarek um den Künstlernachwuchs.
Amtliche Statistik zum Stadtteil Frillendorf:
Frillendorf in Zahlen
Essener Stadtteile: alle Folgen, alle Bildergalerien, historische Luftbilder
- zum Spezial zur Stadtteil-Serie
- zur Übersicht aller Stadtteil-Bildergalerien
- Folge 48: Huttrop / Folge 47: Bedingrade / Folge 46: Ostviertel / Folge 45: Freisenbruch / Folge 44: Stadtkern / Folge 43: Frintrop / Folge 42: Borbeck / Folge 41: Fulerum / Folge 40: Überruhr / Folge 39: Steele / Folge 38: Bochold / Folge 37: Westviertel / Folge 36: Bergeborbeck / Folge 35: Schonnebeck / Folge 34: Gerschede / Folge 33: Katernberg / Folge 32: Bergerhausen / Folge 31: Frillendorf / Folge 30: Stadtwald / Folge 29: Burgaltendorf / Folge 28: Südostviertel / Folge 27: Margarethenhöhe / Folge 26: Heidhausen / Folge 25: Haarzopf / Folge 24: Altendorf / Folge 23: Stoppenberg / Folge 22: Werden / Folge 21: Holsterhausen / Folge 20: Dellwig / Folge 19: Rellinghausen / Folge 18: Horst / Folge 17: Südviertel / Folge 16: Rüttenscheid / Folge 15: Byfang / Folge 14: Schuir / Folge 13: Karnap / Folge 12: Bredeney / Folge 11: Fischlaken / Folge 10: Kray / Folge 9: Leithe / 8: Nordviertel / 7: Kettwig / 6: Frohnhausen / 5: Altenessen / 4: Kupferdreh / 3: Vogelheim / 2: Schönebeck / 1: Heisingen
- Rankings: Essener Stadtteile im statistischen Vergleich
- zur Galerie mit allen Essener Stadtteil-Wappen
- zum Spezial mit Luftbildern von den Essener Stadtteilen, aufgenommen 1926