Gladbeck. Ole Steiner, neuer Vorsitzender der Jusos in Gladbeck, hat eine klare Meinung zu CDU und FDP. Dabei war er selbst mal Mitglied der FDP.

Seit eineinhalb Jahren erst ist Ole Steiner Mitglied der SPD, jetzt ist der 18-Jährige zum neuen Vorsitzenden der Jugendorganisation Jusos gewählt worden. Die Lokalredaktion sprach mit ihm unter anderem über seine Ziele, Probleme für die Jugend in Gladbeck sowie FDP und CDU.

Herr Steiner, was bewegt einen jungen Menschen wie Sie dazu, in die SPD einzutreten und sich in diesen Zeiten in der Partei zu engagieren?

Das ist eine lange Geschichte. Ich habe mal für ein Jahr in einer Stadt in Brandenburg gelebt, in der es eine FDP-Bürgermeisterin gab. Dort habe ich mich dann auch in der FDP engagiert. Als ich wieder in Gladbeck lebte, habe ich mich hier im Jugendrat engagiert und bin dann schnell wieder aus der FDP ausgetreten, da ich gemerkt habe, dass das für mich als Arbeiterkind nicht das richtige ist. In der SPD gibt eine Offenheit, junge Menschen zu fördern. Und die Partei hat für mich als Sozialist wie Arsch auf Eimer gepasst. Die FDP hingegen ist eine Gruppe von Schnöseln, die nicht versteht, dass man als Arbeiterkind den Aufstieg schaffen möchte. Bei der SPD wird Politik für die Menschen gemacht, bei der FDP nur für die eigene Klientel.

Die SPD steht nicht gut da, wie bewerten Sie die Lage Ihrer Partei?

In Gladbeck ist die SPD noch immer stärkste Kraft. Dennoch ist der Wandel der Gesellschaft eine Herausforderung. Die Menschen wählen nicht mehr wie früher die großen Volksparteien. Gerade jüngere Menschen wählen kleine Parteien. Ich sehe aber auch, was nicht gut läuft, das möchte ich besser machen. Die Jusos sind ja auch ein Korrektiv der SPD. Alle Genossen einen aber die gleichen Grundüberzeugungen. Dazu gehört, für den sozialen Zusammenhalt zu kämpfen.

Haben Sie denn das Gefühl, in Ihrer Position etwas gestalten zu können?

Unbedingt. Als ich etwa erfahren habe, dass bei den Streetworkern eine halbe Stelle unbesetzt ist, habe ich mich innerhalb der Partei dafür starkgemacht, die Streetworker-Stelle aufzustocken. Tatsächlich haben wir dann für die Haushaltsberatungen einen Antrag gestellt, aus einer halben eine Vollzeitstelle zu machen. Das ist unglaublich motivierend, wenn man als junger Mensch etwas bewegen kann. Ich muss auch immer wieder an den Spruch von meinem Ortsverein-Vorsitzenden Jens Bennarend denken, der zu uns Jugendlichen gesagt hat ,Die Jugend gehört euch, gestaltet sie‘. Auch an unserem Juso-Mitglied Dustin Tix, der ja jetzt Bundestagskandidat ist, sieht man deutlich, dass man als junger Mensch gestalten kann und dass die Partei auch offen dafür ist.

Der neue Juso-Vorsitzende Ole Steiner ist in Berlin geboren, aber in Gladbeck-Zweckel aufgewachsen. Dort lebt er bis heute.
Der neue Juso-Vorsitzende Ole Steiner ist in Berlin geboren, aber in Gladbeck-Zweckel aufgewachsen. Dort lebt er bis heute. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Was möchten Sie als Juso-Vorsitzender erreichen?

Wieder laut zu werden. Ich höre oft, dass die Jusos früher lauter waren. Schon allein laut Satzung müssen wir Kritik äußern, auch an der Mutterpartei. Das werden wir auch tun. Wir wollen die Stimme der Gladbecker Jugend sein. Denn außer der Jungen Union gibt es in Gladbeck keine aktive Jugendorganisation.

Gibt es denn einen Austausch zwischen Jusos und JU? Und fehlt Ihnen die Auseinandersetzung mit Jugendlichen anderer Parteien?

Dass es so wenige politische Jugendorganisationen in Gladbeck gibt, ist schade. Denn Vielfalt ist für die Demokratie essenziell. Dass sich wenige Jugendliche politisch engagieren, das stimmt aber nicht. Der Jugendrat hat rund 60 Mitglieder. Es sind nur eben weniger die politischen Parteien, in denen die Jugendlichen ihr Engagement verwirklichen. Mit der JU haben wir keinen Kontakt und ein Austausch ist auch erst einmal ausgeschlossen, da unsere Positionen so unterschiedlich sind. Wir haben einen menschlichen Fokus, die JU sieht nur das Geld. Das ist höchst fragwürdig. Wenn ich sehe, was die CDU, aber auch die JU fordern, beispielsweise die Kürzungen im Sozialbereich, ist das nicht mit mir vereinbar. Die Jugendtreffpunkte in Gladbeck waren etwa unter dem CDU-Bürgermeister Eckhard Schwerhoff zusammengestrichen worden. Das ist ein Riesenthema für uns, denn heute fehlen diese Orte. Es gibt zwar noch den Dröhnschuppen, der aber ist jetzt zum Treffpunkt 55-jähriger Metalfans geworden. Früher haben dort mal junge Bands geprobt.

Ist das eines Ihrer Themen, die Sie anpacken möchten, Orte für junge Menschen zu schaffen?

Ich möchte für Menschen Räume schaffen, nicht nur für die Jugend. Früher waren es Kneipen, in denen man sich getroffen hat. Doch auch die gibt es kaum noch. Das Café Goethestraße ist für viele abends der einzige Treffpunkt. Auch das ist ein Thema, das wir diskutieren und auch mit in den Wahlkampf nehmen möchten. Die Frage ist, wie wir solche Räume schaffen können, oder bestehende recyceln können. Klar ist aber auch, dass der Kommune aufgrund der chronischen Unterfinanzierung Gestaltungsspielraum fehlt.

Was wollen Sie sonst noch angehen?

Ein wichtiger Punkt ist der ÖPNV, das beschäftigt viele Jugendliche in Gladbeck. Als junger Mensch kommt man abends nicht mehr nach Hause. Wenn ich ins Café Goethestraße gehe, laufe ich anschließend die drei Kilometer bis nach Hause. Einen Führerschein mache ich nicht, die Idee des Autos ist total überholt. Auch der Bereich Bildung ist wichtig. Gladbeck hat viel investiert in gute Schulen, auch mit Neu- und Anbauten sowie dem Ausbau bei der Digitalisierung. Wir müssen weiterhin dafür sorgen, dass Gladbeck ein Ort für gute Bildung ist.

Dazu passen aber nicht die vielen fehlenden Kita-Plätze.

Das Land steckt da nicht genügend Geld rein. Da liegt die Verantwortung bei Ministerpräsident Hendrik Wüst und nicht bei der SPD Gladbeck.

Sie haben vorhin den Wahlkampf angesprochen, im kommenden Jahr steht die vorgezogene Bundestagswahl und auch die Kommunalwahl an. Mit welchen Gefühlen blicken Sie angesichts der aktuellen Lage der SPD auf die Wahlen?

Wir haben viele junge Kandidaten mit guten Erfolgschancen auf ein Ratsmandat. Auch ich werde für Zweckel antreten. Es wird aber nicht einfach. Denn bei der Europawahl haben wir gesehen, dass die AfD stark war. Das sind Trends, die mir gar nicht gefallen. Das ist aber auch Ansporn, wir wollen um gute Ergebnisse kämpfen. Es gibt auch schon einige Jugendliche, die jetzt neu zu den Jusos stoßen möchten, da sie sagen, dass ihnen die aktuellen Entwicklungen Angst machen.

Was für Ängste haben die Jugendlichen?

Es geht um Rechtsextremismus, aber auch beispielsweise um den Klimawandel. Der wird von den politischen Akteuren unterschätzt. Er bedroht aber unsere Existenz. Wir müssen die Verkehrswende stärker vorantreiben und mutige Wege gehen.

Wie sollen diese mutigen Wege aussehen?

Wir müssen Alternativen zum Auto schaffen. Es wird reagiert, anstatt vorzusorgen. Das ist aber ein grundsätzliches Problem der Politik. Wir wollen auch mit Jusos aus anderen Städten in Kontakt treten, um zu sehen, was es dort für Ideen gibt.

>>> Zur Person:

Ole Steiner wurde in Berlin geboren, im Alter von einem Jahr zog er mit seinem Vater nach Gladbeck. Er wuchs in Zweckel auf und lebt auch heute noch dort.

Der 18-Jährige besucht aktuell das Berufskolleg in Recklinghausen und absolviert dort einen Bildungsgang, der zum Abitur führt. Damit verbunden ist eine Ausbildung im gestalterischen Bereich. Nebenbei arbeitet der Gladbecker bei der SPD-Ratsfraktion. Bis zur 10. Klasse besuchte Ole Steiner die Werner-von-Siemens-Realschule in Gladbeck.

Wie er selbst sagt, stammt er aus einer Arbeiterfamilie, sein Vater arbeitete auf dem Pütt. Er ist der erste in seiner Familie, der das Abitur macht. Nach seinem Abitur möchte Ole Steiner studieren, entweder Fotografie oder Lehramt.

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